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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Füßen nieder. Er gab das Wettrennen rings um die Erde auf und ließ den jungen Antonelli seinen Aufenthalt wissen; dann übergab er alles seinem Bruder. Er schickte Stephan Geld genug für elegante Kleidung und sorglose Reisen und einen Brief dazu, der ganz trocken besagte: das ist alles, was noch übrig ist. Du hast mich total ausgeplündert. Ich besitze noch ein kleines Haus in Norfolk mit Dienerschaft und Keller und wenn du noch mehr von mir forderst, mußt du eben dieses nehmen. Komm und ergreife Besitz, wenn es dir beliebt, und ich will ganz ruhig dort als dein Freund oder Verwalter oder was immer leben. Er wußte, der Sizilianer hatte nie die Brüder Saradin gesehen außer auf Bildern; er wußte, sie sahen einander etwas ähnlich, da sie beide graue Spitzbärte trugen. Dann rasierte er sein Gesicht und wartete ab. Die Falle gelang. Der unglückliche Hauptmann in seinen neuen Kleidern betrat das Haus im Triumph als Prinz und rannte in das sizilianische Schwert.
    »Einen Haken nur gab es und der spricht für die Ehre der menschlichen Natur. Böse Geister wie Saradin hauen oft daneben, indem sie niemals mit den menschlichen Tugenden rechnen. Er nahm es als selbstverständlich, daß, wenn der Schlag des Italieners kommen würde, es aus dem Dunkel, mit Gewalt und ohne Zeugen sein würde, wie der Schlag, der gerächt werden sollte, daß z.B. das Opfer bei Nacht erdolcht oder hinter der Hecke hervor niedergeschossen und so ohne einen Laut sterben würde. Es war eine schlimme Minute für Prinz Paul, als Antonellis Ritterlichkeit ein förmliches Duell vorschlug mit all den möglichen Auseinandersetzungen. Da war es, daß ich ihn traf, wie er wilden Blickes sich mit seinem Boote davon machte. Er floh barhäuptig in einem offenen Boote, noch ehe Antonelli erfahren sollte, wer er war. Aber bei aller Aufregung war er nicht ohne Hoffnung. Er kannte den Abenteurer und er kannte den Fanatiker. Es war ganz wahrscheinlich, daß Stephan, der Abenteurer, seinen Mund halten würde, allein schon aus theatralischer Lust, eine Rolle zu spielen, aus Sucht, sich an sein neues gemütliches Heim anzuklammern, im Vertrauen auf das Glück und seine überlegene Fechtkunst. Es war gewiß, daß Antonelli, der Fanatiker, seinen Mund halten und sich hängen lassen würde, ohne den Familienschmutz auszukramen. Paul trieb sich oben auf dem Flusse herum, bis er wußte, der Kampf war vorüber. Dann alarmierte er die Stadt, holte die Polizei, sah seine beiden überwundenen Feinde für immer besiegt und setzte sich lächelnd zu seinem Abendessen nieder.«
    »Lachend! Gott steh uns bei!« schloß Flambeau unter heftigem Schaudern. »Solche Gedanken können nur vom Satan eingegeben sein!«
    »Nein, der Gedanke stammt von Ihnen!« erwiderte der Priester.
    »Gott behüte!« verwahrte sich Flambeau. »Von mir? Was meinen Sie?«
    Der Priester zog eine Visitenkarte aus der Tasche und hielt sie beim schwachen Scheine der Zigarre empor; sie war mit grüner Tinte beschrieben.
    »Entsinnen Sie sich nicht seiner eigenen Einladung an Sie?« fragte er, »und des Komplimentes für Ihre Verbrecher-Heldentat, jenes Kniffes, wie Sie den einen Geheimpolizisten durch den anderen verhaften ließen? Er hat ganz genau Ihren Trick nachgemacht. Mit je einem Feinde zu beiden Seiten schlüpfte er gewandt beiseite und ließ sie sich anfallen und einander töten.«
    Flambeau entriß Prinz Saradins Karte der Hand des Priesters und zerriß sie wütend in kleine Stücke.
    »Das ist das letzte Überbleibsel jenes alten Totenschädels mit seinen gekreuzten Armknochen,« sagte er, während er die Stückchen auf die dunklen und entschwindenden Wellen verstreute, »aber ich fürchte, die Fische vergiften sich noch daran.«
    Der letzte Glimmer weißen Kartons und grüner Tinte wurde hinweggetragen und verschwand im Dunkel; eine schwache und zitternde Färbung wie von anbrechendem Tage überflog den Himmel und der Mond hinter dem Grase wurde bleicher. Schweigend trieben sie dahin.
    »Father,« fragte Flambeau plötzlich, »meinen Sie nicht, es war alles nur ein Traum?«
    Der Priester schüttelte den Kopf, sei es, daß er anderer Meinung war, sei es, daß er keine Antwort wußte, aber er blieb stumm. Ein Duft von Weißdorn und Obstgärten wehte ihnen aus der Nacht entgegen und sagte ihnen, daß ein Wind noch wache; den nächsten Augenblick machte er ihr kleines Boot schaukeln und schwellte ihr Segel und trug sie durch die Windungen des Flusses hinab nach glücklicheren Gefilden und zu den

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