Pretty Little Liars - Unvergleichlich
präsentieren. Als eine Art Ali-Retrospektive, wenn man so will.«
Emily berührte ein Foto. Es zeigte sie selbst, Ali, Spencer, Aria und Hanna in der Cafeteria beim Mittagessen. Jede von ihnen hielt eine Dose Diet Coke in der Hand und sie hatten die Köpfe zurückgeworfen und lachten aus vollem Hals.
Daneben lag ein Foto nur von Ali und Emily, die mit ihren Schulbüchern im Flur standen. Emily überragte die zierliche Ali, die auf den Zehenspitzen stand und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Emily biss sich in die Handknöchel. Obwohl sie in letzter Zeit viele Dinge über Alison herausgefunden hatte, die sie lieber vor Jahren von ihr selbst erfahren hätte, vermisste sie Ali immer noch so sehr, dass es schmerzte.
Im Hintergrund war noch jemand zu sehen, was Emily auf den ersten Blick nicht aufgefallen war. Ein Mädchen mit langem, dunklem Haar und einem vertrauten, apfelrunden Gesicht. Ihre Augen waren groß und grün, ihre Lippen rosa und geschwungen. Es war Jenna Cavanaugh.
Jenna hatte den Kopf einem Mädchen zugewandt, das neben ihr stand, von dem Emily allerdings nur einen dünnen, bleichen Arm ausmachen konnte. Es war seltsam, Jenna … sehend vor sich zu haben. Emily warf einen Blick auf Maya, die bereits das nächste Bild betrachtete und nicht merkte, wie bedeutsam dieses eine war. Emily hatte ihr so vieles nicht erzählt.
»Ist das Ali?«, fragte Maya. Sie deutete auf ein Bild von Ali und ihrem Bruder Jason, die sich im Schulhof der Rosewood Day umarmten.
»Äh, natürlich.« Emily schaffte es nicht, den gereizten Ton ihrer Stimme zu unterdrücken.
»Oh.« Maya wich einen Schritt zurück. »Sie sieht auf dem Bild ganz anders aus, das ist alles.«
»Sie sieht genauso aus wie auf allen anderen Bildern hier.« Emily kämpfte den Impuls nieder, die Augen zu verdrehen, und starrte das Bild an. Ali wirkte darauf unheimlich jung, wie zehn oder elf. Das Foto war vor ihrer Freundschaft entstanden. Für Emily war es weit, weit weg und kaum noch wahr, dass Ali früher eine Clique angeführt hatte, die aus anderen Mädchen bestand. Naomi Zeigler und Riley Wolfe waren damals ihre Anhängerinnen gewesen. Die drei hatten Emily und die anderen sogar ab und zu gehänselt und sich über Emilys Haar lustig gemacht, das vom vielen Schwimmtraining
im gechlortem Wasser einen leichten Grünstich hatte.
Emily betrachtete Jason aufmerksam. Er schien so glücklich, Ali fest an sich drücken zu können. Was um alles in der Welt hatte er in dem Interview gestern gemeint mit der Bemerkung, seine Familie sei ihm zu kaputt?
»Was ist das hier?« Maya zeigte auf die Fotos auf dem Nebentisch.
»Oh, das ist Brennas Projekt.« Scott streckte dem Tisch die Zunge heraus und Emily musste kichern. Der erbitterte Konkurrenzkampf zwischen den beiden Jahrbuchfotografen Scott Chin und Brenna Richardson hätte aus einer Reality-TV-Show stammen können. »Aber ausnahmsweise hatte sie mal eine gute Idee. Sie hat den Inhalt von Taschen geknipst, um zu zeigen, was der typische Rosewood-Day-Schüler täglich so mit sich herumschleppt. Spencer hat die Bilder noch nicht gesehen, ich weiß also nicht, ob die Story abgesegnet wird.«
Emily beugte sich über den Tisch. Die Redakteure hatten den Namen der Taschenbesitzer neben die Fotos geschrieben. In Noel Kahns Lacrosse-Tasche befanden sich ein schmuddeliges Handtuch, sein Glück bringendes Plüsch-Eichhörnchen, von dem er dauernd erzählte, und eine Dose Axe-Deo. Bäh. In Naomi Zeiglers elefantengrauer Umhängetasche lagen ein iPod Nano, ein Brillenetui von Dolce & Gabbana und ein quadratisches Objekt, das entweder eine winzige Kamera oder eine Juwelierslupe sein konnte. Mona Vanderwaal schleppte M.A.C.-Lipgloss, eine Packung Taschentücher und drei verschiedene Terminplaner mit sich
herum. Aus dem blauen spitzte der Rand eines Fotos; ein schlanker Arm in einem ausgefransten Blusenärmel war darauf zu sehen. In Andrew Campbells Rucksack steckten acht Schulhefte, ein lederner Terminplaner und das gleiche Nokia, das auch Emily besaß. Auf dem Display war der Anfang einer SMS sichtbar, die er entweder geschrieben oder empfangen hatte, aber Emily konnte den Text nicht lesen.
Als sie aufschaute, sah sie Scott an seiner Kamera herumfummeln, aber Maya erblickte sie nirgends im Zimmer. In diesem Augenblick vibrierte Emilys Handy. Sie hatte eine neue SMS erhalten.
Tss, tss, Emily! Weiß deine Freundin, dass du eine Schwäche für Blondinen hast? Ich verrate es nicht … wenn du mich nicht verrätst. –
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