Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pretty - Erkenne dein Gesicht

Pretty - Erkenne dein Gesicht

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
Vom Netzwerk:
ihr ohne Interface-Ring nackt vor und das weckte Erinnerungen daran, wie sie sich als Ugly über den Fluss geschlichen hatte, voller Angst davor, erwischt zu werden. Aber Angst ließ sie prickelnd bleiben und hielt ihre Sinne scharf. Sie konnte hören, wie sich Partyabfälle auf den zugigen Gängen bewegten, und sie vermochte den süßlichen Geruch vergossenen Champagners vom schalen Biergestank zu unterscheiden. Außer ihren eigenen Schritten war nichts zu hören.
    "Wer immer in 317 wohnt, wird jetzt schlafen", flüsterte Tally.
    " Dann werden wir sie wecken", sagte Zane leise und seine Augen leuchteten im Halbdunkel auf.
    Die Zimmer im Erdgeschoss hatten allesamt Nummern mit 100 , deshalb suchten sie einen Weg nach oben. Irgendwann waren hier neue Fahrstühle eingebaut worden, aber da sie keine Interface-Ringe trugen, würden die Türen sich für sie nicht öffnen. Eine Steintreppe brachte Tally und Zane in den dritten Stock, direkt vor die Tür von Zimmer 301. Sie folgten dem Gang und die Nummern wurden höher, auf einer Seite waren die geraden, auf der anderen die ungeraden. Zane drückte ihre Hand, als sie bei 315 ankamen.
    Aber das nächste Zimmer hatte die Nummer 319.
    Sie wandten sich um und überprüften die andere Seite des Ganges, fanden aber nur die Nummern 316, 318 und 320. Auch im restlichen Stockwerk stießen sie nur auf Nummern über 320 und 330, gerade wie ungerade, aber kein Valentino 317.
    "Das ist ein prickelndes Rätsel", sagte Zane und lachte leise. Tally seufzte. "Vielleicht war das alles nur ein Witz."
    "Du meinst, die Leute aus New Smoke hacken sich in eine stadtweite Einladung, schleichen über den Fluss und knacken eine Party, einfach um unsere Zeit zu verschwenden?"
    "Vermutlich nicht", gab Tally zu, hatte aber trotzdem das Gefühl, dass etwas in ihr verblasste. Sie ertappte sich bei der Frage, ob diese ganze Expedition nicht eigentlich ziemlich öde war - sie suchten nach irgendeinem gewaltigen Geheimnis, das ein paar Uglies hinterlassen hatten. Sich durch ein fremdes Haus zu schleichen war ja schließlich ziemlicher Pfusch. "Meinst du, das Frühstück ist noch warm?", fragte sie.
    "Tally ..." Zane richtete seinen intensiven Blick auf sie. Mit zitternden Händen schob er ihr das Haar hinter die Ohren. "Bleib bei mir."
    "Ich bin doch hier", sagte sie.
    Er kam näher, bis seine Lippen ihre fast streiften. "Ich meine, bleib prickelnd."
    Tally küsste ihn und der Druck seiner Lippen ließ die Welt wieder scharf werden. Sie verdrängte den Hunger aus ihren Gedanken und sagte: "Okay. Was ist mit dem Fahrstuhl?"
    "Welchem?"
    Sie führte ihn zurück zu dem Zwischenraum zwischen Valentino 315 und 319. Die lange steinerne Mauerfläche wurde durch eine Fahrstuhltür unterbrochen.
    "Hier war früher mal ein Zimmer", sagte sie.
    "Aber das haben sie entfernt, als sie den Fahrstuhl eingebaut haben." Zane lachte. "Faule Pretties. Können nicht mal zwei Treppen hochsteigen."
    "Also ist 317 jetzt vielleicht der Fahrstuhl."
    "Na, das wäre aber Pfusch", sagte Zane. "Ohne Ringe können wir ihn nicht herholen."
    "Wir könnten warten, bis irgendwer den Fahrstuhl ruft, und dann reinschleichen."
    Zane schaute sich im leeren Gang um, der voller Plastikbecher und zerrissener Papierdekorationen lag. "Das kann Stunden dauern", sagte er und seufzte. "Und bis dahin sind wir nicht mehr prickelnd."
    "Ja. Nicht prickelnd." Wieder schien sich eine Nebelschicht vor Tallys Blick zu schieben und ihr Magen knurrte auf eine essensferne Weise, die ihr das Bild eines warmen Schokomuffins vor die Augen zauberte. Sie schüttelte den Kopf, um sich davon zu befreien, und stellte sich stattdessen eine Special-Uniform vor. Am Vorabend hatte der Anblick grauer Seide sie glasklar denken lassen und sie hinter Croy her und zur Feuertreppe geführt. Das alles war ein Test gewesen, um festzustellen, wie gut ihr Gehirn funktionierte. Vielleicht war das hier auch ein Test. Ein prickelndes Rätsel, wie Zane gesagt hatte.
    Sie starrte die Fahrstuhltür an. Es musste eine Möglichkeit geben, hineinzugelangen.
    Eine Erinnerung stieg langsam in ihr auf. Es war eine aus ihren Ugly-Tagen, aber noch nicht so lange her. Tally erinnerte sich daran, wie sie durch einen lichtlosen Schacht fiel. Es war eine der Geschichten, die Shay sich immer gern erzählen ließ, darüber, wie Tally und David sich ins Hauptquartier der Specials geschlichen hatten ... "Das Dach", sagte Tally.
    "Was?"
    "Du kannst vom Dach aus in einen Fahrstuhlschacht herunterklettern.

Weitere Kostenlose Bücher