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Princess 01 - Widerspenstige Herzen

Princess 01 - Widerspenstige Herzen

Titel: Princess 01 - Widerspenstige Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Brottellerchen zurück und klopfte ihr Kleid ab. Ihr Blick fiel auf den Tisch, wo die heiße Suppe einladend dampfte. Sie beruhigte ihre zitternden Hände und griff zum Besteck, und mit dem ersten Löffel Suppe kam ihr gesunder Menschenverstand zurück.
    Henris melodramatische Ausführungen hatten ihr unerfahrenes Frauenherz dazu angestachelt, die Blicke des Fremden über zu bewerten. Es stimmte, er hatte sie beobachtet. Aber der Rauch seiner Zigarre hatte sein Gesicht verhüllt, und es konnte keinen Zweifel daran geben, dass sich sein Interesse in nichts von dem der anderen Gäste unterschied. Er war einfach unverhohlen neugierig und, wie alle anderen auch, auf einen Skandal aus.
    Evangeline löffelte weiter, und der Geschmack von Oregano und geröstetem Knoblauch ließ sie aufseufzen. Suppe - einfach, aber himmlisch.
    Trotz der schützenden Stola auf ihren Schultern und der Wärme des Essens liefen ihr kalte Schauer über den Rücken.
    Nichts als Einbildung, sagte sie sich. Leona hatte immer gesagt, sie habe zu viel Phantasie, auch wenn sie manchmal glaubte, die schalkhafte alte Frau habe sie in ihren Phantastereien sogar bestärkt. Aller Vernunft zum Trotz fühlte sie den Drang, aufzublicken, und als Henri die Suppenterrine gegen eine Platte mit Lammbraten austauschte, blickte sie wieder zum Ende des Saals.
    Der Fremde schaute ihr direkt in die Augen, hob sein Glas und prostete ihr zu.
    Evangelines Lungen versagten ihren Dienst. Ihr Herz tat einen Sprung, und sie schaute hypnotisiert wie das sprichwörtliche Kaninchen ins Angesicht der Schlange.
    Wimpern, braun wie Ebenholz, und blaue Augen; sie konnte es durch den ganzen Saal hindurch sehen. Nicht himmelblau, nicht kornblumenblau, sondern brennend blau, mit dem Leuchten der Leidenschaft... doch wofür?
    Für sie, falls sie sein Wolfsgrinsen richtig deutete.
    In Toulouse hatte sie einem Jungen, der so gelächelt hatte, Geld gegeben, weil sie ihn für hungrig gehalten hatte und weil sie dachte, er werde sie überfallen, um sich zu nehmen, was sie nicht freiwillig gab. Sie war nie eine von den tapferen Frauen gewesen. Der Junge in Toulouse und jetzt dieser Mann - sie machten ihr Angst.
    Trotz seines hungrigen Zähnefletschens schien der Fremde nicht zu hungern. Sein maßgeschneiderter Gehrock saß wie eine zweite Haut und umspannte Schultern, die einem Bauern hätten gehören können. Und wirklich, in mancherlei Hinsicht ähnelte er einem Bauern. Seine Hände waren so groß, dass sie das Weinglas, das er hielt, fast verschwinden ließen.
    Er prostete ihr nochmals zu. Sein gieriges Lachen wurde breiter, und Evangeline sprang auf.
    Sie musste weg von hier. Sofort, noch heute Nacht.
    Nein, erst morgen früh. Das Ganze war eine Farce. Warum hatte sie nur geglaubt, sie könne jeden hier - sich selbst eingeschlossen - so hinters Licht führen. Normalerweise war sie doch vernünftig, und ihre ständige Tagträumerei war kein Grund für ein derart unpassendes Benehmen.
    »Mademoiselle?«
    Sie drehte Henri ihr versteinertes Gesicht zu.
    »Entspricht das Lamm nicht Ihren Wünschen?«
    »Ja. Nein. Ich bin mir nicht sicher.«
    Evangeline hielt mit schweißnassen Händen ihre Stola umklammert und rang um Haltung. »Ich ziehe mich in meine Suite zurück.«
    Henri schien von akuten Magenkrämpfen geplagt. »Ich werde das für Sie in Ordnung bringen. Wo auch immer der Fehler liegt. Ich werde es in Ordnung bringen. Das Lamm ist zu scharf gewürzt, nicht wahr? Ich habe diesen Versager von einem Koch gewarnt -«
    Evangeline tat einen Schritt nach vorn. Henri stolperte zurück. »Sie können nicht gehen, ohne etwas gegessen zu haben. Sie gehen nie, ohne etwas zu essen ...«
    Sein Gejammer klang ihr in den Ohren, während sie zwischen den vollbesetzten Tischen zur Tür hetzte. Essen? Sie konnte jetzt nichts essen. Ein fremder Mann hatte sie angesehen. Mit diesem Verlangen im Blick, das nie zuvor ihr gegolten hatte. Sie hatte keine Übung mit dieser Art von ... Wechselwirkung.
    Sie musste erkennen, dass ihre sehnsüchtigen Träumereien nichts mit der Wirklichkeit zu tun gehabt hatten.
    Ihr überstürzter Rückzug ließ das Getuschel wieder aufleben. Neugierige Gesichter starrten ihr entgegen, und ihre Wangen glühten vor Verdruss. Diese eigentümliche Hast der Frauen, die in schweren Zeiten um ihren Lebensunterhalt kämpfen: hier war sie wieder.
    Evangeline hatte gehofft, niemals mehr so hasten zu müssen. Irgendjemand zerrte an ihrer Stola und hielt sie fest, so dass sie sich

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