Priester des Blutes
es bist. Dass du ein Mörder bist, genau wie deine Mutter. Es liegt dir im Blut, Schmutzfink. Das habe ich über dich gesagt. Aber du solltest nicht so zornig auf mich sein, mein Schöner, denn obwohl ich die Worte sprach, so ist es doch dein Herr und Meister, der sie glaubte, da er deine wahre Abstammung kennt. Er weiß, aus welcher Sünde du entstanden bist. Er kennt den Makel, der dich besudelt und da für sorgt, dass deine Seele verderbt ist.«
Obwohl ich damit mein Leben aufs Spiel setzte, rannte ich durch das Schloss, auf und ab durch die Korridore, bis ich die Kammer meines Herrn erreichte. Als ich ihn weckte, lag er mit einer Frau im Bett, deren Nacktheit die Dunkelheit erhellte. Kenan legte sich eine Felldecke um die Schultern, schob mich auf den Gang hinaus und schloss die Tür hinter sich.
»Ich habe die Lügen von Corentin selbst gehört. Ich habe gehört, welches Gift er Euren Gedanken eingeträufelt hat. Hört mich an, Herr. Hört aus meinem Munde, was ich durch Corentin alles erleiden musste. Sagt kein Wort, und wenn Ihr es tut, so dürft Ihr mir die Hände ab hacken, falls Ihr es wünscht. Aber erst, nachdem ich aussprechen durfte, was ich zu sagen habe.«
Kenan knurrte sein Einverständnis, wobei ihm der Zorn deutlich im Gesicht geschrieben stand.
»Als ich hierherkam, war ich ein unschuldiger Knabe, Herr. Ihr werdet Euch an mich erinnern, so wie ich damals war. Ihr brachtet mich hier her. Ich dachte, es würde sich dabei um eine Welt handeln, die besser war als mein eigenes Zuhause. Ich dachte, ich könnte den Sumpf und den Schlamm hinter mir lassen, als ich dieses Schloss betrat. Doch stattdessen fand ich sehr bald heraus, dass Schlamm, der an der Schwelle nicht abgestreift wird,
sogar in die besseren Häuser des Landes getragen werden kann. Denn kaum lebte ich vier zehn Tage hier, kam Corentin zu mir und zwang mir seinen Körper auf. Ihr werdet Euch an mich erinnern, so wie ich damals war, schwächlich und schmächtig. Ich hatte nicht die Nahrung genossen, die der ältere und stärkere Corentin seit seiner Geburt gewöhnt war. Und ebenso wenig besaß ich damals irgendeine Kraft. Wer, denkt Ihr, war wohl zu jener Zeit das Opfer, der schwächliche, blasse, schmutzige Knabe aus dem Sumpf, oder der kräftige Knabe, der sich nahm, was er wollte, und der das tat, was ihm gefiel? Ich riskiere meinen eigenen Tod und meinen eigenen Ruf, indem ich Euch dies erzähle. Damals schwor ich, es niemals einer Menschenseele zu erzählen, aus Angst vor der Schande, die eine solche Enthüllung mit Macht über mich bringen würde.
Und Diebstahl? Habe ich etwas gestohlen? Ist etwa Gold verschwunden? Oder Silber? Ist ein Pferd aus dem Stall verschwunden? Wurde ein Schwan der Schwänin entführt? Oder wurden auch nur die Spanferkel von irgendeinem anderen Wesen geholt als dem Fuchs? Wenn doch irgendetwas gestohlen wurde, dann würde ich zuerst auf Corentin selbst aufpassen, denn er hat sich mir gegenüber viele Male als Schurke erwiesen. Und Blasphemie? Wie könnte man mir das zum Vorwurf machen? Ich besuche die Messe an jedem Sabbat. Ich spreche Morgengebete in der Kapelle, wenn ich nicht zur Jagd gerufen werde.« Dann verstummte ich, blickte ihn an. Ich konnte erkennen, wie sein Geist all dies zu solch später Stunde zu erfassen suchte.
Dann sagte er: »Es war eine lange Nacht für dich. Geh zu Bett, Junge. Auf dieser Welt gibt es im Augenblick andere Sorgen als die deinen.«
»Ihr müsst es mir sagen, Herr«, erwiderte ich. »Ihr müsst es einfach tun. Wie konnte es geschehen, dass ich in Euren Augen so tief gesunken bin? Wie konnten die Worte eines Mannes - nichts
als Lügen über mich - Eure gute Meinung über jenen Jungen, den Ihr kanntet, ändern? Corentin sagte zu mir, der Grund läge darin, dass Ihr wüsstet, wer mein Vater war. Ich ver lange, dass Ihr es mir sagt.«
»Du verlangst? Du verlangst?«, wiederholte er und ging mit beiden Fäusten auf mich los. Mit der Hand er griff er mich am Kragen, hob mich hoch, drückte mich gegen die Mauer und versetzte mir einen harten Schlag gegen den Kiefer. Ich wehrte mich, aber er war stark und wild, und ich spürte, wie ich zu Boden fiel. Da gab er mir einen Tritt in die Rippen.
Er stand über mir.
Ich lag auf dem Boden und griff mir krampfhaft an die Seite.
»Du bist der Bastard eines bösen Mannes, den ich einst gut kannte. Eines Mannes, der sich an Verderbtheiten ergötzte und den Teufel selbst verehrte. Eines Mannes, der mir die Frau, die ich liebte,
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