Pretty Little Liars - Teuflisch: Band 5
könnte, es ihr zu klauen.«
Hanna hielt die Hand vor den Mund. »Und Ali sagte, das könne auf keinen Fall passieren. Wer ihr Stück klauen wolle, der müsse …«
»… sie zuerst umbringen.« Spencers Gesicht war aschfahl. »Und dann sagte Ian so etwas wie: ›Na, wenn es sein muss …‹«
»Gott«, flüsterte Aria.
Emilys Magen verkrampfte sich. Ians Worte hatten sich als prophetisch herausgestellt, aber wie hätten sie auf den Gedanken kommen sollen, seine Ankündigung ernst zu nehmen? Damals wusste Emily über Ian Thomas nur, dass er jener Schüler der Rosewood Day war, den man damit beauftragte, bei Schulausflügen der Grundschüler als Betreuer mitzufahren oder die Kids in der Cafeteria zu beschäftigen, wenn ein Schneesturm den Busverkehr lahmlegte. Als Ali an jenem Tag mit ihrem Gefolge weitergegangen war, hatte sich Ian umgedreht und war lässig zu seinem Auto gelaufen. So verhielt sich doch nicht jemand, der einen Mord plante … Was die Sache aber nur noch unheimlicher machte.
»Und am nächsten Morgen wirkte Ali so selbstzufrieden, dass alle wussten, sie hatte ein Flaggenstück gefunden«, sagte Spencer mit einem Stirnrunzeln. Es ärgerte sie immer noch, dass nicht sie das Flaggenstück gefunden hatte.
Hanna starrte auf das Foto. »Ich wollte unbedingt Alis Flaggenstück stehlen.«
»Ich auch«, gab Emily zu. Sie schaute zu Aria, die unruhig hin und her rutschte und niemandem in die Augen sehen konnte.
»Wir wollten alle gewinnen.« Spencer setzte sich wieder auf die Couch und drückte ein blaues Satinkissen an ihre Brust. »Sonst wären wir wohl kaum zwei Tage später in ihren Garten geschlichen, um es zu klauen.«
»Ist es nicht seltsam, dass jemand anderes Alis Stück zuerst weggeschnappt hat?«, fragte Hanna und drehte das Türkisarmband an ihrem Handgelenk. »Was wohl damit passiert ist?«
Spencers Schwester Melissa platzte ins Zimmer. Sie trug einen weiten, beigefarbenen Pullover und Marlene-Jeans.
Ihr rundes Gesicht war grau. »Mädels«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Schaltet die Nachrichten ein. Sofort.«
Emily und die anderen starrten Melissa ohne sich zu rühren an. Frustriert schnappte sich Melissa die Fernbedienung und schaltete auf Kanal Vier um. Auf dem Bildschirm erschienen Journalisten, die jemandem ihre Mikrofone ins Gesicht hielten. Die Kamera wackelte, als werde der Träger ständig herumgeschubst. Dann teilte sich das Menschenmeer. Emily sah einen Typen mit kräftigem Kiefer und strahlend grünen Augen. Es war Darren Wilden, Rosewoods jüngster Polizist, der ihnen damals geholfen hatte, die von Mona entführte Spencer zu finden.
Als Wilden aus dem Bild ging, zoomte die Kamera auf einen Typen im zerknitterten Anzug. Dieses goldene Haar war unverwechselbar. Emilys Körper wurde schlaff.
»Ian?«, flüsterte sie.
Aria griff nach ihrer Hand.
Spencer starrte Melissa leichenblass an.
»Was geht da vor? Warum ist er nicht im Knast?«
Melissa schüttelte hilflos den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
Ians blondes Haar glänzte, als gehöre es einer polierten Bronzestatue, aber sein Gesicht wirkte grau und eingefallen. Auf dem Schirm erschien eine Reporterin von Kanal Vier. »Bei Mr Thomas’ Mutter wurde eine aggressive Form von Bauchspeicheldrüsenkrebs festgestellt«, erklärte sie. »Nach einer außerordentlichen Anhörung wurde Mr Thomas soeben vorläufig auf Kaution freigelassen, damit er sie besuchen kann.«
» Was? «, schrie Hanna.
Am unteren Bildschirmrand erschien der Text: Richter Baxter entscheidet über Kautionsantrag von Ian Thomas.
Emily schlug das Herz bis zum Hals. Ians Anwalt, ein weißhaariger Mann im Nadelstreifenanzug, drängte sich durch die Menge und baute sich vor den Kameras auf. Im Hintergrund setzte Blitzlichtgewitter ein. »Es ist der innige Wunsch der Mutter meines Klienten, ihre letzten Tage mit ihrem Sohn zu verbringen«, verkündete er. »Und es freut mich sehr, dass unser Ersuchen um vorläufige Freilassung auf Kaution Erfolg hatte. Ian steht bis zum Beginn seiner Verhandlung am Freitag unter Hausarrest.«
Emily schwirrte der Kopf. »Hausarrest?«, wiederholte sie und ließ Arias Hand fallen. Ians Familie lebte in einem großen
Cape-Cod-Haus, weniger als eine Meile vom Bauernhof der Hastings entfernt. Als Ali noch lebte und Ian und Melissa zusammen waren, hatte Emily Ian einmal sagen hören, er könne die Windmühle der Hastings von seinem Schlafzimmerfenster aus sehen.
»Das darf doch nicht wahr sein«, murmelte Aria mit tonloser
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