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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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nützt Euch das?«
    »Immer eine wichtige Frage, die man stellen muss. Ich bin derzeit in so etwas wie einem Duell mit dem Viscount Bolingbroke begriffen – eben demjenigen, dem Ihr Eure jüngsten Qualen in den Verliesen des Tower zu verdanken habt. Bei einem Duell ist es Sitte, dass jeder Teilnehmer einen Sekundanten hat: einen Freund, der hinter ihm steht, um ihn zu unterstützen. Wirklich etwas tun muss der Sekundant selten. Ihr könnt Euch die Bataillone der Whig-Vereinigung als meinen Sekundanten vorstellen. Was Bolingbroke angeht, so hat er schon immer die Queen’s Messengers gehabt, und nun hat er auch noch einen Großteil Eures alten Regiments in der Tasche. Die meisten anderen Regimenter sind zu eingeschüchtert, um sich gegen ihn zu stellen. Es ist wichtig, dass ich mich nicht einschüchtern lasse, Sergeant Shaftoe. Eine Armee in Ravenscar zu haben verschafft mir ein angenehmes Gefühl.«
    »Aber wo soll das alles enden? Mr. Charles White hat mir eine Menge merkwürdiger Fragen über die Pyx und die Münze und meinen Bruder gestellt. Er plant irgendetwas -«
    »Ach was, geplant hat er es schon vor Jahren. Im Augenblick führt er es aus. Ich bin derjenige, der etwas plant.«
    »Einen Krieg?«
    »Etwas viel Schlimmeres: eine parlamentarische Untersuchung. Heute habe ich Bolingbroke einen Nasenstüber versetzt, indem ich seinen Lieblingszeugen – Euch – aus dem Tower habe verschwinden lassen. Morgen in Westminster werde ich ihn mit einem Vorschlaghammer aufs Haupt schlagen. Er wird schrecklich zornig auf mich sein. Ich werde seinen Zorn weniger fürchten, wenn ich weiß und wenn er weiß, dass Ihr und andere wie Ihr in den North York Moors exerzieren.« Nun legte Ravenscar die Zügel des Pferdes gewaltsam in Shaftoes steife, geschwollene Hand.
    »Was um Gottes willen werdet Ihr mit ihm machen?«, fragte Shaftoe.
    »Sagen wir einmal, ich habe allen meinen Freunden gesagt, sie sollen Anteile der South Sea Company ohne Deckung verkaufen.«
    »Was zum Teufel bedeutet das?«
    »Es bedeutet, dass dieser Company bittere Tage bevorstehen. Wir wären den ganzen Tag hier, wenn ich versuchte, das alles zu erklären – reitet los! Macht Euch fort! Die Hinrichtungsprozession wird Eure Bewegungen tarnen, aber nicht für alle Ewigkeit! Sitzt auf!«
    Shaftoe tat wie geheißen. Dann schnitt er eine Zeitlang Grimassen, während verschiedene Teile seines Körpers Protest einlegten. Die beiden Dragoner traten von beiden Seiten neben sein Pferd und machten sich daran, die Steigbügel zu verlängern.
    Aus dem Nebel tauchten, ein Kirchenlied singend, ein Dutzend Barkers auf – unterwegs nach Tyburn, um gegen irgendetwas zu protestieren. Die beiden Mohawks ritten los, um sie in eine andere Richtung zu scheuchen. Einer der Barkers schob eine Schubkarre, die, weil schwer mit Flugschriften beladen, immer wieder im Matsch steckenblieb.
    »Ich wünschte, ich könnte es miterleben – was immer Ihr mit Bolingbroke macht, meine ich«, sagte Sergeant Shaftoe und hörte sich dabei so sehnsüchtig an, wie es einem Mann seines Charakters nur möglich war.
    »Nein«, versicherte ihm Ravenscar, »nein, das wünscht Ihr nicht. Glaubt mir, von den großen Ereignissen im Parlament hört man besser nur, als dass man sie erleidet. Aber dass wir uns nicht missverstehen, es wird ein großes Ereignis sein. Nachdem ich der Welt mitgeteilt habe, was ich über Bolingbroke und darüber, was er mit dem Geld aus dem Asiento tut, weiß, werden wir, jedenfalls eine ganze Weile, nichts mehr von einer Münzprobe hören.« Roger trat einen Schritt zurück und versetzte dem Pferd einen Klaps auf die Kruppe. Es begann loszutrotten. Die beiden Dragoner, die aufgesessen waren, schlossen sich an. Roger rief ihnen nach: »Und ich vermute, dass ich obendrein auch noch meine Gesetzesvorlage zum Längengrad durchbringe!«

Clerkenwell Court
    19. JUNI 1714
    Es wird angeordnet, dass die Direktoren der South Sea
Company vor diesem Haus Bericht erstatten über alle
mit dem Asiento- Handel in Zusammenhang stehenden
Vorgänge in besagter Company; ferner über alle Befehle,
Anweisungen, Briefe oder Mitteilungen, welche die Direktoren
oder ein Ausschuss von Direktoren in dieser
Angelegenheit erhalten haben.
    Journals of the House of Commons,VENERIS , 18 ° DIE JUNII;
ANNO 13°ANNÆ REGINÆ, 1714
     
     
     
     
    Eine Viertelmeile südlich von dem Knick in der Straße, wo Roger Comstock Bob Shaftoe kennengelernt hatte, konnte der kluge Mann die Grenze Londons anhand der

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