Pretty Little Liars - Vollkommen
und begann, sie zu sortieren. Sie strich alle Eselsohren und Falten heraus und machte sich zitterig daran, die Blätter nach Datum zu ordnen. Melissas Arbeit war die einzige Sekundärliteratur, die Spencer benutzt hatte. Sie hatte es versucht, selbst alles Nötige für den Aufsatz zu recherchieren, doch sogar die simple Wikipedia-Erklärung zur unsichtbaren Hand hatte sie vollkommen überfordert. Die Einleitungssätze von Melissas Aufsatz dagegen waren völlig einleuchtend gewesen. Das von dem großen schottischen Ökonomen Adam Smith beschriebene Konzept der unsichtbaren Hand lässt sich mit wenigen einfachen Worten zusammenfassen und ist sowohl auf die Märkte des
neunzehnten als auch des einundzwanzigsten Jahrhunderts anwendbar: Auch wenn es so aussieht, als handle jemand, um dir zu helfen, ist doch in Wirklichkeit jeder sich selbst der Nächste und handelt aus Eigennutz. Aber als sie den Rest der Arbeit las, stieg in ihrem Gehirn ein Nebel auf, der so dicht war wie der Eukalyptusdunst im Dampfbad bei ihr zu Hause.
»Welche Quellen hast du denn verwendet«, fragte An drew. »Bücher? Zeitungsartikel?« Als sie wieder zu ihm hinschaute, glaubte sie, ein hämisches Grinsen auf seinem Gesicht zu erkennen. Ihr wurde schwindelig. Wusste er etwa Bescheid ?
»Äh, d-die Bücher, die McAdam auf seiner Liste erwähnt hat«, stammelte sie.
»Ah. Meinen Glückwunsch. Ich hoffe, du gewinnst.«
»Danke«, hauchte sie und entschied, dass sie nur paranoid war. Andrew wusste nichts, er war nur neidisch. Spencer und Andrew waren abwechselnd Nummer eins und Nummer zwei im Klassenranking und wechselten ständig die Position. Andrew verfolgte Spencers Leistungen wahrscheinlich so eifrig wie ein Börsenmakler den Dow-Jones-Ticker. Sie widmete sich wieder ihren losen Blättern, aber auch als sie geordnet waren, fühlte sie sich nicht besser.
Als McAdam das Licht dimmte und das Video – Mikroökonomie und der Verbraucher , unterlegt von fröhlicher Fahrstuhlmusik – begann, vibrierte Spencers Sidekick in ihrer Tasche. Langsam griff sie danach und zog ihn heraus. Das Display zeigte eine neue Nachricht an.
Spence, ich weiß, was du getan hast. Aber ich halte dicht, wenn du EXAKT das tust, was ich dir sage. Willst du wissen, was dir blüht, wenn du es nicht tust? Geh zu Emilys Wettkampf … dann du wirst es sehen. – A.
Jemand neben Spencer räusperte sich. Sie schaute zur Seite und sah direkt in Andrews Augen. Sie leuchteten im flackernden Licht des Bildschirms. Spencer drehte den Kopf zum Fernseher, aber sie spürte Andrews Blick im Dunkeln weiterhin auf sich ruhen.
WER NICHT HÖREN WILL …
Beim Schwimmwettkampf Rosewood Day gegen Drury Academy hatte es zur Pause geläutet. Emily öffnete ihr Schließfach und zog die Träger ihres Speedo-Wettkampfanzuges von den Schultern. Dieses Jahr hatte Rosewood in Hightech-Ganzkörperanzüge auf Olympia-Standard investiert, die den Wasserwiderstand minimierten. Man hatte sie extra bestellen müssen und sie waren gerade rechtzeitig zum heutigen Wettkampf eingetroffen. Die Anzüge reichten bis zu den Knöcheln, saßen hauteng und zeigten jedes Pölsterchen. Emily kam sich vor wie eine Maus in einer Boa Constrictor. Sie grinste ihrer Mannschaftskameradin Lanie Iller zu. »Gott, bin ich froh, aus diesem Ding rauszukommen.«
Sie war auch froh, dass sie sich dazu durchgerungen hatte, Officer Wilden von A. zu erzählen. Gestern nach dem Treffen bei Hanna hatte Emily Wilden angerufen und mit ihm für heute Abend einen Termin auf Rosewoods Polizeiwache vereinbart. Emily war es egal, was Spencer, Aria oder Hanna über A.s Drohungen sagten oder dachten. Sobald die Polizei eingeschaltet war, konnten sie das Drama endlich hinter sich lassen.
»Hast du ein Glück, dass du schon fertig bist«, meinte
Lanie. Emily hatte all ihre Wettkämpfe bereits absolviert – und gewonnen -, jetzt musste sie nur noch mit der riesigen Schar Rosewood-Schüler, die zum Wettkampf erschienen war, ihre Mannschaft anfeuern. Sie hörte die Cheerleader im Umkleideraum johlen und hoffte nur, sie würden auf den glitschigen Fliesen der Schwimmhalle nicht ausrutschen – Trace Reid war das vor dem ersten Wettkampf passiert und sie hatte sich den Knöchel verstaucht.
»Hey, Mädels.« Trainerin Lauren lief auf sie zu. Sie trug wie immer eines ihrer T-Shirts mit Schwimmer-Slogan (Heute war auf ihrer Brust zu lesen: 10 GUTE GRÜNDE FÜRS SCHWIMMEN. ERSTENS: ICH DARF 5.000 KALORIEN NASCHEN – OHNE GEWISSENSBISSE). Sie legte
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