Pretty - Erkenne dein Gesicht
von einem perfekten Jungen betrachtet zu werden.
Tally verzehrte den restlichen Muffin, der innen noch glühend heiß und mit halb geschmolzener Schokolade marmoriert war, und hob die Gabel, um sich über die Eier herzumachen. Sie hoffte, dass das Frühstück auch einige Kalorienfresser mitgebracht hatte. Sie funktionierten besser, wenn man sie gleich nach dem Essen nahm, und sie hatte vor, viel zu essen. Vielleicht machte der Blutverlust ja hungrig.
"Also, gestern Abend, wer war der Typ?", fragte Zane.
Tally hatte den Mund noch voll und zuckte deshalb mit den Schultern, aber er wartete geduldig, bis sie geschluckt hatte.
"Nur ein Ugly, der gern Partys knackt", sagte sie endlich.
"Das war klar. Sonst hätten die Specials ihn doch nicht gejagt. Ich meine, war das jemand, den du gekannt hast?"
Tally wandte sich ab. Es war peinlich, dass ihr Ugly-Leben ihr über den Fluss gefolgt war, jedenfalls in Gestalt einer Person. Aber Peris hatte gehört, was sie nachts den Wächtern erzählt hatte, und da wäre es Pfusch, Zane anzulügen. "Ja, ich glaube, ich kenne ihn. Aus Smoke. Er heißt Croy."
Zane machte ein seltsames Gesicht. Seine goldenen Augen starrten in die Ferne und suchten dort etwas. Einen Moment darauf nickte er. "Ich habe ihn auch gekannt."
Tally erstarrte, die Gabel auf halbem Weg zu ihrem Mund. "Du machst Witze."
Zane schüttelte den Kopf.
"Aber ich dachte, du bist nie weggelaufen", sagte Tally.
"Bin ich auch nicht." Er zog die Beine an und legte einen langen Arm um seine Knie, dann trank er einen Schluck Kaffee. "Jedenfalls nicht weiter als bis zur Ruinenstadt. Aber Croy und ich waren als Winzlinge befreundet und haben im selben Ugly-Haus gewohnt."
"Das ist ... witzig." Tally nahm endlich ein wenig Rührei in den Mund und kaute langsam darauf herum. In der Stadt lebte eine Million Menschen und Zane hatte Croy gekannt. "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit?", fragte sie leise.
Zane schüttelte wieder den Kopf. "Das ist kein Zufall, Tally-wa."
Tally hörte auf zu kauen, die Eier schmeckten plötzlich komisch und alles schien sich wieder drehen zu wollen. Die Welt hatte in letzter Zeit wirklich einiges zu bieten, was Zufälle anging. "Wie meinst du das?"
Zane beugte sich vor. "Tally, du weißt doch, dass Shay in meinem Haus gewohnt hat, ja? Als wir noch Uglies waren?"
"Sicher", sagte sie. "Deshalb hat sie sich mit euch zusammengetan, als sie hergekommen ist." Tally unterbrach sich für einen Moment, dann kam ihr langsam eine Erkenntnis. Erinnerungen an Smoke stellten sich immer in einem gehirnfernen Tempo ein, wie Blasen, die sich aus einer dicken, zähen Flüssigkeit lösen.
"Draußen in Smoke", sagte sie langsam. "Hat Shay mir Croy vorgestellt. Sie waren alte Freunde. Ihr habt euch also alle drei gekannt?"
"Ja, haben wir." Zane schnitt eine Grimasse, als ob etwas Faules in seinen Kaffee gefallen wäre.
Tally starrte unglücklich auf ihren Teller. Als Zane weitersprach, war es genau wie in der vergangenen Nacht, wieder tauchte die ganze verpfuschte Geschichte des vergangenen Sommers auf unangenehme Weise in ihrem Kopf auf.
"Es gab sechs von uns in meinem Wohnheim", sagte er. "Wir nannten uns schon damals Krims. Wir haben alle üblichen Ugly-Streiche durchgezogen: nachts rausschleichen, die Haushüter austricksen, den Fluss überqueren, um die neuen Pretties zu bespitzeln."
Tally nickte und dachte an Shays Geschichten über die Zeit, ehe sie sich kennengelernt hatten. "Und ihr seid auch zur Ruinenstadt geflogen?"
"Ja, nachdem ein paar ältere Uglies uns den Weg gezeigt hatten." Er schaute zur über ihnen aufragenden Innenstadt von New Pretty Town. "Da draußen merkst du erst, wie groß die Welt ist. Ich meine, in der alten Rusty-Stadt haben zwanzig Millionen Menschen gelebt. Damit verglichen sind wir hier doch winzig."
Tally schloss die Augen und legte die Gabel auf ihren Teller, ihr war der Appetit vergangen. Nach allem, was sie letzte Nacht erlebt hatte, war es doch vielleicht keine so gute Idee gewesen, mit Zane zu frühstücken. Manchmal schien er sich noch immer für einen Ugly zu halten, der stets das große Prickeln suchte und sich gegen die harmlosen Vergnügungen der Pretties wehrte. Das war natürlich auch der Grund, warum er einen so großartigen Anführer für die Krims abgab. Aber wenn man mit ihm allein war, konnte er ganz schön schwindelerregend sein.
"Ja, aber die Rusties sind alle umgekommen", sagte sie ruhig. "Sie waren zu viele und sie waren einfach dumm."
"Ich weiß,
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