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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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eines einzigen außergewöhnlichen Fremden, innerhalb seines Hotels an diesem Abende wie ein Flecken auf etwas, das eben erst gereinigt worden war. Niemals hatte es im Vernon-Hotel irgendein Grenzgebiet, eine gemischte Zone gegeben, niemand wartete in der Vorhalle, und Zufallsgäste setzten niemals den Fuß hinein. Es gab dort fünfzehn Kellner, und zwölf Gäste waren da. Es wäre etwas ebenso Unerhörtes gewesen, an jenem Abend einen neuen Gast vorzufinden, wie in der eigenen Familie beim Frühstück einen ganz neuen Brüder neben sich sitzen zu sehen. Außerdem galt des Priesters Erscheinen als nicht erstklassig und seine abgetragenen Kleider noch weniger; ein kurzer Blick nur auf ihn aus der Ferne hätte eine Krise im Klub hervorrufen können. Mr. Lever verfiel endlich auf einen Ausweg, um, da er schon das Unglück nicht ungeschehen machen konnte, es zu verschleiern. Wenn du (was du nie tun wirst) das Vernon-Hotel betrittst, kommst du durch einen kurzen. mit einigen abgedunkelten, aber bedeutenden Gemälden geschmückten Gang nach der Hauptvorhalle, welche zu deiner Rechten in Gänge mündet. Diese führen nach den Gasträumen, und zu deiner Linken bemerkst du einen ähnlichen Gang hin nach der Küche und dem Bureau des Hotels. Unmittelbar zu deiner Linken ist die Ecke eines Glasgehäuses, das in die Vorhalle hereinragt –, gewissermaßen ein Haus innerhalb des Hauses, gleich dem alten Hotel-Büfett, das wahrscheinlich einst diesen Platz einnahm.
    In diesem Geschäftsraume saß der Vertreter des Besitzers (niemand an diesem Orte erschien je in eigener Person, wenn irgend es sich machen ließ), und gerade dahinter auf dem Wege zum Dienstbotenabteil befand sich die Herrengarderobe, die letzte Grenze dieses den Gästen zustehenden Gebietes. Zwischen dem Geschäftsraume und der Garderobe lag jedoch ein kleines Privatzimmer ohne anderen Ausgang, das manchmal von dem Besitzer für heikle und wichtige Angelegenheiten benützt wurde, wie zum Beispiel um einem Herzog tausend Pfund zu leihen oder ihm sechs Pence zu verweigern. Es ist ein Beweis der großen Duldsamkeit Mr. Levers, daß dieser geheiligte Ort auf etwa eine Stunde durch etwas wie etwa gar nur einen Priester, der auf ein Stück Papier vor sich hinkritzelte, profaniert wurde. Die Geschichte welche Father Brown niederschrieb, war höchstwahrscheinlich eine viel bessere als die vorstehende, nur wird sie nie veröffentlicht werden. Ich kann nur das eine konstatieren, daß sie beinahe ebenso lang war und daß die letzten zwei oder drei Abschnitte die am wenigsten aufregenden und fesselnden waren. Denn es war um die Zeit, als er dabei angekommen war, dass der Priester seinen Gedanken nachzuhängen sich erlaubte und seine animalischen Sinne zu erwachen begannen. Die Zeit der Dämmerung und des Abendessens rückte heran: sein eigener kleiner, vergessener Raum war ohne Licht und vielleicht war es, wie es manchmal zu geschehen pflegt, die zunehmende Dunkelheit, die seine Sinne schärfte.
    Während Father Brown den letzten und am wenigsten wesentlichen Teil seines Schriftstückes niederschrieb, ertappte er sich, wie er sogar im Rhythmus eines von außen kommenden Geräusches schrieb, gerade wie man häufig im Rhythmus des fahrenden Eisenbahnzuges denkt. Als er sich dessen bewußt wurde, erkannte er auch, was es war: nur das gewöhnliche Auftreten von Füßen, die an der Türe vorbeigingen, was ja in einem Hotel nichts außergewöhnliches ist. Nichtsdestoweniger starrte er zur dunkelnden Decke empor und lauschte. Nachdem er einige Minuten träumerisch zugehört, sprang er plötzlich auf die Füße, den Kopf ein wenig zur Seite neigend. Dann setzte er sich wieder nieder und vergrub seine Stirne in seine Hände, nicht nur ausschließlich lauschend, sondern gleichzeitig denkend.
    Die Schritte, welche man draußen jeden Augenblick vernahm, waren solche, wie man sie in jedem Hotel hören kann. Und doch, als Ganzes genommen hatten sie etwas sehr Sonderbares an sich. Man hörte keine anderen Schritte, als diese. Es war immer ein sehr stilles Hotel gewesen, denn die wenigen hier verkehrenden Gäste gingen sofort nach ihren Zimmern, und die gut geschulten Kellner hatten Auftrag, nahezu unsichtbar zu sein, solange man nicht nach ihnen verlangte. Es ließ sich kein Ort denken, an dem weniger Grund vorlag, irgend etwas Unregelmäßiges zu vernehmen. Aber diese Schritte waren so eigentümlich, daß man nicht entscheiden konnte, ob sie regelmäßig ober unregelmäßig waren, Father

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