Princess Band 47
bitteren Erkenntnis.
Felicia beobachtete, wie Zahra einen weiteren Stoß Kleider aus dem Schrank nahm, um ihn für die Reise in die Oase einzupacken. "Kein Wunder, daß Raschid sich aus dem Staub gemacht hat", lachte Zahra verschmitzt. "Bei der Unordnung hier würde er sich vorkommen wie in einem Irrenhaus."
Raschid war bereits abgereist - angeblich, um in der Oase die nötigen Vorbereitungen für die Ankunft der Gäste zu treffen. Doch wenn er nur einen Funken Anstand besaß, sagte Felicia sich, würde er sie ebenso meiden wie sie ihn.
Nie in ihrem Leben würde sie vergessen, wie er ihr kalt und mit voller Berechnung alle Illusionen geraubt hatte. Nachts träumte sie von ihm, von seinem kühlen Blick und seinen geschickten Händen, und wenn sie dann schweißgebadet aufwachte, zitterte sie vor Angst am ganzen Körper.
"Es ist schade, daß Raschid Faisal nicht kommen lassen kann", meinte Zahra bedauernd.
Wenn sie wüßte, aus welchen Gründen Faisal nicht kommen konnte, dachte Felicia und reichte Zahra ein paar Kleider. "Du hast unglaublich viel anzuziehen", wechselte sie das Thema.
"Raschid gibt mir ein sehr großzügiges Taschengeld", erklärte Zahra und reichte Felicia einen hauchdünnen, orangeroten Anzug, bestehend aus einer Pumphose und einem boleroartigen Oberteil. "Wie findest du das? Raschid würde toben, wenn er es sähe. Aber Saud findet es schade, daß es keine Haremstänzerinnen mehr gibt, und da habe ich mir gedacht..."
Zahra wurde ein wenig verlegen, und Felicia faltete den Anzug lächelnd zusammen. "Ich verstehe." Als sie ihn jedoch ihrer Freundin zum Einpacken reichte, wehrte Zahra ab.
"In meinen Koffer geht das nicht mehr, er ist schon viel zu voll."
"Ich habe noch Platz. Aber warum willst du ihn überhaupt mitnehmen? Vor der Hochzeit wirst du ihn doch nicht tragen, oder?"
"Ich traue mich nicht, ihn hier zu lassen. Eins der Dienstmädchen könnte ihn sehen, und Mutter würde es auch nicht verstehen."
"Ach so." Zahra war offensichtlich sehr in Saud verliebt, und Felicia überlegte, nicht ohne Neid, wie es wohl sein mochte, sich auf die Hochzeit vorzubereiten. Hatte sie sich jemals so darauf gefreut, mit Faisal Zusammensein zu können, wie Zahra sich auf Saud freute? Sie fragte sich, ob sie überhaupt fähig war, auf die Liebe eines Mannes zu reagieren. Hatte die Ablehnung ihres Onkels in ihrer Kindheit dazu geführt, daß sie unfähig war, Liebe zu geben und zu empfangen? Andererseits, auf Raschid hatte sie reagiert, ohne daß sie ihn liebte. Im Gegenteil, sie haßte ihn. Er schien entschlossen zu sein, sie psychisch zugrunde zu richten, und dazu war ihm jedes Mittel recht. Sie legte das Päckchen in ihren eigenen Koffer und richtete sich wieder auf.
Die Oase lag gar nicht so weit entfernt, doch die Reise würde sie durch die Wüste führen, und dafür mußten besondere Vorkehrungen getroffen werden. Sie wollten mit vier Wagen fahren: Umm Faisal, Zahra und Felicia in dem Mercedes, die Dienstboten und das Gepäck in drei weiteren Wagen.
Felicia hatte die Sorgfalt anfänglich ein wenig belächelt, sie änderte ihre Meinung jedoch, als Zahra ihr erzählte, wie es anderen, weniger vorsichtigen Reisenden ergangen war, die sich nicht um genügend Wasser, Benzin und Ersatzreifen gekümmert hatten. Selbst ein erfahrener Wüstenreisender konnte von einem Sandsturm, der die Straße verwehte, oder einem spitzen Stein, der ein Loch in den Benzintank schlug, überrascht werden.
Obwohl es bis zu der Oase höchstens einhundert Meilen waren, kam die Strecke Felicia viel länger vor. Trotz der Klimaanlage war es unerträglich heiß im Wagen. Der erste Wagen hatte es am besten: während er nach vorn freie Sicht hatte, wirbelte er ganze Wolken des feinen Wüstensands auf, der den Nachfolgenden in Mund, Nase und Augen drang.
"Jetzt sind wir bald da", rief Zahra fröhlich, als die grünen Bäume der Oase in Sicht kamen. "Es wird dir gefallen, Felicia. Ich glaube, Raschid sieht die Oase als unser eigentliches Zuhause an. Faisal macht sich allerdings nicht soviel daraus. Aber bei dir habe ich das Gefühl, daß du unser Land magst, und deshalb wird es dir dort auch sicher gefallen."
Ja, Felicia mußte zugeben, daß dieses Land sie in seinen Bann gezogen hatte. Unter anderen Umständen hätte sie sich leicht damit abfinden können, hier zu leben.
"Morgen kommt Nadia", fuhr Zahra fort. "Ich freue mich schon riesig darauf, sie wiederzusehen."
Hoffentlich, dachte Felicia, ist Nadia ebenso nett
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