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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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mich beim Aufstehen stützte. »Frey ist tot, Junge.« Ich hatte keine Tränen mehr und kein Gefühl in meinem Körper oder meiner Seele.
    »Nein«, sagte er und schluchzte so, dass mir erst jetzt wieder einfiel, was Tränen überhaupt bedeuteten. Er weinte mit der Unschuld seines jungen Alters und Herzens, und in seinen Augen
sah ich all das, was ich auf meiner Reise durch die Welt verloren hatte.
    Ich konnte ihn nicht trösten, denn ich hatte begonnen, zu einem Ort des Feuers und des Eises in meiner Seele zu reisen, der jenseits jedes menschlichen Gefühls lag.
     
    Wir hatten das große Tor von Kur-Nu noch nicht geöffnet, sondern einfach nur die äußeren Mauern seiner Festung beschädigt, so dass es nötig war, ein Nachtlager außerhalb davon aufzuschlagen. Ich setzte mich zu Ewen und Thibaud und flüsterte ihnen zu, was ich tun wollte. Ich verrate Ihnen nun, dass ich nichts anderes wollte, als tot zu sein. Ich hatte keine Freude mehr am Leben, und sogar der Gedanke, einen einzigen weiteren Tag mit Kämpfen zu verbringen, widerstrebte mir. Ja, ich würde meine Landsleute und die Johanniter verlassen, und ich kannte die Folgen dieser Handlung. Es kümmerte mich nicht. Ich hatte zugesehen, wie mir die Welt meine Familie und meine einzige Liebe wegnahm, und ich hatte meinen Glauben verloren.
    »Vor Tagesanbruch«, sagte ich zu den beiden, »werde ich aufbrechen. Ich bin durch diese Schlacht unrein geworden.«
    »Wenn unsere gottlosen Feinde deinen Bruder getötet haben, wäre es dann nicht besser, du würdest seinen Tod rächen?«, fragte Ewen. »Zu mindest um deines Landes willen?«
    »Ich habe kein Land«, entgegnete ich.
    »Was ist mit Gott, unserem Herrn?«, fragte Thibaud.
    »Du erinnerst dich an die Alten Bräuche«, antwortete ich und bemerkte ein Aufblitzen in seinen Augen. »Was ist mit diesen Göttern und Göttinnen? Ich besitze keinen Glauben. Ich bin verloren.«
    »Du besitzt den störrischen Charakterzug deines Blutes«, meinte Ewen, der seinen Jahren voraus war. »Ebenso wie sein Unheil. Du darfst nicht zu lassen, dass dich die dunklen Säfte zerstören.
Du darfst das nicht, Aleric. Ich flehe dich an.« Sein Gesicht hatte eine rötliche Färbung angenommen, als er sprach, und seine Worte klangen leidenschaftlicher als alles, was ich früher von ihm gehört hatte. Dennoch bedeutete er mir nichts, und seine Worte hatten keine Wirkung auf mich.
    Ich grinste. Es war mehr eine Grimasse als ein Lächeln. »Ich werde mein Heimatland nie mehr wiedersehen, ich werde meine Liebste nie mehr wiedersehen. Ich bin ein Mann, der diejenigen, die mich in ihren Herzen tragen, ins Verderben stürzt. Es wäre das Beste, wenn ihr, meine Freunde, mich beide meinem Schicksal überließet.«
    Der Knabe schüttelte den Kopf. »Ich bin Euer Diener. Ich gehe dorthin, wohin auch Ihr geht.«
    »Und ich ebenso«, sagte Ewen.
    »Wohin ich gehe -«, ich bedeckte mein Gesicht mit den Händen. »Mein Ziel, meine Freunde, ist das Ende meiner Tage. Wenn heute Abend das Fest beginnt, sowie die Prahlereien und das Geschrei, dann werde ich verschwunden sein.«
    »Aber die Ghule«, wandte Thibaud ein, in dem ein Schatten sein junges Gesicht verdüsterte. »Sie sind dort draußen, Herr. Ich habe sie einmal gesehen.«
    »Hast du das?«, fragte ich. »Vielleicht sollte ich einem von diesen Ghulen begegnen, und er wird nicht viel Federlesen mit mir machen.«
     
    Die Johanniter zu ver lassen, bedeutete, den Tod gleich auf mehrere Arten herauszufordern. Erstens wurden Deserteure auf der Stelle hingerichtet, wenn sie gefangen wurden, wie es bei jedem Soldatenstand der Fall war. Da ich allerdings Teil einer Zahlung des Barons an die Johanniter selbst war, schien es möglich, dass ich außerdem auch noch gefoltert würde, um andere Sklavensoldaten davon abzuhalten, es mir gleichzutun und zu fliehen. Obwohl ich
es niemals selbst gesehen hatte, hatten wir alle die Geschichten von den Deserteuren und Verrätern gehört, die an Spießen geröstet wurden, während sie um Gnade bettelten. Es war nicht meine Absicht herauszufinden, ob diese Erzählungen der Wahrheit entsprachen. Zusätzlich bestand die Gefahr, dass mich der Feind jederzeit auf meinem Weg fort vom Lager der Johanniter gefangen nehmen konnte. Die Feinde wären gewiss erfreut darüber, einen Soldaten vor zufinden, der ungeschützt umherwanderte, so dass man ihm die Kehle aufschlitzen oder ihn vielleicht zurück in die Stadt mitnehmen konnte, um ihm einen langsameren Tod zu bereiten.
    Aber

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