Princess Band 47
nicht mehr nötig."
"Für diese Aufgabe stellte man absichtlich blinde Männer ein?" Fragend sah Felicia zu Raschid auf.
"Es ist noch nicht so lange her, da galt es als große Beleidigung, wenn ein Mann in das Gesicht der Frau eines anderen sah - sowohl für den Mann als auch für die Frau. Es war ebenso unverzeihlich, als wenn in Ihrem Land ein Mann mit der Frau seines besten Freundes schliefe, obwohl auch das, wie ich gehört habe, heutzutage an der Tagesordnung sein soll."
"In den Kreisen, in denen ich verkehre, jedenfalls nicht", stritt Felicia energisch ab.
Raschid hob erstaunt die Augenbrauen. "Mir gegenüber brauchen Sie sich nicht zu rechtfertigen."
Sie gingen noch ein Stück die Hauptstraße entlang, bis Raschid sagte: "Wenn Sie jetzt genug gesehen haben, schlage ich vor, daß wir zum Wagen zurückgehen."
"Aber ich wollte doch ein Geschenk für Zahra besorgen!" rief Felicia enttäuscht.
Langsam drehte Raschid sich zu ihr um. "Sind Sie etwa nur deshalb mit mir gekommen? Woran hatten Sie denn gedacht?" Er sagte das so gleichgültig, daß Felicia richtig wütend wurde.
"Es geht nicht darum, was ich mir gedacht habe, sondern wieviel Geld ich habe." Sie zeigte auf das Juweliergeschäft hinter sich. "Dort gibt es jedenfalls nichts Passendes."
"Kein Wunder", stimmte er ihr zu, "Sadeer ist einer der teuersten Juweliere in Kuwait. Sie hoffen doch nicht, mit den Geschenken rivalisieren zu können, die Zahra von Saud und dessen Familie bekommt?"
"Ich will mit niemandem rivalisieren", entrüstete sich Felicia. "Es wäre nur sehr unhöflich und für mich peinlich, wenn ich kein Geschenk für sie hätte."
"Wollen Sie, daß ich Ihnen helfe?"
Wollte sie das? Felicia unterdrückte den Impuls, ihm zu sagen, er solle sich zum Teufel scheren, und nickte stumm. Sie glaubte, eine gewisse Genugtuung auf seinem Gesicht zu erkennen, und fand es ärgerlicher denn je, auf ihn angewiesen zu sein.
Raschid nahm ihren Arm und führte sie über die Straße. Sie wollten gerade in eine Gasse einbiegen, als eine junge Frau mit stark geschminkten Augen in Jeans und einer dünnen, ärmellosen Baumwollbluse sie grüßte. Felicia schätzte sie etwa so alt, wie sie selbst war.
Felicia konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß es Raschid lieber gewesen wäre, wenn sie sich nicht getroffen hätten, doch er hörte der Frau trotzdem höflich lächelnd zu, als sie stehenblieb und anfing, in arabischer Sprache auf ihn einzureden.
"Yasmin ist die Tochter eines meiner Freunde", erklärte Raschid Felicia in einer Atempause und forderte so die andere Frau indirekt auf, Englisch zu sprechen. "Sie hat eine Universität in England besucht." Und an Yasmin gewandt: "Miss Gordon ist eine Freundin von Faisal und wohnt für eine Weile bei uns."
"Während Faisal in New York ist?" Die Frau warf ihr langes, schwarzes Haar zurück und musterte Felicia abschätzend. "Ob er weiß, wie freundlich Sie zu seinem Freund' Raschid sind? Vielleicht macht es ihm aber auch schon nichts mehr aus, mit anderen zu teilen."
Sie war fort, bevor Felicia etwas entgegnen konnte. Raschid sah ihr mit finsterer Miene nach.
"Wenn Sie Yasmins Feindseligkeit seltsam finden, sollte ich Ihnen vielleicht erklären, daß sie eine von Faisals 'Verflossenen' ist. Es würde mich nicht wundern, wenn sie den Ausdruck 'Faisals Freundin' anders auslegte, als ich es meinte. Aber in Anbetracht ihrer Gefühle für Faisal wird sie die Neuigkeit sowieso nicht wahrheitsgetreu weitergeben."
Yasmin und Faisal! Seltsam, daß der Gedanke keine Eifersucht in ihr hervorrief, überlegte Felicia. Trotz der abfälligen Bemerkung über Raschid empfand sie sogar ein gewisses Mitleid für Yasmin. Und was das "Teilen" betraf... wenn sie wüßte, wie sie, Felicia, und Raschid zueinander standen!
Raschid führte Felicia durch ein Labyrinth verwinkelter Seitenstraßen, in denen sie hin und wieder noch ein paar alte, aus Lehmziegeln gebaute Häuser erblickte.
"Wohin bringen Sie mich?" erkundigte sich Felicia, als immer mehr verschleierte Gestalten an ihnen vorbeihuschten und exotische Gerüche die Luft erfüllten.
Raschid lachte. "Nicht zum Sklavenmarkt, wenn Sie daran denken sollten. O ja, in den abgelegenen Oasen gibt es sie heute noch. Dort werden Gefangene anderer Stämme als Sklaven verkauft. Das ist natürlich verboten, aber bis die Vergehen aufgedeckt werden, ist es meistens zu spät. Alles, was man tun kann, ist zu versuchen, die unglücklichen Opfer
Weitere Kostenlose Bücher