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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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gebracht zu haben.
    Als ich mir ein Stück Brot von einem der Männer holen wollte - denn ich war im Laufe des Tages hungrig geworden -, packte mich Kenan am Kragen, hob mich hoch und zerrte mich von ihnen fort, zwischen die Bäume in der Nähe des Brunnens. »Sprich mit niemandem über dies hier«, sagte er, indem er mich zu Boden fallen ließ. Ich fühlte mich, als hätte ich etwas falsch gemacht, und sah zu ihm auf, als er zu dem Brunnen zurückkehrte. Dort blieb er stehen und blickte mich an. »Weißt du, was du getan hast?«, fragte er.
    Meine Stimme versagte, so dass ich nicht antworten konnte.
    »Du hast uns ver flucht«, sagte er. »Du hast den Teufel in unser Lager gebracht. Diese Männer, meine Männer, sie glauben nun, dass uns die Pest heimsuchen wird. Verstehst du?«
    »Ich … das wollte ich nicht«, erwiderte ich mit schwacher Stimme. »Ich dachte, es wäre ein …«
    »Ich hätte es wissen sollen«, meinte er, indem er die Augen schloss und sich mit der Faust gegen die Brust schlug. »Ich hätte es wissen sollen. Als deine Mutter …«
    Als er die Augen wieder öffnete, schien er sich ein wenig beruhigt zu haben. Er flüsterte etwas und gab mir mit einer Gebärde zu verstehen, ich sollte näher kommen. Als ich herantrat, hob er mich rasch hoch und schwang mich herum, bis ich über dem Brunnen schwebte. Ich wurde beinahe wahnsinnig vor Angst, da ich mir sicher war, dass er mich fallen lassen und ich an diesem schrecklichen Ort zu Tode stürzen würde.
    »Du weißt nicht, warum du bei mir bist. Du weißt nicht, was deine Mutter in der Vergangenheit getan hat. Aber hätte ich gewusst, dass du uns dazu bringen würdest, einen Dämon zu finden,
ich hätte dich im Morast zurückgelassen, gleichgültig, wie gut du mit Vögeln sprichst, Junge.« Seine harten Worte trafen mich bis ins Mark, und ich musste gegen die Tränen ankämpfen, die in mir aufstiegen. Ich verstand diesen plötzlichen Sinneswandel nicht. Ich verstand auch nicht, welchen Fluch dieser geflügelte Dämon mit sich brachte.
    Schließlich setzte er mich wieder auf dem Boden ab und sprach mit sanfter Stimme weiter. »Ich habe auch zuvor schon Dämonen gesehen«, sagte er. »Sie bringen denjenigen, die Zeugen ihrer Existenz werden, ein ungünstiges Schicksal. Ich weiß, es ist nicht deine Schuld. Aber es liegt dir vielleicht im Blut zu wissen, wo sie leben. Sie ans Tageslicht zu holen.«
    Er sagte noch mehr, über den Teufel und über das, was er bedauerte, ohne dieses Bedauern beim Namen zu nennen. Ich hatte das Gefühl, einem Mann, den ich bewundert und respektiert hatte, dabei zuzusehen, wie er wahnsinnig wurde. Er murmelte Worte über die Vergangenheit, über seine Jugend und die Kriege, die er erlebt hatte, als er kaum älter gewesen war als ich.
    Schließlich wandte er sich zurück, um erschöpft zu seinen Jägern zurückzukehren. Als er an mir vorbeikam, warf er mir einen kalten Blick zu und sagte: »Corentin hatte Recht, was dich betrifft. Von Anfang an.«
    Diese Worte lassen mich jetzt noch immer ebenso frösteln, wie sie es damals taten. Mein schlimmster Feind hatte begonnen, mich mit kleinen Dingen zu vernichten, und mein größter Beschützer wandte sich nun gegen mich.
     
    Die Geschichte über den Dämon breitete sich überall im Dorf und in der Abtei wie ein Lauffeuer aus. Die Furcht vor der Pest erwachte und legte sich dann wieder, als niemand krank zu werden schien, und wenngleich eine Frau starb, indem sie in der Marsch ertrank, und dies zunächst als Werk des Teufels betrachtet wurde,
wurden solche Gerüchte eher im Flüsterton als laut geäußert. Der Priester und die Brüder segneten das Land, die Abtei und den Hof des Barons, und bald war für uns alles wieder beim Alten.
    Nur nicht für mich. Zu jener Zeit konnte ich nicht wissen, welcher Mechanismus meinen Lehrmeister dazu gebracht hatte, sich gegen mich zu wenden, im Unterschied zu Corentin selbst. Es vergingen Tage, in denen Kenan nicht mit mir sprach; Nächte verstrichen, in denen ich nicht schlafen konnte. Dann rieb ich den blauen Stein meines Großvaters und betete, mein Herr möge einen Sinneswandel durchleben.
    An einem kalten Morgen tauchte meine Mutter am Hofe auf. Sie saß mit an deren Bettlerinnen und Bett lern hinten auf einem Wagen. Als ich sie entdeckte, holte ich Brot und alle Fleischbrocken, die ich finden konnte, da sie keine Nahrung für meine jüngeren Geschwister hatte. Als ich aber zu ihr zurückkehrte, fand ich Kenan Sensterre vor, der dort auf mich

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