Priester des Blutes
mich mit Gedanken an die Vergangenheit und meiner Furcht vor der kommenden Welt.
Den ganzen Tag über hielt ich immer wieder inne, lief hinauf zu einer Anhöhe oder einem Felsen, was auch immer bequem zu erreichen war, und blickte zurück, die Straße entlang, aber ich konnte in den schattigen Felsüberhängen entlang der Hügelkette niemanden sehen. Als die erste Nacht nahte, wurde meine Gewissheit stärker, dass ich einen Verfolger hatte. Ich fragte mich, wer mir so weit folgen würde, denn ganz sicher hatte ich zu viele Meilen zurückgelegt, als dass es noch von Wert gewesen wäre, mich aufzuspüren und in Fesseln zum Lager zurückzubringen.
Ich duckte mich zwischen eine Ansammlung von Felsblöcken und wartete auf den Späher, der mir folgte. Als ich eine Bewegung wahrnahm, zog ich mein Kurzschwert und sprang hinab, um meinen Verfolger anzugreifen.
Derjenige, der mir gefolgt war, trat in das Mond licht, und eher wäre ich nach hinten gekippt, als dass ich ihn erschlagen hätte. Es war Thibaud, mein kleiner Freund, ein Kind des Krieges selbst. »Du?«, schrie ich, vielleicht in einem zu barschen Tonfall.
Er sprang nach vorn und zog seinen Dolch. Auf seinem Gesicht zeigte sich ein Zorn von der Art, wie ich sie nie zuvor gesehen hatte, außer in der Schlacht.
»Bist du mir gefolgt, um mich zu töten?«, fragte ich lachend.
»Ich will Euch dienen«, antwortete er, indem er seinen Dolch wieder in die Scheide steckte.
»Warum folgst du mir?«, herrschte ich ihn an.
»Gibt es dort nicht Schätze, wohin Ihr geht?«, fragte er mit einem Funkeln in den Augen.
»Nun, du gieriger kleiner Dieb«, sagte ich, »der einzige Schatz, der auf mich wartet, ist der Tod.«
»Besteht er aus Gold?«, fragte er.
»Ja«, lachte ich. »Goldener Tod.« Ich zog erneut mein Schwert, um zu versuchen, ihn so ein zuschüchtern, dass er dorthin zurückkehrte, woher er gekommen war.
Im Mondlicht erschien mir dieser magere kleine Knabe sogar noch bleicher und hungriger als sonst - und ich war bestürzt über den Kummer in seinem Blick. Was hatte die Welt ihm, einem so jungen Menschen, angetan? Was war dies nur für eine Welt? Er schwieg, aber dann holte er ein Stück getrocknetes Fleisch hervor und bot mir Wasser aus dem Schlauch an, der um seine schmalen Schultern geschlungen war.
Als wir das Lager für die Nacht aufgeschlagen hatten, setzten wir uns ans Feuer, und ich sagte zu ihm, dass er am nächsten Morgen zurückkehren müsste.
»Nein«, entgegnete er. Wir starrten uns einen Augenblick lang an. Ich versuchte zu verstehen, was ihn in diese Wüste getrieben hatte, und ohne Zweifel war er nun mehr denn je entschlossen, mich bis zu meinem Tode zu begleiten.
»Was ist mit dir los?«, fragte ich ihn. »Du kannst dein Leben nicht aufgeben, in deinen jungen Jahren. Ich werde es nicht zulassen, Du hast einen Herrn unter den Rittern.«
»Ein schrecklicher Mann«, erwiderte er und blickte dann tief ins Feuer. »Tötet mich, wenn Ihr das tun müsst. Aber ich werde nicht zurückkehren.«
»Du musst es tun«, beharrte ich. »Vor dir liegt noch ein großer Teil deines Lebens.«
»Ihr seid mein einziger Herr«, erklärte er. »Ihr habt mich gerettet.«
In dieser Nacht sagte er kein einziges Wort mehr. Er schlief, bedeckt mit meinem Umhang, während ich da saß und Wache hielt,
wahrhaftig zu mehr nicht in der Lage, als kurz vor der Morgendämmerung ein wenig einzudösen.
Eine ganze Weile, bevor die Sonne aufging, setzten wir unsere Reise zu den Klippen fort, von denen man eine Aussicht auf das Meer hatte. Als sich der Nachmittag hinzog und ein schrecklicher Durst uns beide überkam - obwohl ich ihm eine Ration Wasser gestattete und selbst gut ohne solches zurechtkam - blieb er irgendwann plötzlich stehen und drehte sich um, als wollte er horchen. »Ich fürchte, andere verfolgen uns.«
»Wenn es so ist, werden wir sie erschlagen«, entgegnete ich. »Und sie zum Abendessen rösten.«
Das brachte ihn zum Lachen, und er rannte voraus auf dem steinigen Weg, den wir gewählt hatten. Es dämmerte, dann brach die Nacht herein. An diesem Abend sprachen wir am Feuer von unserem Heimatland, und trotz meines Hasses auf einiges, was es dort gab, erinnerte mich dies an meine Liebe zum Wald und rief Gedanken an meine mir so unbekannten Geschwister und auch an Alienora wach. Dies ver lieh mir, als ich mich zum Alienora legte, ein unglückseliges Gefühl der Hoffnung. Es trübte meinen Vorsatz, zu meinem einsamen Tod zu marschieren.
Als der Morgen
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