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Pretty - Erkenne dein Gesicht

Pretty - Erkenne dein Gesicht

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Knie blutete an der Stelle, wo sie ihn getroffen hatte. Er brüllte einen wortlosen Befehl und hob seine grobe Keule hoch in die Luft.
    Tally starrte ungläubig zu ihm auf. Wollte er sie wirklich schlagen? Brachten diese Leute ohne irgendeinen Grund Fremde um?
    Aber es kam kein Schlag. Während der Mann auf sie herabblickte, nahm sein Gesicht einen bestürzten Ausdruck an. Er stieß die Fackel in ihre Richtung und Tally wich zurück und schlug die Hände vors Gesicht. Der Mann fiel vor ihr auf die Knie und sah sie genauer an. Sie ließ die Hände sinken.
    Seine milchigen Augen blinzelten im Fackellicht und er schaute sie verwirrt an.
    Hatte er sie etwa erkannt ?
    Tally sah zu, wie die Gedanken über die groben Züge jagten: wachsende Furcht, Zweifel, dann die plötzliche Erkenntnis, dass etwas Entsetzliches geschehen war ...
    Die Fackel fiel aus seiner Hand und landete im Bach, wo sie mit ersticktem Zischen verlosch. Der Mann brüllte noch einmal, diesmal wie vor Schmerz, er wiederholte immer wieder dasselbe Wort. Dann ließ er sich vorwärts sinken, so dass sein Gesicht fast das Wasser berührte.
    Die anderen folgten seinem Beispiel und fielen auf alle viere, ihre Fackeln rollten zischend zu Boden. Alle stießen denselben Klageschrei aus, der das Tosen des Wasserfalls fast übertönte.
    Tally erhob sich mit einem Husten auf die Knie und fragte sich, was zum Teufel hier denn wohl los war.
    Sie sah sich um und stellte fest, dass sie es nur mit Männern zu tun hatte. Ihre Kleider waren unregelmäßig, viel gröber als die handgemachten Teile der Smokies. Alle hatten ungesunde Flecken und Narben auf Gesichtern und Armen und lange Bärte. Ihre Haare sahen aus, als wären sie im ganzen Leben nie gekämmt worden. Sie waren bleicher als die durchschnittlichen Pretties und sie hatten die sommersprossige, Haut von Winzlingen mit besonderer Sonnenempfindlichkeit.
    Niemand erwiderte Tallys Blick. Ihre Gesichter waren in den Händen verborgen oder wurden zu Boden gepresst.
    Endlich kam einer angekrochen. Er war dünn und entsetzlich runzlig, seine Haare und sein Bart waren weiß, und Tally erinnerte sich aus ihrer Zeit in Smoke, dass alte Uglies so aussahen. Ohne die Operation verfielen ihre Körper wie von ihren Erbauern aufgegebene Ruinen. Der Mann zitterte, als er sich bewegte, entweder vor Angst oder weil er krank war, und er starrte sie endlos lange an.
    Dann sagte er endlich etwas, seine bebende Stimme war durch das Tosen des Wasserfalls kaum zu hören. "Ich weiß ein wenig Götterzunge,"
    Tally blinzelte. "Was?"
    "Wir Feuer gesehen und Eindringling gedacht. Nicht Gott."
    Die anderen waren verstummt, sie warteten voller Angst und achteten nicht auf ihre Fackeln, die auf dem Boden erloschen. Tally sah einen Busch, der Feuer fing, aber der danebenhockende Mann schien vor Angst wie gelähmt und rührte sich nicht.
    Sie hatten also plötzlich alle Angst vor ihr? Waren diese Leute denn verrückt?
    "Nie Götter Feuer benutzt. Bitte verstehen!" Seine Augen flehten sie um Verzeihung an.
    Sie erhob sich unsicher. "Na ja, ist schon gut. Kein Problem."
    Der alte Ugly sprang so plötzlich auf, dass Tally zurückwich und fast wieder in den Tümpel gefallen wäre. Er brüllte ein einzelnes Wort und die Jäger wiederholten es. Der Schrei schien sie aus ihrem Bann zu lösen; sie erhoben sich und traten die kleinen Feuer aus, die ihre hingeworfenen Fackeln entzündet hatten.
    Plötzlich kam Tally sich wieder bedroht vor. "Aber hört mal", fügte sie hinzu. "Schluss mit den ... Keulen, okay?"
    Der alte Mann lauschte, verbeugte sich und schrie weitere Befehle in der unbekannten Sprache. Die Jäger gehorchten sofort, einige lehnten ihre Keulen gegen Bäume und zerteilten sie mit einem Tritt, andere zerschlugen sie am Boden oder warfen sie einfach in die Dunkelheit.
    Der alte Mann drehte sich zu Tally um und öffnete die Hände, er wartete eindeutig auf ein Lob. Seine Keule lag in zwei Teilen vor ihren Füßen. Die anderen hoben die leeren, offenen Hände.
    "Ja", sagte sie. "Viel besser."
    Der alte Mann lächelte.
    Und dann sah sie es, das vertraute Funkeln in seinen uralten trüben Augen. Den Blick von Sussy und Dex, als sie zum ersten Mal Tallys Pretty-Gesicht gesehen hatten. Dieselbe Verehrung, denselben Wunsch zu gefallen, dieselbe instinktive Faszination - das verlässliche Ergebnis von einem Jahrhundert kosmetischer Chirurgie und einer Jahrmillion der Evolution.
    Tally sah sich um und stellte fest, dass alle ihrem Blick auswichen. Sie

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