Princess Band 47
Frau sein würde. Aber hatte er sie nicht auch absichtlich provoziert? Er kannte ihre Angst und Unsicherheit genau und verließ sich ganz auf seine männliche Ausstrahlung. Und wie nah war sie daran gewesen, ihm zu erliegen!
Im Spiegel starrte Felicia auf ihren zitternden Mund und den müden Ausdruck in ihren Augen. Raschids Zärtlichkeiten hatten sie tatsächlich beeindruckt - viel zu sehr, mußte sie sich eingestehen. Wenn sie an die Augenblicke zurückdachte, wo er sie berührt hatte, wurde ihr ganz heiß. Wenn sie doch nur sein spöttisches Lächeln nicht immer vor sich sähe und sich endlich wieder an Faisals Gesicht erinnern könnte! Doch Raschids Persönlichkeit schien die Erinnerung an Faisals jungenhafte Züge völlig verdrängt zu haben. Felicia war ein ehrlicher Mensch, und sie sah sich gezwungen, die Tiefe ihrer Gefühle für Faisal in Frage zu stellen.
War es möglich, daß Raschid recht hatte? Daß ihre Liebe zu Faisal nur darauf basierte, was er ihr geben konnte? Nicht Geld, nein, sondern Wärme, Sicherheit, die Liebe und Geborgenheit einer intakten Familie. Je länger sie darüber nachdachte, desto plausibler kam ihr diese Erklärung vor. Sie hatte Faisals Liebe und Wärme dankbar angenommen, ohne sich klar über ihre eigenen Gefühle zu werden. Bisher war es ihr genug gewesen, geliebt zu werden, aber würde das immer so bleiben?
Sie war froh, als der Gong zum Abendessen sie aus ihren Gedanken riß. Jetzt plagten sie Zweifel, aber wenn Faisal erst wieder bei ihr sein würde... Was sie sich jedoch nicht eingestand war die Tatsache, daß Faisal es nie fertiggebracht hatte, sie körperlich zu erregen, während Raschid sie nur anzurühren brauchte, um ihr Inneres in Aufruhr zu stürzen.
Haß konnte ein ebenso starkes Gefühl sein wie Liebe, ging es Felicia durch den Kopf, während sie den Reißverschluß ihres
Chiffonkleides schloß und noch etwas Lippenstift auftrug.
Auf der Kommode vor ihr stand das Parfüm, das Raschid ihr gekauft hatte. Eigentlich wollte sie es ebenso fortwerfen wie den Briefbeschwerer, doch dann hatte sie daran gedacht, daß sie es eigentlich dem Parfumhändler zu verdanken hatte. Sie stellte das Fläschchen in die Schublade und schob es ganz nach hinten, dann ging sie nach unten.
Der würzige Duft, der ihr aus der Küche entgegenströmte, konnte Felicia an diesem Abend nicht reizen. Der Gedanke, Raschid gegenübertreten zu müssen, schnürte ihr die Kehle zu.
Zahra begrüßte sie wie immer herzlich und bewunderte ihr Kleid. "Onkel Raschid ißt heute abend nicht mit uns", erklärte sie dann. "Er hat Geschäftsfreunde zu Besuch." Felicia atmete auf.
"War die Fahrt in die Stadt, anstrengend?" erkundigte sich Zahra. "Du siehst so blaß aus."
"Ja, ein bißchen", log Felicia. Was sie in Wirklichkeit so mitgenommen hatte, war der Zusammenstoß mit Raschid und die verwirrenden Gedanken, die er in ihr hervorgerufen hatte.
"Hat Zahra Ihnen erzählt, daß meine ältere Tochter und ihre Familie uns in Kürze besuchen wollen?" fragte Umm Faisal.
Felicia schüttelte den Kopf und sah Zahra fragend an.
"Ja", bestätigte die begeistert, "Nadia will auch zur Oase kommen. Du wirst sie mögen, Felicia. Sie sieht Faisal sehr ähnlich."
Während des Essens sprachen Umm Faisal und Zahra aufgeregt von den Vorbereitungen die noch zu treffen waren, während Felicia still und in sich gekehrt dabei saß und unlustig in ihrem Essen herumstocherte.
Als es Kaffee gab, lehnte Felicia ab und entschuldigte sich.
Sie gab vor, Kopfschmerzen zu haben, was nicht einmal gelogen war. In ihrem Zimmer legte sie sich aufs Bett und ließ ihre Gedanken schweifen.
Ein Klopfen an der Tür ließ Felicia hochschrecken. Sie setzte sich auf und lächelte Selina, die den Kopf zur Tür hereinsteckte, freundlich zu.
"Die Sitt wird in Scheich Raschids Arbeitszimmer erwartet."
Zuerst dachte Felicia, sie hätte sich verhört, da das Englisch des Dienstmädchens nicht ganz einwandfrei war. "Scheich Raschid hat doch Besuch von Geschäftsfreunden, Selina."
"Die Freunde sind fort", antwortete Selina. "Wenn die Sitt jetzt kommen will?"
Was Raschid wohl von ihr wollte? Felicia zögerte, aber Selina wartete offensichtlich. Felicia gab sich einen Ruck. Was konnte Raschid ihr schon anhaben?
Raschids Wohnung hatte einen eigenen Eingang, und in der großen, mit kostbaren Perserteppichen ausgelegten Halle verbreiteten altmodische Öllampen ein sanftes Licht.
"Das ist das Arbeitszimmer des Scheichs, Sitt", sagte
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