Principia
seitlich aus dem Fahrzeug herausragte. Und so konnte Eliza, die völlig erschlagen rücklings auf der zerbrochenen Tür lag, den Kopf drehen und nur wenige Zoll von ihrer Nase entfernt Pflaster vorbeirauschen sehen, das ihre kastanienbraun gefärbte Perücke mitnahm.
Doch bald darauf wurde das Pflaster langsamer und hielt an. Die Pferde – die jetzt ohne Lenker sein mussten – hatten gefunden, dass der Ort, den sie erreicht hatten – der Vorhof der Oper, wie es aussah -, sicherer war als alles andere in Sichtweite, und daraufhin beschlossen, hier anzuhalten. Eliza begann mit dem Versuch, sich durch die halb geöffnete Tür hinauszuwinden; sie dachte, zwischen dem Boden und der Kutschenseite gäbe es genug Platz für ihren Körper. Das erwies sich sehr bald als übertrieben optimistisch, denn die Tür stand nicht weit genug offen, um sie hinauszulassen. Sie bekam den Kopf, eine Schulter und einen Arm hindurch, aber der Rest von Eliza würde nur frei kommen, wenn jemand die Tür abnahm. Diese wurde von Scharnierbändern aus Ochsenhaut gehalten. Elizas linker Arm war noch gefangen, aber sie konnte ihn hin und her bewegen und eins der Scharnierbänder ertasten. Im Rockbund hatte sie einen kleinen türkischen Dolch aus Damaszenerstahl, eine üble alte Angewohnheit. Sie fand ihn mit der linken Hand und zog ihn heraus. Ein paar Augenblicke später sägte sie an einem der ledernen Scharnierbänder herum.
Und damit war sie noch beschäftigt, als ein Paar polierte schwarze Reitstiefel sich vor ihrem Gesicht aufpflanzten. Der Saum eines langen dunklen Umhangs wallte wie eine dunkle Wolke um sie herum. Eine kastanienbraune Perücke fiel aufs Pflaster. »Ihr seid nicht die Frau, die ich gesucht habe«, sagte eine Stimme auf Französisch.
Eliza blickte weit, weit nach oben, wo sie Pater Édouard de Gex auf sie herunterstarren sah. Er schwitzte stark. »Aber Ihr tut es auch, Madame, Ihr tut es auch.« In seiner behandschuhten Hand drehte er einen Dolch, der im Licht der allerorten um sie aufflammenden Feuer ölig glänzte.
Zum Schwarzen Hund, Newgate - Gefängnis
EINIGE MINUTEN FRÜHER
»Ich habe das schwere Gold. Das wisst Ihr«, sagte Jack.
»Das Salomonische Gold?«, korrigierte Isaac ihn.
»Komisch, so nennt Pater Ed es auch. Wie immer Ihr es nennt, ich habe es, und ich weiß, wo ich noch mehr davon bekommen kann. Nehmen wir nun einmal an, Bolingbroke verlangt eine Münzprobe. Der Probierofen des Prüfers wird in der Sternkammer aufgestellt. Eine aus Londoner Goldschmieden bestehende Kommission wird die Pyx öffnen und eine Auswahl an Münzen herausnehmen -«
»Münzen, die Ihr hineingelegt habt«, sagte Isaac.
»Was Ihr nicht beweisen könnt – aber in jedem Fall seid Ihr für jede dieser Münzen verantwortlich«, erinnerte Jack ihn. »Zuerst wird man sie zählen und wiegen. Und es wird Euch überraschen, Ike, zu hören, dass die Münzen, die ich hineingelegt habe, diese erste Prüfung bestehen werden.Wisst Ihr, ich habe die Schrötlinge etwas dicker gemacht – nicht genug, dass Ihr es merken würdet, wenn Ihr sie zwischen den Fingern haltet, aber genug, um ihnen das gesetzliche Gewicht zu verleihen, obwohl sie mit einem unedlen Metall legiert sind.«
»Aber wenn sie geprüft werden -?«, sagte Daniel.
»Wenn ebendiese Münzen im Probiertiegel geschmolzen werden, um die Goldmenge in ihnen zu messen, wird man feststellen, dass ihnen etwas fehlt. Und an dieser Stelle kann ich Euch von Nutzen sein, Ike, Euch und diesem Marquis, der Euch Euren Posten an der Münze verschafft hat.«
»Ihr könnt mir schweres Gold, wie Ihr es nennt, beschaffen.«
»So ist es. Dieses wird mit einer gewissen Fingerfertigkeit in den Probiertiegel geschmuggelt – eine leichte Übung, keine Sorge -, die Probe etwas schwerer machen und genau die erwarteten Zahlen herauskommen lassen.«
Isaac Newton, der von all dem, was hier in Newgate in seine Nasenlöcher drang und an seinen Schuhsohlen kleben blieb, seltsam ungerührt geblieben war, wurde hiervon übel. Jack Shaftoe brauchte nicht lange, um das zu merken und den Grund dafür zu erkennen. »Ich widere Euch an, Ike, aus demselben Grund, aus dem ich auch Pater Ed anwidere, nämlich dass für mich das schwere Gold nichts anderes ist als das. Und wenn ich es Euch als Teil unseres heutigen Geschäfts anbiete, biete ich es Euch nicht als geheimnisvolle Essenz für Eure göttliche Hexerei an, sondern als ein Quäntchen zusätzliches Gewicht, um bei der bevorstehenden Münzprobe Euren Arsch
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