Pretty - Erkenne dein Gesicht
erinnerst dich." Tally konnte das Lächeln in seiner Stimme hören. Er sprach langsam und deutlich, als sei sie irgendeine Idiotin.
"Natürlich kann ich mich erinnern. Gehörst du zu ihnen? Kenne ich dich?" Tallys Gedächtnis zeigte ihr keinen besonderen Special, in ihrer Erinnerung verwischten alle ihre Gesichter zu einer einzigen grausam-schönen Masse.
"Warum schaust du nicht mal nach?" Die Gestalt machte keine Anstalten, die Maske abzunehmen. "Na los, Tally." Plötzlich wusste sie, was hier lief. Zu erkennen, was das Kostüm bedeutete, ihm quer durch die Party nachzujagen, der Tür mit der Alarmanlage zu trotzen - das alles war eine Art Test. Eine Art Aufnahmeprüfung. Er saß noch immer da und wartete, ob sie sich trauen würde, ihm die Maske wegzunehmen.
Tally hatte die Nase voll von Prüfungen. "Lass mich einfach in Ruhe", sagte sie.
"Tally ..."
"Ich will nicht für die Specials arbeiten. Ich will einfach hier in New Pretty Town leben."
"Ich bin nicht..."
"Lass mich in Ruhe!", brüllte sie und ballte die Fäuste. Der Schrei hallte von den Betonmauern wider und hinterließ einen Moment der Stille, als ob sie beide davon überrascht worden wären. Die Musik der Party schwebte gedämpft und zaghaft durchs Treppenhaus.
Dann drang ein Seufzer hinter der Maske hervor und die Person hob einen groben Lederbeutel hoch. "Ich hab etwas für dich. Falls du so weit bist. Willst du es haben, Tally?"
"Ich will nichts von ..." Tallys Stimme versagte. Von unten hörte man leise, schleppende Geräusche. Nicht von der Party. Jemand stieg die Treppe hoch.
Tally und der falsche Special bewegten sich im selben Moment, sie lugten über das Geländer in das enge Treppenhaus. Tief unten sah Tally graue Seide aufblitzen und Hände, die nach dem Geländer fassten. Ein halbes Dutzend Menschen kam unglaublich schnell die Treppe hoch, ihre Schritte waren durch die leise Musik kaum zu hören.
"Bis nachher", sagte der Maskierte und richtete sich auf.
Tally kniff die Augen zusammen. Er schob sie zur Seite, verängstigt vom Anblick echter Specials. Wer also war er? Ehe seine Finger die Türklinke erreichten, riss Tally ihm die Maske vom Gesicht.
Er war ein Ugly. Ein echter Ugly.
Sein Gesicht war nicht wie die Gesichter der kostümierten Fettsäcke, die sich für die Fete zurechtgemacht hatten, mit riesigen Nasen und Schielaugen. Es waren nicht einfach nur übertriebene Gesichtszüge, die ihn anders machten, es war alles. Er schien aus einer ganz anderen Substanz zu bestehen. In wenigen Sekunden nahm Tallys perfekte Pretty-Sicht jede offene Pore wahr, die willkürlichen Wirbel in seinen Haaren, die grobe Unausgewogenheit seines auseinanderklaffenden Gesichts. Seine Unvollkommenheit jagte ihr Schauer über den Rücken, der jugendliche Bartflaum, seine nicht behandelten Zähne, die Krater in seiner Stirn, die "Seuche" zu schreien schienen. Sie wollte zurückweichen, wollte Distanz zwischen sich und seine unselige, unreine, ungesunde Hässlichkeit legen.
Aber aus irgendeinem Grund kannte sie seinen Namen ...
"Croy?", fragte sie.
Sturz
"Später, Tally", sagte Croy und griff nach der Maske. Er riss die Tür auf und der Lärm der Party flutete ins Treppenhaus, während Croy davonglitt und die graue Seide seines Kostüms in der Menge verschwand.
Tally blieb einfach stehen, als die Tür wieder zufiel, sie war zu verwirrt, um sich zu bewegen. Wie bei ihrem alten Pullover hatte sie sich ganz falsch an die Hässlichkeit erinnert; Croys Gesicht war viel schlimmer als das Bild, das sie von den Smokies hatte. Sein schiefes Lächeln, seine trüben Augen, die Art, wie seine schwitzende Haut wütende rote Flecken zeigte, wo die Maske sich angedrückt hatte ...
Aber dann knallte die Tür wieder zu und unter dem Echo hörte Tally, wie die Schritte noch immer zu ihr strebten, echte Specials auf dem Weg nach oben, und zum ersten Mal an diesem Tag hatte sie einen klaren Gedanken.
Weg hier!
Sie riss die Tür auf und tauchte in der Menge unter.
Der Fahrstuhl öffnete sich gerade und Tally taumelte in eine Clique von Naturfreaks, die sich mit brüchigen Blättern beklebt hatten, wandelnde letzte Herbsttage, die Gelb und Rot verstreuten, als sie sich zwischen ihnen bewegte. Sie schaffte es, sich auf den Beinen zu halten - der Boden war vom vergossenen Champagner klebrig und sah noch einmal die graue Seide aufblitzen.
Croy steuerte den Balkon und die Krims an.
Tally setzte ihm nach. Sie wollte von niemandem bespitzelt werden, niemand sollte sie
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