Priester des Blutes
war ich in der Lage, meine Mutter vor diesem schrecklichen Schicksal zu bewahren.
Ich spürte eine Aufwallung von Stärke in meinem Inneren. Bald erhob ich mich von meinem Krankenlager und ging zum Baron persönlich, indem ich mir einen Weg zwischen seinen Wachtposten hindurch bahnte, die ihre Schwerter gegen mich er hoben. Ich machte mir keine Gedanken darüber, dass sie mich erschlagen könnten. Es war einfach so, dass ich den Schutz und Einfluss des Barons benötigte, wenn ich meiner Mutter helfen wollte.
Obwohl der Baron mein Flehen voller Mitgefühl anhörte und schwieg, bis ich geendet hatte, zeigten mir seine Worte, dass er in dieser Angelegenheit seine Hände in Unschuld wusch, so wie Rom bei der Kreuzigung Christi gewiss auch seine Hände in Unschuld gewaschen hatte.
»Es liegt an der Mordanklage, dass der Leib deiner Mutter den Flammen und ihre Seele dem göttlichen Strafgericht übergeben wird«, erklärte er. »Die Anklage der Zauberei ist geringfügiger, ihr Geständnis hätte sie dabei wahrhaftig vor dem Feuer bewahrt. Doch in diesem Fall wurde ein Kind getötet. Und zwei Frauen, bei denen es sich darüber hinaus auch noch um Hebammen handelte, ertränkten das Kind in derselben Wassertonne, in der es zum ersten Mal gewaschen werden sollte. Bete für die Seele deiner Mutter, Junge. Das ist alles, was getan werden kann.«
»Wenn es nötig ist, wer de ich beim König höchstpersönlich vorsprechen«, entgegnete ich.
»Dann wirst du die letzten Lebensstunden deiner Mutter damit vergeuden, dass du auf dem Rücken eines Pferdes sitzt und zu seinem
Hof reitest«, erwiderte der Baron. »Denn sie wurde bereits verurteilt, und heute Nacht wird sie verbrannt.«
Damals waren Hexenverbrennungen noch nicht so ver breitet, wie sie es Jahre später erst werden würden. Wenngleich das Kirchenrecht so aus sah, dass eine Frau oder ein Mann für das hingerichtet werden konnten, was oft als Teufelsanbetung bezeichnet wurde, wurden diese doch nur selten ausgeführt und waren noch nicht zu dem Feuersturm geworden, der sehr bald ganz Westeuropa überziehen sollte. Falls meine Erinnerungen nicht zu sehr durch diejenigen aus späteren Jahrhunderten getrübt sind, war es tatsächlich so, dass nur wenige Leute eine Bedrohung in der Hexerei sahen. Dennoch gab es in den Dörfern und Abteien Menschen, die eines Verbrechens beschuldigt wurden, zusammen mit Teufelsanbetung und der Zauberei, die damit einherging, und für ihre eigene Erlösung verbrannt wurden. Manchmal erfolgte dies durch einen Mob, wenn eine Hungersnot oder Seuche die Bevölkerung überkommen hatte. Ich hatte es noch nie zuvor erlebt, doch hatte ich von weit entfernten, unwissenden Dörfern und Städten gehört, in denen dies durchaus geschah.
Ich hätte jedoch nicht gedacht, dass es sich in meiner eigenen Heimat ereignen könnte. Die Ketzereien der Landbevölkerung waren in der Christenheit noch nicht als Bedrohung angesehen worden, obwohl sich der Wind im Verlauf von hundert Jahren drehen und die Zeit der Hexenverbrennungen beginnen würde. Doch der Fall meiner Mutter war einer der zahlreichen Einzelfälle, bei denen Einheimische und andere Leute der Ansicht waren, dass Zauberei und Mord stattgefunden hätten und dass jede andere Form der Verurteilung als eine öffentliche Verbrennung die Gemeinde nicht von einer solchen Teufelei rein waschen würde.
Meine Mutter und ihre Freundin würden in Brand gesteckt werden, während eine große Menschenmenge zusah, denn es wurde
als Sünde betrachtet, einem solchen Ereignis nicht beizuwohnen. Der Mord selbst war aus den Gerüchten vom Tod eines Kindes mit zwei Körpern zu etwas weitaus Größerem angewachsen. Nun wurde erzählt, dass der Teufel und seine höllischen Engel um sie versammelt gewesen wären, beschworen aus dem Blut des Säuglings, als die Zauberinnen den letzten Lebenshauch aus seiner Kehle tranken. Katarin, die Mutter des toten Kindes, wurde von einer ganz gewöhnlichen Frau zu einer Frau, die der Mutter Gottes in ihrer Gestalt als Unsere Schmerzensmutter heilig war, die jede Nacht um die Kinder weinte, die entweder in die Vorhölle oder sogar ganz in die Hölle verbannt worden waren. Doch keines dieser wilden Gerüchte machte mir etwas aus.
Ich sah meine Mutter, als sie sie, an einem Pferderücken festgebunden, hinter sich her zerrten. Sie musste im Schlamm laufen und war nicht schnell genug. Ich konnte die Male sehen, die der Mann, der sie ver hört hatte, auf ihr hinterlassen hatte, die Narben
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