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Pretty - Erkenne dein Gesicht

Pretty - Erkenne dein Gesicht

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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wurde der Schädel eingeschlagen.
    "Verzeih uns", sagte er. "Wir kennen deinen Namen nicht. Ich bin Andrew Simpson Smith."
    Ein seltsamer Name in einer seltsamen Situation, dachte sie. "Ich bin Tally Youngblood."
    "Young-Vlood, Jung-Blut", sagte er und sah gleich ein wenig glücklicher aus. "Du bist also eine junge Gottheit?"
    "Äh ja, ich glaube schon. Ich bin erst sechzehn."
    Andrew Simpson Smith schloss die Augen und war offenbar erleichtert. Tally fragte sich, ob er vielleicht selber auch noch nicht so alt war. Jetzt, da er verwirrt war, verließ ihn die stolze Haltung von vorhin, und er hatte noch kaum einen Bart. Wenn sie sich die Falten und ein paar Pockennarben wegdachte, dann konnte sein Gesicht fast einem Ugly in Davids Alter gehören, vielleicht achtzehn oder so.
    "Bist du hier der ... Anführer?", fragte sie.
    "Nein. Das ist der Häuptling." Er zeigte auf den fetten Jäger mit der geschwollenen Nase und dem blutenden Knie, den Tally auf der Verfolgungsjagd zu Boden geworfen hatte. Den Mann, der ihr fast mit seiner Keule den Schädel eingeschlagen hätte. Klasse.
    "Ich bin der heilige Mann", sagte Andrew jetzt. "Ich habe die Götterzunge von meinem Vater gelernt."
    "Du sprichst sie richtig gut."
    Sein Gesicht öffnete sich zu einem Lächeln, das seine schiefen Zähne zeigte. "Ich ... danke dir." Er lachte, dann schaute er sie mit einem beinahe listigen Ausdruck an. "Du bist gefallen, oder?"
    Tally hielt ihr verletztes Handgelenk hoch. "Ja, auf der Verfolgungsjagd."
    "Vom Himmel!" Er schaute sich mit gespieltem Erstaunen um und öffnete seine leeren Hände. "Du hast keinen Hubwagen. Also musst du gefallen sein."
    Hubwagen? Das war interessant. Tally zuckte mit den Schultern. "Ja, da hast du mich wohl durchschaut. Ich bin vom Himmel gefallen."
    "Ahh!" Er seufzte erleichtert auf, als ergebe die Welt nun endlich wieder einen Sinn. Er rief der Menge ein paar Worte zu und ein verständnisvolles Murmeln war zu hören.
    Tally merkte, dass sie ruhiger wurde. Alle wirkten viel zufriedener, jetzt, wo ihre Anwesenheit auf der Erde eine durch und durch rationale Erklärung gefunden hatte. Vom Himmel zu fallen, damit konnten sie leben. Und für junge Gottheiten galten hoffentlich andere Benimmregeln.
    Hinter Andrew Simpson Smith erwachte das Feuer knisternd zum Leben. Tally roch Essen und hörte das unverkennbare Geräusch eines Huhns, das gefangen wurde, um geschlachtet zu werden. Offenbar war ein göttlicher Besuch Grund genug für ein mitternächtliches Gelage.
    Der heilige Mann wies mit einem Arm aufs Feuer und die Menge öffnete abermals eine Gasse. "Wirst du die Geschichte deines Falls erzählen? Ich werde deine Worte in unsere umtauschen."
    Tally seufzte. Sie war erschöpft, verwirrt und verletzt - ihr Handgelenk pochte noch immer. Sie wünschte sich nichts anderes, als sich zusammenrollen und schlafen zu dürfen. Aber das Feuer sah nach dem Sturz in den Wasserfall warm und aufmunternd aus und Andrews bittender Miene hätte sie nur schwer widerstehen können.
    Sie konnte die Dorfgemeinschaft nicht enttäuschen. Es gab hier keine Wandbildschirme, keine Nachrichtensendungen oder Satellitenreihen, und Fußballmannschaften kamen wohl auch eher selten zu einem Freundschaftsspiel vorbei. Wie in Smike wurden Geschichten damit zu einem wertvollen Gut, und sicher fielen hier nicht oft Fremde vom Himmel.
    "Na gut", sagte sie. "Eine Geschichte, aber dann fall ich um."
    Das ganze Dorf versammelte sich um das Feuer.
    Der Duft von bratendem Huhn stieg von langen, über das Feuer gehaltenen Spießen auf und in Tontöpfen, die zwischen die Kohlen geschoben wurden, schwoll etwas Weißes und nach Hefe Riechendes langsam an. Die Männer saßen in der ersten Reihe, schmatzten beim Essen und wischten sich ihre fettigen Finger am Bart ab, bis der im Feuerschein glänzte. Die Frauen kümmerten sich um das Kochen, während die kleinsten Winzlinge wie wild um sie herumliefen und die größeren das Feuer mit im Dunkeln gesammeltem Reisig fütterten. Aber auf das Signal hin, dass Tally sprechen würde, hielten alle inne und ließen sich nieder.
    Vielleicht lag es daran, dass sie ihre Mahlzeit mit Tally teilten, oder vielleicht waren junge Gottheiten nicht so beängstigend, aber viele der Leute aus dem Dorf wagten jetzt, ihr in die Augen zu sehen, einige starrten richtiggehend in ihr hübsches Gesicht, während sie auf die Geschichte warteten.
    Andrew Simpson Smith saß neben ihr und wartete voller Stolz darauf, für sie zu

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