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PRIM: Netzpiraten (German Edition)

PRIM: Netzpiraten (German Edition)

Titel: PRIM: Netzpiraten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Enss
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einen entschlüsselten Text aus dem privaten Mailverkehr zwischen der First Lady und ihrer Schwester einkopiert. Der Präsident und seine Frau haben bestätigt, dass die Mailtexte echt sind, jedenfalls bisher bis zur dritten PRIM-Mail, aber sie bestehen aus Gründen des Schutzes ihrer Privatsphäre darauf, die Sendezeitpunkte und ganze Sätze oder Passagen in diesen Mails zu schwärzen. PRIM schicken die Erpressermails verschlüsselt, so dass nur die First Lady sie öffnen kann. Dass die private Mail aus PRIM-4 wieder teilweise geschwärzt wurde, können wir wohl als Anzeichen dafür nehmen, dass auch diese Mail echt ist.
    Das Verschicken identischer Nachrichten an das Opfer der Erpressung in zeitlichen Abständen ist ungewöhnlich und nach meiner Meinung beabsichtigt. Ich bin gespannt auf Mr. Hoovers Einschätzung zu diesem Punkt. Jetzt, in der vierten Nachricht von PRIM, gibt es zum ersten Mal Anlagen in Dateiform. Sie enthalten entschlüsselte Geheimdokumente staatlicher oder geheimdienstlicher Stellen, wie sich nach meiner Überzeugung sehr bald herausstellen wird. Die Anlagen bedingen eine Änderung oder Ergänzung des Nachrichtentextes, den wir bereits dreimal erhalten haben. Diese Ergänzungen sind extrem kurz: Im ersten Absatz sind es die beiden Sätze Sie wollen auch die in der Anlage beigefügten geheimen Unterlagen nicht in den Händen der Presse sehen. Wir haben noch viele weitere. “
    Das grüne Telefon an Posslings Tisch meldete sich mit einem blinkenden, grünen Licht und einem kaum hörbaren Summton. Possling schaute auf die Meldung und drückte dann die Abbruchtaste. Alice nahm mit Genugtuung zur Kenntnis, dass hier jemand für leise Telefone gesorgt hatte und sie nicht - wie zuletzt im Großraumbüro von DATA TODAY - ständig durch lautes Klingeln erschreckt werden würde. Possling setzte seine Ausführungen nach dieser kaum merkbaren Unterbrechung fort:
    „Zweitens: PRIM schreiben relativ kurze Sätze in klarer Sprache ohne Hinweis auf einen fremdsprachlichen Hintergrund und ohne einen erkennbaren Jargon oder lokalen Anklang. Trotz der vergleichsweise schwierigen Materie Edelsteine finden sich keine ungewöhnlich seltenen Abkürzungen, Wörter oder Wortgruppen in den Texten.
    Drittens: PRIM machen keine Rechtschreibungsfehler, aber sie verwenden als Interpunktionszeichen ausschließlich den Punkt, auch dort, wo richtiger andere Zeichen stehen müssten, zum Beispiel ein Ausrufungszeichen. An einigen Stellen würde man Doppelpunkte und Kommas erwarten, aber PRIM verwenden sie nicht. Auffällig ist die Verwendung des Wortes und statt eines Kommas in Aufzählungen aber auch statt des kaufmännischen Und-Zeichens im Namen der Kanzlei in Georgetown, die PRIM in ihrer ersten Mail an die First Lady erwähnt haben. Außerdem auffällig: keinerlei Worttrennungs- oder Wortverbindungszeichen.
    Viertens: Es gibt eine weitere Auffälligkeit hinsichtlich der Punkte. In Amerika setzen wir gewöhnlich Punkte hinter die Abkürzung Mrs. PRIM scheinen sich an die englische Schreibweise ohne Punkt zu halten. Da aber auch bei uns verschiedentlich die Schreibweise ohne Punkt auftaucht, möchte ich diese Auffälligkeit nicht dahingehend interpretieren, dass PRIM in England oder in einem englischsprachigen Land zu suchen sind.
    Fünftens: Die Mitteilungen sind sehr klar gegliedert und ohne überflüssige Inhalte und doppelte Ausführungen, wie sie sonst bei Erpressern häufig sind. Denken Sie nur an die hintereinander gesetzten Ausrufungszeichen, die wir aus vier von fünf aller Erpressermitteilungen kennen!
    Sechstens: Es tauchen in den Erpressertexten keine Sonderzeichen auf. Es spricht daher einiges dafür, dass PRIM von einem Ort aus operieren, wo unsere Tastaturzeichen üblich sind.“
    Possling war bei seinen detaillierten Ausführungen etwas außer Atem geraten und holte nun hörbar Luft zwischen seinen Sätzen. Aber er fuhr unbeirrt fort: „Siebentens: PRIM setzen keine Trennzeichen in großen Zahlen. Das ist in Amerika ganz ungewöhnlich. Wir setzen Kommas vor jeweils drei Ziffern einer großen Zahl, aber PRIM benutzen keine Kommas. Warum setzen sie statt dessen keine Punkte? Weil wir sie als Dezimalzeichen interpretieren würden? Kaum anzunehmen. Weil sie in Europa üblich sind? Dann könnten sie damit den Standort Europa verraten. Verzichten sie deshalb auf alle Trennzeichen?
    Fazit: Ich denke, dass wir es hier mit sehr intelligenten Tätern zu tun haben. Als Experte bin ich fast versucht anzunehmen, dass sie

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