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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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beinahe zwanzig Jahren mit der Verfolgung von Falschmünzern befasst bin, was mir Grund zu der Annahme gibt, dass einige meiner wohl überlegten und mit Bedacht niedergeschriebenen Gedanken und Ansichten von hinreichendem Interesse für den Club sein könnten, um die paar Minuten wettzumachen, die es braucht, um sie zu lesen.
    Ich hätte Partry nicht gedungen. Dieser Schachzug, einen Diebesfänger anzustellen, um in die üblen und gefahrvollen Gefilde vorzudringen, die den natürlichen Lebensraum von Falschmünzern bilden, ist durchaus verständlich, denn für einen Gentleman ist es natürlich ebenso abstoßend wie gefährlich, sich an solche Orte zu gewöhnen. Aber Diaz hätte niemals das Kap der Guten Hoffnung gefunden, hätte er nicht mutig die Reise angetreten und sich mit seiner eigenen Person der Gefahr entgegengestellt. Und in den Annalen der Royal Society finden sich zahlreiche Berichte von Naturphilosophen, die sich ekelerregenden und gefährlichen Umständen aussetzten, bis hin zum Opfern von Gliedmaßen oder Leben, weil für die von ihnen angestrebten Ziele keine anderen Mittel zur Verfügung standen. In Anbetracht dessen habe ich es mir schon vor langem zur Gewohnheit gemacht, mein Äußeres zu verändern, indem ich nämlich brasilianischen Latex auf mein Gesicht auftrage, um mir eine pockennarbige Visage zu verpassen etc., etc, und mich solchermaßen verkleidet inkognito in Gefängnisse, Spelunken, Tavernen etc. zu begeben, wo ich mit meinen eigenen Sinnen Dinge sehe und höre, die deutlich wahrzunehmen oder mir zusammenhängend wiederzugeben ich einem abgefeimten Diebesfänger niemals zutrauen würde.
    Partry stand bereits auf der Gehaltsliste des Clubs, als mir die Ehre der Mitgliedschaft zuteil wurde, und ich möchte mir nicht anmaßen, jetzt seine Entlassung zu empfehlen. Partry im gegenwärtigen Stadium der Auktion zu feuern, würde nur allergrößtes Unbehagen aufseiten des Käufers hervorrufen. Beim Durchgehen dieses Logbuchs drängt sich mir jedoch die Erkenntnis auf, dass abgesehen von ein paar flüchtigen und unscharfen Blicken durchs Fenster sämtliche Eindrücke, die der Club vom Tatler-Lock gewonnen hat, von Mr. Partry stammen. Um sicherzugehen, dass er Euch nicht, wie Hamlets Onkel, im Schlafe Gift ins Ohr geträufelt hat, beschloss ich, Mr. Partry an diesem Abend bei seinem Besuch im Tatler-Lock zu begleiten. Dr. Waterhouse riet mir aus Sorge um mein Wohl, nicht hinzugehen, aber da er mich gut kennt, gab er sich geschlagen, bevor seine Warnungen mir lästig wurden. Von Partry kam heftiger Widerstand gegen diesen Plan, was erst einmal meinen Argwohn erregte; doch nachdem die erste Verblüffung bei ihm abgeklungen war, gab er seine Zustimmung. Allerdings nur widerwillig, bis er sich angesichts der Verwandlung meines Äußeren durch das nur wenige Augenblicke dauernde Hantieren mit Latex und Hautkleber, den Wechsel der Kleidung und die Veränderungen in Körperhaltung und Gang mit dem Gedanken anfreundete und keine weiteren Einwände mehr vorbrachte. In einem Abstand von zehn Minuten machten wir uns auf den Weg. Ich ging zuerst unter dem Vorwand, ein Uhrenverkäufer zu sein, den schlechte Zeiten ereilt hatten und der seinen Warenbestand zu Preisen auffüllen wollte, die außerhalb der Reichweite ehrlicher Leute lagen. Erst nachdem ich mich in der Eingangshalle verborgen hatte, kam Mr. Partry mit der in schwarzes Tuch gewickelten Kiste herein. Darin befand sich die erste Seite der Rezeptur, die von mir und Dr. Waterhouse präpariert worden war.
    Weitere Einzelheiten zu berichten, wäre müßig, da alles, was ich dort beobachtete, mehr oder weniger dem Eindruck entsprach, den Mr. Partry Euch vermittelt hatte. Meine Verdächtigungen, zumindest was das Tatler-Lock und die Vorgänge rund um die Auktion betraf, haben sich als unbegründet erwiesen. Die Kiste steht im Auktionsraum, wo sie der Beachtung des Käufers harrt. Partry ist weggegangen, dorthin, wo er seine Nächte verbringt. Dr. Waterhouse ist während unserer Abwesenheit mitten in seinem Wachdienst eingeschlafen: in der Armee ein Verstoß, der die Prügelstrafe nach sich zieht, im Club ich weiß nicht, was. Ich werde den ersten Teil der Nachtwache selbst übernehmen und ihn Schlag zwei aufwecken.
    Sir Isaac Newton
    19. Juli morgens
    Sir Isaac hat nicht versäumt, mich pünktlich zur angegebenen Zeit zu wecken. Ich habe seitdem nichts bemerkt. Aber ich wäre nicht ganz ehrlich, wenn ich behauptete, dass meine Augen für die ganze Dauer der

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