Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
dazu angetan, Daniel wissen zu lassen, dass das, was er da sah, ihm nicht sonderlich gefiel. Vielleicht war es ein kleiner Akt der Barmherzigkeit, dass Isaac keine zermürbenderen Fragen stellte als »Was willst du mir denn hier zeigen?« . Denn als Daniel sich im Hof umschaute, bemerkte er, dass die Arbeit an der Logikmühle sehr langsame Fortschritte machte. Wäre er verantwortungsbewusster gewesen, hätte ihn das beunruhigen müssen. Hätte er sich selbst als Führungspersönlichkeit gesehen, hätte er Maßnahmen ergreifen müssen, um diese ziellosen ingénieurs zur Ordnung zurückzurufen. So sehr bewegte ihn das jedoch nicht. Er hatte diese Männer hier zusammengebracht und ihnen gegeben, wonach sie sich am meisten sehnten: die Freiheit, Dinge zu tun und an dem zu arbeiten, was sie gerade am meisten interessierte. Mehrere Monate lang war die Logikmühle das Interessanteste gewesen, und sie hatten alle gerne zusammen daran gearbeitet, ohne dass man sie dazu hätte auffordern müssen. In letzter Zeit hatten sie sich für neue Abenteuer interessiert. Für eine Weile hatte Daniel sich über ihren Wankelmut geärgert. Dann hatte er sich überlegt, dass die Welt jetzt, im Juli 1714, plötzlich voller interessanter Projekte für Leute wie diese war: genug, um sie alle über hunderte von Jahren zu beschäftigen. Wenn sie ihre Aufmerksamkeit von der Logikmühle abwandten, wer war Daniel, dass er ihnen befahl, sich nicht für Funken oder Dampf zu interessieren? Und wenn Isaac von der Maschine zur Hebung von Wasser mittels Feuer gelangweilt war, welche Macht oder welches Recht hatte Daniel, ihm das zu untersagen? Sie war nicht mehr als eine größere Version der Verdünnungsmaschine von Boyle/Hooke, und die war schon fünfzig Jahre alt.
    »Nichts«, antwortete Daniel schließlich. »Es ist nur eine bequeme Art, das Haus zu verlassen, ohne von Viehzeug überrannt zu werden.« Er führte Isaac auf einen Seitenausgang des Hofes zu, und Saturn – der zurückgefallen war, weil er zwei junge Burschen vom Würfelspiel auf einem Fassboden weggeholt hatte – kam herbeigerannt, um den schweren Riegel beiseitezuschieben. Die zwei Würfelspieler setzten sich, obwohl keiner von ihnen an Rheuma zu leiden schien, mit dicken Wanderstöcken ausgerüstet hinter Daniel und Isaac in Bewegung.
    Angeführt von Saturn und gefolgt von den zwei Haudegen, machten Daniel und Isaac sich nun auf einen kleinen Landspaziergang. Sie bewegten sich durch ein zerfranstes Netz aus Pfaden und Gassen, die sich um kleine Dreckparzellen am Rand der Metropole wanden, von denen manche noch Schafweiden oder Rübenfelder, andere schon richtige Baustellen waren. Eines Tages würden sie Straßen sein, aber jetzt waren sie für jeglichen Verkehr, abgesehen von zwei älteren Spaziergängern mit ihrer Vor- und Nachhut, noch zu schmal, weich und gewunden. »Von hier aus können wir recht bequem Richtung Norden wandern.«
    »Was liegt denn nördlich von hier und ist einen Fußmarsch wert?«, wollte Isaac wissen. Daniel überhörte die Frage, und Isaac fasste nach kurzem Zögern neben ihm Tritt.
    »Das von Mr. Partry vorgeschlagene Arrangement wird nicht funktionieren«, beharrte Daniel. »Wir brauchen morgen Antworten – am besten schon heute Nacht, falls der Gefangene zum Reden gebracht werden kann.«
    »Hat das etwas mit dem zu tun, was heute in St. James’s passiert ist?«, fragte Isaac. »Eine solche Dringlichkeit habe ich bei dir ja noch nie erlebt.«
    »Die Ereignisse haben uns überholt; jetzt müssen wir gleichziehen«, sagte Daniel. »Bolingbroke hat einen Plan. Ich weiß nicht, worum es geht. Es könnte ein völlig unsinniger Plan sein oder ein brillanter. Seltsamerweise ist das aber nicht von Bedeutung. Tatsächlich von Bedeutung ist, dass er einen Plan hat, dass er sich regt, dass er handelt und alle anderen gezwungen sind, ihn zu beobachten und zu reagieren. Er steht im Zentrum der Aufmerksamkeit, was, wie ich allmählich vermute, für ihn wichtiger ist als ein bestimmtes Ziel. Wer dagegen keinen Plan hat, ist Mylord Oxford, bis vor kurzem noch Schatzkanzler -«
    »Was meinst du mit bis vor kurzem ? Soll das heißen, dieses Königreich hat seit heute einen neuen Schatzkanzler?«
    »Das habe ich nicht gesagt – nur, dass Oxford gegangen ist. Heute hat er der Königin im Kronrat den Weißen Stab zurückgegeben.«
    »Aus freien Stücken oder -«
    »Sie hat es von ihm verlangt. Merkwürdige Vorstellung, dass jemand so Schwächliches überhaupt etwas verlangt;

Weitere Kostenlose Bücher