Princess Band 47
gefragt. Aus dem, was sie erzählte, habe ich den Eindruck gewonnen, als sei er ein Mann ähnlich wie Lister gewesen, ein, hm, Versager, der nie viel erreicht hat."
"Das hat sie gesagt?" Lisas Stimme bebte vor Zorn. "Sie hat gelogen. Mein Vater war ein empfindsamer Mann, und wenn er nicht die Erfolge erzielte, die sie von ihm erwartet hatte, lag das schlicht daran, daß er nicht gemacht war für den Job, in den sie ihn gezwungen hat. Vater war ein passionierter Lehrer, als sie einander kennenlernten. Hat sie dir das erzählt? Aber ihr war das nicht gut genug. Sie sorgte dafür, daß er in die Industrie ging. Er arbeitete in einem chemischen Labor - er war Naturwissenschaftler, aber für diese Art Arbeit fehlte ihm die Passion. Und natürlich hat er versagt."
"Es war deine Mutter, die dich zur Karriere eines Fotomodells überredet hat, nicht wahr?"
"Sie hat Erfolg stets bewundert", antwortete Lisa eisig. "Es lag auf der Hand, daß sie gern wollte, daß ich Dennys Angebot annahm."
"Aber du schwärmst für Versager, ist das richtig?" Steve lächelte höhnisch. "Oder redest es dir ein."
"Denny war kein Versager! Er war ungemein erfolgreich!"
"Als Fotograf", gab Steve zu. "Aber nicht als Mann! Das merkt man schon an seinen Briefen. Nur war das genau das, was dich fasziniert hat. Ein Mann, mit dem du umspringen konntest und der dafür noch auf die Knie vor dir ging." Er drückte ihren Kopf nach hinten und starrte ihr in die grünen Augen.
"Du…"
Er beachtete ihren Einwurf gar nicht. "Aber ich ließ dich nicht so leicht mit mir umspringen. Du wolltest, daß ich ein Stück meines Wesens verleugne. Bedauerlicherweise ist es in unserer Ehe nie zu jener Kraftprobe gekommen, die gezeigt hätte, wer der Stärkere ist. Wir waren zu oft getrennt, um eine wirkliche Auseinandersetzung auszufechten. Wir haben unsere Zeit mit Lieben verbracht, Lisa, und da waren wir gleichwertige Partner. Erst als unsere Ehe auf die Probe gestellt wurde, als ich dich zwingen wollte, dich mir zu ergeben, hast du angefangen, mich abzulehnen."
Lisas Gesicht war rot vor ohnmächtigem Zorn. "Du hast mich nicht zwingen wollen, mich dir zu ergeben, du hast versucht, mich zu zerstören. Meinen Stolz, meine Selbstachtung. Du hast mich ein Flittchen genannt und mich gezwungen, mich so aufzuführen, als käme ich wirklich von der Straße."
"Ich war von falschen Voraussetzungen ausgegangen, das gebe ich zu", gab Steve ungerührt zu. "Aber instinktiv war ich auf der richtigen Spur. Okay, du hast dich vielleicht nicht ehelicher Untreue schuldig gemacht, aber wir hatten ganz bestimmt keine Ehe, die auf gegenseitiger Offenheit beruhte. Was wußte ich schon von dir?"
"Ja, was weißt du schon von mir?" höhnte Lisa.
Steves Gesicht blieb ernst. "Vielleicht bist du dir gar nicht bewußt, daß es Züge in deinem Wesen gibt, die Männer wie Harrison oder Lister für dich interessant machen. Du bist eine sehr entschlossene, gescheite Frau, Lisa. Wenn du dir was in den Kopf gesetzt hast, wirst du es auch erreichen. Aber von mir mal abgesehen, hattest du Männer wie beispielsweise Lister. Jeden, der auch nur annähernd ein intellektuell gleichwertiger Partner hätte sein können, hast du in die Flucht geschlagen."
"Du irrst, Steve. Ich hatte nur nicht das Herz, so rücksichtslos mit Menschen umzuspringen wie du", erklärte Lisa resigniert. "Ich habe dich in Aktion erlebt, Steve, vergiß das nicht. Du benutzt Menschen und wirfst sie weg, ohne jeden Skrupel."
Er lächelte freudlos. "Das tun wir beide, Lisa. Nur merkst du nicht, daß du es auch tust. Die Starken haben gegenüber den Schwachen einen gewissen Vorteil, andererseits können die Schwachen sehr wohl Kapital für sich daraus schlagen. Lister ist beispielsweise schwächer als Wright, aber der arme Wright kann daraus nicht den geringsten Vorteil gewinnen, weil Lister ihn in der Ecke hat. Stärke ist nicht notwendigerweise ein Vorteil. Frag Wright, wenn du mir nicht glaubst. Er würde sonstwas dafür geben, um Lister loszuwerden. Lister wiederum hat eine irre Angst vor Wright. Trotzdem ist er immer noch bei ihm."
"Du scheinst zu glauben, es mache mir Vergnügen, mich auf Jons und Annas Probleme einzulassen. Du irrst, Steve. Ich hatte vor wegzugehen. Und ich bleibe nur, weil Anna mich flehentlich darum gebeten hat, Jon zu helfen. Sie hat Schwierigkeiten mit ihrem Baby. Sie braucht Ruhe. Konnte ich da ablehnen?"
"Natürlich nicht", meinte Steve erstaunlich einsichtig, "aber ist es nicht doch ein
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