Priester des Blutes
ich dies tue, werde ich bei der Heiligen Jungfrau auch für dein Heil und das deiner Mutter beten.«
Ich stand fassungslos da - wie angewurzelt - und war nicht imstande, etwas zu sagen, um sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Man glaubte damals, der einzige Weg, um bei einem Mädchen die Jungfräulichkeit wiederherzustellen, wäre der, dass die Betreffende in ein Kloster eintrat, um der Kirche und Unserer Lieben Frau als Nonne zu dienen. Die Schwestern in den Höhlen führten ein asketisches Leben fast ohne Annehmlichkeiten, und
einige, die Klausnerinnen, hatten schon seit vielen Jahren kein Tages licht mehr gesehen. Es ging das Gerücht, dass diejenigen, die »Jungfrauen des Felsens« genannt wurden, Lepra geheilt hätten und dass Unsere Liebe Frau selbst vor vielen Jahren dort gesehen worden wäre, am Himmel über dem Eingang zu den Höhlen von Laseur.
Ihr Fleisch und ihre Keuschheit quälten mich noch tage- und nächtelang nach diesem Gespräch.
Ewen begleitete mich, als ich mich auf den Weg machte, um meinen kleinen Brüdern und Schwestern, die ich niemals kennen gelernt hatte, Essen zu bringen. Eine Nachbarin, die ein Kind durch die Fieberkrankheit verloren hatte, nahm den jüngsten Säugling bei sich auf, um ihn zu stillen. Ich veranlasste, dass dieser gutherzigen Frau Eier und etwas Getreide geschickt wurden, und sie sagte zu mir, sie wollte sich um das Kind kümmern, bis meine Mutter wieder frei wäre und nach Hause zurückkehren würde. Mein Mut hob sich durch die Hoffnung, die sie damit bekundete.
Ich schlief lieber in den Ställen als in meiner Unterkunft, zusammen mit den anderen Feldarbeitern, um Corentin aus dem Weg zu gehen. Während dieser düsteren Tage sprach ich kein Wort mit meinem Herrn und nur wenige mit den anderen. Ich konnte weder meine Mutter in ihrer Zelle besuchen noch erneut mit dem Abbé und dem Priester sprechen, während sich meine Mutter und ihre Gefährtin Überprüfungen und Verhören unterziehen mussten. Diese wurden von einem Mann aus Toulouse durchgeführt, der einige Erfahrung in dem besaß, was die »Große Ketzerei« genannt wurde. Es war der Alte Glaube, der aus dem Großen Wald noch nicht völlig verschwunden schien.
Wir waren ein armes Land, ein rückständiger Ort, und es überraschte viele Leute, dass ein gelehrter Mönch den ganzen langen
Weg auf sich genommen hatte, um sich mit Hexerei und Morden zu befassen. Ich hatte Geschichten darüber gehört, was mit denjenigen geschah, die dieser Verbrechen angeklagt wurden, und alles, was sich ereignet hatte, setzte mir dermaßen zu, dass mich ein seltsames Leiden befiel.
Innerhalb weniger Wochen wurde ich bettlägerig und konnte nur klare Brühe zu mir nehmen. Eine Dienstmagd pflegte mich, als mich ein Fieber überkam. Ich fragte mich, ob mich auf irgendeine Weise durch Einwirkung Unserer Lieben Frau die Pest befallen hatte. War dies die Strafe für meine Sünde, in einer schrecklichen und wundervollen Nacht Alienora die unberührte und tugendhafte Jungfräulichkeit geraubt zu haben, und dies auch noch in einer Kapelle, die der Heiligsten aller Jungfrauen geweiht war?
Und dann, sehr bald, stand das Schicksal meiner Mutter fest. Ich erwachte abgemagert und geschwächt von meinem Fieber, und Alienora selbst, die noch nicht zu den Schwestern fortgegangen war, überbrachte mir die Nachricht.
»Sie wird in den Marschen verbrannt werden, zusammen mit Brewalen aus dem Wald, für die Verbrechen des Mordes und der Zauberei«, sagte sie, während sie mir die Stirn mit einem warmen, feuchten Tuch abwischte.
»Ich muss zu ihr«, erwiderte ich. »Ich muss dies aufhalten. Sie ist keine Hexe.«
Alienora faltete ihre Hände wie zum Gebet. »Du liebst deine Mutter sehr, und darum weinen die Engel, Falkner. Ich liebe dich nun mit einer Liebe und Güte, die ich nie zuvor gekannt habe. Ich wünsche dir das Licht Unserer Lieben Frau, das dir den Weg zeigen soll. Aber deine Mutter hat gestanden. Sie hat ihre Zusammenkünfte mit dem Teufel und seinen Abgesandten beschrieben. Mehr weiß ich nicht.«
»Aber wird sie für dieses Geständnis auch verbrannt?« Ich wusste sehr gut, dass eine Hexe, wenn sie gestand, manchmal begnadigt
wurde, auch wenn sie für ihr Verbrechen ins Gefängnis kam. Während ihrer Zeit im Gefängnis wurde eine Frau, die gestanden hatte, eine Hexe zu sein, zwar häufig gefoltert und starb in einer elenden nasskalten Zelle, doch wenn sie am Leben gelassen wurde, bestand doch noch Hoffnung für sie. Viel leicht
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