Pretty Little Liars - Teuflisch: Band 5
Flur hörte sie ein Hüsteln. Es war Xavier. »Hey«, sagte er und steckte den Kopf durch den Türspalt. »Können wir reden?«
Xavier ging langsam zu Spencers Bett und setzte sich. Aria sank auf den mit Paisley-Stoff bezogenen Stuhl an Spencers Schminktisch und starrte auf ihren Schoß. Von unten drangen Partylärm und Stimmengewirr zu ihnen herauf. Ein Glas zerschellte auf dem Dielenboden. Ein kleiner Hund kläffte giftig.
Endlich seufzte Xavier abgrundtief auf und sah Aria an.
»Du machst mich fertig, Aria.«
Aria legte verwirrt den Kopf schief. »Wie bitte?«
»Ein Mann hält nicht unbegrenzt viele widersprüchliche Signale aus.«
»Widersprüchliche Signale?«, wiederholte Aria. Vielleicht betrachteten Künstler solche seltsamen Sätze ja als Eisbrecher? Sie wartete auf die Pointe.
Xavier stand auf und ging langsam auf sie zu, bis er direkt neben ihr stand. Er legte die Hände um ihre Stuhllehne, sein heißer, scharfer Atem strich über ihren Hals. Es roch, als habe er bereits eine Menge getrunken. Vielleicht war das doch kein Eisbrecher gewesen. Sie bekam Kopfschmerzen.
»Du flirtest bei meiner Vernissage mit mir, benimmst dich aber komisch, als ich ein Portrait von dir zeichne«, erklärte Xavier leise. »Du stolzierst beim Frühstück mit durchsichtigen Klamotten vor mir herum, du schüttest mir dein Herz aus, du beginnst eine Kissenschlacht … aber als ich dich küsse, drehst du durch. Und jetzt rennst du in ein Schlafzimmer. Du wusstest doch ganz genau, dass ich dir folgen würde.«
Aria sprang auf und schob dabei seine Arme weg. Atemlos lehnte sie sich gegen Spencers Schminkspiegel. Das alte Holz ächzte unter ihrem Gewicht. Was hatte er da gerade angedeutet? Hatte sie sich verhört? »Ich wollte nicht, dass du mir folgst!«, schrie sie. »Und ich habe dir überhaupt keine Signale gegeben!«
Xavier zog skeptisch die Augenbrauen hoch. »Das glaube ich nicht.«
»Aber es ist wahr«, wimmerte Aria. »ich wollte nicht, dass du mich küsst. Du bist der Freund meiner Mom . Ich dachte, du wärst mir nachgegangen, um dich zu entschuldigen!«
Im Zimmer war es plötzlich so still, dass Aria das Ticken von
Xaviers Armbanduhr hörte. Irgendwie wirkte er heute Abend größer, stark und machtvoll.
Xavier seufzte und sah sie intensiv an. »Versuch nicht, es so hinzustellen, als sei ich daran schuld. Und außerdem: Wenn dich der Kuss so durcheinandergebracht hat, warum hast du noch niemand davon erzählt? Warum nimmt deine Mutter immer noch meine Anrufe entgegen? Warum lädt mich dein Bruder immer noch dazu ein, mit ihm und seiner neuen Freundin bei euch zu Hause Wii zu zocken?«
Aria blinzelte hilflos. »I-ich wollte keinen Ärger verursachen. Ich wollte nicht, dass alle auf mich sauer sind.«
Xavier berührte ihren Arm, sein Gesicht dicht an ihrem. »Ich glaube eher, du wolltest nicht, dass deine Mom mich aus dem Haus wirft.«
Er kam näher, die Lippen geschürzt. Aria stieß sich vom Schminktisch ab und rannte quer durchs Zimmer zu Spencers halb offenem Kleiderschrank. Dabei wäre sie beinahe über den Saum ihres langen Kleides gestolpert. »Ha-halte dich von mir fern«, sagte sie mit so viel Entschlossenheit, wie sie konnte. »Und von meiner Mutter auch.«
Xavier schnalzte ein paarmal mit der Zunge.
»Na gut, dann spiel halt die Spröde. Aber ich sage dir eins: Ich gehe nirgendwohin. Und wenn du weißt, was gut für dich ist, dann erzählst du Mami nicht, was passiert ist.« Er machte einen Schritt zurück und schnalzte mit den Fingern. »Du weißt ja, wie leicht sich Tatsachen verdrehen lassen, und du bist an der ganzen Sache genauso schuld wie ich.«
Aria blinzelte fassungslos. Xavier lächelte immer noch, als sei das Ganze witzig. »Na gut«, brachte sie schließlich heraus. »Wenn du nicht gehst, dann gehe ich!«
Xavier wirkte völlig unbeeindruckt. »Wohin willst du denn gehen?«
Aria biss sich auf die Lippe und wandte sich ab. Das war eine durchaus berechtigte Frage. Wo konnte sie denn hin? Es gab nur eine Möglichkeit. Sie schloss die Augen und stellte sich Merediths schwangeren Bauch vor. Wenn sie an das schmale Bett in Merediths Studio/Gästezimmer dachte, bekam sie Phantom-Rückenschmerzen. Es würde wehtun, Meredith beim Nestbau zuzusehen und Byron als frisch gebackenen Vater zu erleben. Aber Xavier hatte sich klar und deutlich ausgedrückt. Tatsachen ließen sich wirklich leicht verdrehen, und Xavier schien absolut bereit dazu, wenn es sein musste. Und Aria würde alles tun, um ihre
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