Pretty Little Liars - Herzlos: Band 7
wirklich unfair zu ihr gewesen. Und zwar ziemlich oft.
Equinox nickte. »Sie weiß, dass es nicht schön war, dir deinen Freund auszuspannen. Vor allem weil ihr beide schon so lange zusammen wart.«
Aria legte den Kopf schief. Hatte sie sich gerade verhört? Ein Stuhl knarrte und ein Teilnehmer hustete. »Meinen … Freund?«, wiederholte sie. Ein ungutes Gefühl nagte an ihr. Sie hatte in der siebten Klasse gar keinen Freund gehabt.
Was bedeutete, dass dieser Schwindler überhaupt nicht mit Ali kommunizierte. Er hatte sich alles nur ausgedacht!
Aria sprang auf und stieß mit dem Kopf beinahe gegen eine tief hängende Laterne. Sie stürzte durch den Nebel aus Rauch und Trockeneisschwaden zum Ausgang. »Hey!«, rief Equinox ihr nach.
»Warte, Aria!«, rief Noel, aber sie ignorierte ihn.
Die Pappfigur eines Zauberers wies den Weg zur Toilette des Ladens. Aria rannte hinein, knallte die Tür zu und sank gegen das Waschbecken. Es war ihr egal, dass dabei ein Stück handgemachte Drachenblutseife zu Boden fiel.
Du Idiotin , beschimpfte sie sich selbst. Natürlich war Ali nicht hier. Natürlich waren Séancen reine Augenwischerei. Der Typ war wahrscheinlich auf Aria zugegangen, weil er sie aus den Nachrichten erkannt hatte. Was hatte sie sich bei dem Ganzen bloß gedacht?
Aria starrte auf ihr Spiegelbild über dem Waschbecken. Sie war leichenblass. Denn obwohl Equinox ein Schwindler war, hatte er ihr etwas Schreckliches bewusst gemacht – und das war die Wahrheit gewesen. Aria hatte Ali wirklich loswerden wollen.
Ali und Aria waren zusammen unterwegs gewesen, als Aria ihren Dad in der siebten Klasse auf dem Parkplatz von Hollis College beim Knutschen mit Meredith erwischt hatte. Und in den darauffolgenden Wochen hatte sie immer wieder Anspielungen darauf gemacht. Sie passte Aria zwischen den Unterrichtsstunden ab und fragte sie nach den neuesten Entwicklungen. Sie lud sich selbst bei Arias Familie zum Abendessen ein und warf Byron dann verächtliche und Ella mitleidige Blicke zu. Wenn die fünf Freundinnen zusammen waren, deutete sie ständig an, dass sie Arias Geheimnis verraten würde, wenn Aria nicht genau das tat, was sie wollte. Aria hatte irgendwann genug davon gehabt und Ali in den Wochen vor ihrem Tod so gut als möglich gemieden.
Das hat sie sehr traurig gemacht, hatte das Medium gesagt. Hatte Ali gewusst, dass Aria sie nicht mehr um sich haben wollte? Plötzlich erinnerte sich Aria an etwas. Am Tag nach Alis Verschwinden hatte Mrs DiLaurentis die Freundinnen
zu sich bestellt und sie gefragt, ob sie vielleicht wüssten, wo Ali sein könnte. Irgendwann hatte sich Mrs DiLaurentis auf den Ellbogen aufgestützt, sich vorgebeugt und gefragt, ob Ali manchmal … traurig gewesen sei. Die Mädchen hatten das sofort verneint – Ali war wunderschön, klug und unwiderstehlich gewesen. Alle liebten sie. Das Wort traurig kam in Alis Vokabular nicht vor.
Aria hatte sich immer als das Opfer der Manipulatorin Ali betrachtet, aber vielleicht hatte Ali selbst ja auch Probleme gehabt? Vielleicht hätte sie ja gerne einmal mit Aria geredet – und die hatte sie weggestoßen.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie und begann zu weinen. Wimperntusche lief ihr die Wangen hinab. »Ali, es tut mir so leid. Ich wollte nicht, dass du stirbst.«
Ein Zischen ertönte, als entweiche Luft aus einer Heizung. Dann ging die Glühlampe über dem Spiegel aus und der Raum war komplett dunkel. Aria erstarrte mit wild klopfendem Herzen. Plötzlich roch die Luft durchdringend nach Vanilleseife.
Aria packte das Waschbecken, um nicht umzukippen. Dann ging das Licht mit einem Summen wieder an. Arias verängstigtes Gesicht wurde im Spiegel sichtbar. Aber es war nicht das einzige Gesicht. Hinter ihren eigenen eisblauen Augen sah sie ein Mädchen mit herzförmigem Gesicht, großen blauen Augen und bezauberndem Lächeln. Aria japste und wirbelte herum. An einer Pinnwand an der Toilettentür hing neben Flyern für bevorstehende Poetry-Slams und Mietgesuchen ein Farbfoto von Ali.
Aria beugte sich vor, Alis Blick zog sie magnetisch an. Ihr stockte der Atem. Es war das Foto aus Alis Vermisstenanzeige, das Bild, das in unzähligen Fernsehspots und auf Milchkartons zu sehen gewesen war. In großer Schrift stand darauf: Alison DiLaurentis, blond, blauäugig, 152 cm, 42 Kilo. Zuletzt gesehen am 20. Juni. Aria hatte es schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie suchte hektisch jeden Quadratzentimeter des Fotos nach Hinweisen darauf ab, warum es hier war –
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