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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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sich sein Verstand konzentrierte, war Isaacs Sänfte.
    Unmittelbar vor und nach der Explosion hatte an der Stelle, an der Daniel gerade der Droschke entstiegen war – dort in dem gewölbten Tunnel, wo der Crane Court in die Fleet Street mündete – eine Sänfte verharrt.
    Heute Abend war der Court fast blockiert von einem Fäkalienwagen, der vor einem der Stadthäuser vorgefahren war, um die Sickergrube zu leeren. Daniel wich zur Seite aus, denn er gedachte ihn möglichst weiträumig zu umgehen, um nicht bespritzt zu werden. Doch ehe er das tat, blickte er sich um in Richtung Fleet Street und spähte in den Bogengang. Goldenes Licht von Walrat-Straßenlaternen in der Fleet Street schimmerte hindurch, genau wie am Abend der Explosion.
    An jenem Sonntagabend hatte die Einfahrt die geheimnisvolle Sänfte umrahmt, die genau in deren Mitte stand, eine in dem Lichtgewölbe schwebende, schwarze Tür. Sie war ihnen bis zu dieser Stelle gefolgt, hatte innegehalten, auf die Explosion gewartet (so schien es jedenfalls) und war dann geflüchtet, nur kurz von dem glücklosen Wächter verfolgt.
    Isaac hatte früher am Tage etwas des Sinnes gesagt, er sei schockiert gewesen, Daniel in Gesellschaft von Mr. Threader reisen zu sehen. Das ließ sich auf mehr als eine Weise interpretieren; doch die naheliegendste Bedeutung war, dass er sie beide buchstäblich miteinander in Mr. Threaders Kutsche beobachtet hatte.
    Und das konnte nur in den Minuten vor der Explosion entlang dem Fleet Ditch geschehen sein. Vielleicht hatte Isaac in jener Sänfte gesessen. Vielleicht war es nichts weiter als ein Zufall gewesen, dass er sich ein kurzes Stück weit Mr. Threaders Kutsche angeschlossen hatte. Vielleicht war er von irgendeiner Besorgung – und es müsste eine wirklich sehr finstere und seltsame gewesen sein – in den gefährlichen Gassen am Ostrand des Ditch gekommen und zu seiner Wohnung in der Nähe der Leicester Fields unterwegs gewesen. Aber warum hatte er dann in der Einfahrt des Crane Court angehalten?
    Daniel drehte sich um und fasste den Bogengang erneut ins Auge, bemüht, sich die verblassende Erinnerung zu vergegenwärtigen.
    Doch anstatt das Erinnerungsbild des schwarzen Kastens zu sehen, sah er, wie sich ein mit Gliedmaßen versehener Schatten von einer Seite des Bogens löste und quer hindurchflitzte. Es war ein Mann, der dort gelauert und sich gerade in die Fleet Street abgesetzt hatte. Gleich darauf hörte Daniel, wie Hufeisen auf den spröden Quadersteinen der Straße Funken schlugen. Es war ein Reiter, der abgesessen war und sein Pferd leise zur Einfahrt geführt hatte, um Daniel unauffälliger nachspionieren zu können. Wahrscheinlich hatte er Daniel in den von dem Fäkalienwagen geworfenen Schatten aus den Augen verloren und beschlossen, Feierabend zu machen.
    Sein Gedankengang bezüglich der Sänfte war Daniel entglitten. Er drehte sich um und ging rasch weiter, bis seine Nasenlöcher und seine Augen nicht mehr von der Ammoniakwolke brannten, die den Fäkalienwagen umgab. Er war kaum überrascht, Schritte hinter sich zu hören.
    »Seid Ihr der Mensch, den Saturn Doc nennt?«, sagte ein halbwüchsiger Knabe. »Rennt nicht weg, ich bin kein Straßendieb.«
    Daniel erwog, stehen zu bleiben, vermutete jedoch, dass der Junge mit ihm Schritt halten konnte. »Bist du von der schwarzen Garde?«, fragte er.
    »Nein, Doc, aber ich hab hohe Ziele.«
    »Na schön.«
    »Das wär dann für Euch«, sagte der Junge und hielt ihm ein mehrfach gefaltetes Stück Papier hin, das im Vergleich zu seiner schmutzigen Hand sehr weiß war. Daniel nahm es. Der Junge flitzte durch den Hof davon und kletterte auf den Fäkalienwagen, mit dem er hergekommen war. »Hübsche Uhr habt Ihr da – behaltet sie mal lieber im Auge!«, rief er, was wohl ein Scherz sein sollte.
    Henry Arlanc ließ Daniel ein und half ihm, Rock und Spazierstock zu verstauen. »Es ist eine große Ehre, zum Sekretär Eures Clubs ernannt worden zu sein, Sir«, bemerkte er. »Ich habe gerade eine Abschrift des heutigen Sitzungsprotokolls gefertigt.«
    »Ihr werdet das sehr gut machen«, versicherte ihm Daniel. »Ich wünschte nur, unser Club hätte als Treffpunkt ein hübsches Haus und böte Speisen und Getränke an.«
    »Dafür habe ich die Royal Society, Doktor.«
    »Ja, aber Ihr seid nicht deren Sekretär.«
    »Ich könnte es sein. Wenn es die Aufgabe eines Sekretärs ist, das Kommen und Gehen, Tun und Diskutieren vollständig zu erfassen, so habe ich das alles hier«, sagte der

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