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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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Großvater über das Gute und das Schlechte zu mir gesagt hatte. Daher verwirrte es mich noch mehr, schlecht über Kenan zu denken, nachdem er einst so gut zu mir gewesen war.
    Corentin war zu einem gut aussehenden Kerl herangewachsen. Seine Arme und Beine waren so muskulös, dass er bei den Damen Aufsehen erregte. Es war, als ließe die Sonne sein Haar während des Tages aufleuchten, und des Nachts leuchtete sein Gesicht hell im Lichte der Fackeln. Ich konnte erkennen, dass er nicht nur Kenans Günstling war, sondern auch derjenige zahlreicher anderer Leute.
    Und vor allem war er der Günstling der jüngsten Tochter des Barons.
     
    Ihr Name war mir unbekannt, als ich zum ersten Mal, nämlich vor einem blutroten Sonnenuntergang, einen kurzen Blick auf sie er haschte. Der Himmel ver färbte sich schwarz - durch den Rauch, der von Feuern stammte, die in einiger Entfernung vom Schloss, jenseits der Heuhaufen, brannten, denn es war ein frostiger Herbsttag, und die Freudenfeuer waren anlässlich einer Feier entzündet worden. Sie ritt auf dem Rücken eines Pferdes an mir vorbei, wie ich noch nie zuvor eine Frau hatte reiten sehen - sie sprang über Heuballen, ritt zwischen den Schobern hindurch und dann am Rande des Hügels entlang. Hätte ich sie nicht an ihrer edlen Kleidung erkannt, ich hätte gedacht, es handle sich bei ihr um eine der Zigeunerinnen, die jedes Jahr mit ihrem Jahrmarkt und ihren Tänzen durch den Ort zogen, oder so gar um eine der Waldfrauen.
    Sie hatte keine Begleiterin bei sich, keine Dienerin - was unüblich und möglicherweise sogar gefährlich war, denn wohlerzogene junge Frauen waren niemals ohne irgendeine Art von Beschützerin oder Beschützer zu sehen. Ihr vornehmes Kleid, das in
den Farben Karmesinrot und Weiß gehalten war, war entlang des Saums zerrissen, und sie hatte nackte, schmutzige Füße. Sie klammerte sich an ihr Pferd, als wäre es ihr Liebhaber. Ich hörte, wie fröhlich sie auflachte, während sie einer Biegung der Straße folgte und ihr Pferd dazu brachte, die niedrigen Mauern der Schafweide zu überspringen. Auch wenn sie die Kleidung einer im Wohlstand geborenen Frau trug und Perlen und Rubine ihren Hals und ihre Arme schmückten, hatte sich ihr Haar aus den einschränkenden Flechten gelöst und wallte wie das eines fliegenden Engels herab. Sie trieb das Pferd quer über den kahlen Berghang und ermahnte es, schneller und schneller zu laufen.
    Ich konnte nicht anders, als zu lächeln, während ich sie beobachtete. Was feierte sie da? Welches glückliche Ereignis hatte sich zugetragen?
    Ich war damit beschäftigt gewesen, die Schwäne für die Nacht in einen Pferch zu sperren, als ich die verschwommene Bewegung sah, in der sie vorbeiritt. Denn anfangs konnte ich nicht einmal ihr wunderschönes feuerrotes Haar erkennen - auf mich wirkte es in den letzten Strahlen der Sonne wie eine Flammenspur. Ich kann nicht behaupten, dass es etwas wie Liebe auf den ersten Blick gibt, aber ich kann doch mit Gewissheit sagen, dass etwas in der menschlichen Seele liegt, das die Verwandtschaft zu einer anderen Seele er kennt, selbst aus einiger Entfernung. Dies empfand ich für sie, wenngleich ich kaum etwas über sie wusste und ihr auch nicht gleichrangig war. Vielleicht war es ihre uneingeschränkte und auffallende Schönheit.
    Sie war mir in beinahe jeder Hinsicht überlegen, also durfte ich mir keinerlei Hoffnungen auf sie machen. Ein Mädchen von ihrem Rang und ihrer Schönheit war wohl bereits seit vielen Jahren jemandem versprochen - viel leicht sogar schon seit ihrer Geburt, abhängig davon, wie der Baron seinen Besitz verwaltete. Sie verfügte über ein inneres Feuer, das keine ihrer Schwestern besaß. Ich
hatte die beiden gesehen: Sie waren groß, mit strengen Mienen wie römische Schicksalsgöttinnen, die bereit waren, ihr eigenes Schicksal zu spinnen, zu messen und abzuschneiden.
    Sie jedoch wirkte wie eine Feenprinzessin, die aus der Höhle eines Koboldes entkommen war.
    Alienora de Whithors lautete ihr Name, und ich flüsterte ihn in meinen nächtlichen Gebeten, seit ich ihn zum ersten Mal gehört hatte. Er schien exotisch und aus Gold gesponnen zu sein, dieser Name, die Beschwörung eines Engels, wenn ich es wagte, ihn laut auszusprechen. Sie war nicht viel älter als ich, und manchmal lachte sie, wenn sie sah, wie ich die Schwäne hütete, während sie den Hof auf dem Weg zu ihren eigenen Aufgaben überquerte (ja, selbst adlige Frauen hatten Arbeiten zu erledigen, denn nur wenige

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