Principia
einen Moment lang, ob und wenn ja, wie er versuchen sollte, Salomon vorzustellen, aber Isaac war aufgestanden und stapfte davon. In der Tür der Schänke streifte er einen Burschen, der gerade hereinkam. Obwohl er nicht die erlauchteste Person war, die dieses Etablissement je betreten hatte (eine Ehre, die wohl Peter – oder, wer weiß, vielleicht auch Salomon – zustand), war er unbestreitbar die bestgekleidete und auf eine Entfernung von tausend Yard als Höfling zu erkennen. Daniel, der hinter dem Tisch eingepfercht war, winkte mit einer Hand, bis der Neuankömmling ihn bemerkte und mit einem Ausdruck der Verwirrung im Gesicht auf ihn zukam. »War das -?«
»Sir Isaac Newton? Ja. Daniel Waterhouse, zu Euren Diensten.«
»Tut mir schrecklich leid, hier einzudringen«, sagte der Höfling, »aber dem Hof ist zu Ohren gekommen, dass ein bedeutender Mann sich inkognito in London aufhält.«
»Das ist richtig.«
»Aus Moskowien, heißt es.«
»Ebenfalls richtig.«
»Die höchste Dame besagten Hofes ist todkrank. In ihrem Namen bin ich gekommen, um besagten Gentleman willkommen zu heißen und den nötigen Formalitäten Genüge zu tun.«
Daniel deutete mit dem Kopf durchs Fenster auf das Handgemenge. »Wie wir in Boston sagen: Stellt Euch hinten an.«
»Haltet nach dem Burschen mit der Zobelmütze Ausschau«, sagte Leibniz auf Französisch, »das ist der Kammerherr, vielleicht könnt Ihr es mit ihm abhandeln.«
Der Höfling verbeugte sich und ging.
»Wie unschwer zu erkennen«, sagte Leibniz, »ist meine Ankunft in London die Folge höherer Gewalt und nicht etwa Teil eines zusammenhängenden Plans. Aber wo ich nun schon einmal hier bin, dachte ich, ich könnte noch ein wenig bleiben und versuchen, mich mit Newton auszusöhnen.«
»Dann muss ich Euch leider sagen«, erwiderte Daniel, »dass Eure zeitliche Planung schlechter nicht hätte sein können, denn diese Geschichte mit dem Gold wird alles noch komplizierter machen, als Ihr es Euch vorstellt.«
Er fürchtete schon, jetzt in eine Diskussion über Alchimie eintreten zu müssen, aber Leibniz nickte und sagte: »Ich kannte einen Herrn in Leipzig, der auch sehr an diesem Gold interessiert war.«
»Das schwere Gold ist hier insofern von großer politischer Bedeutung, als es letztlich darüber entscheiden könnte, ob Newton eine Münzprobe übersteht oder nicht.« Dazu musste er nun einige Erklärungen in Bezug auf Jack den Falschmünzer, Bolingbroke und den Club liefern.
Alles in allem schien Leibniz das für eine gute Nachricht zu halten. »Das klingt doch, als wäre dieses Problem durchaus zu beheben. Falls das Geschäft, das Ihr mit Jack ausgehandelt habt, wie geplant vonstatten geht, wird Newton bekommen, was er braucht, um die Münzprobe zu überstehen. Und falls nicht, tja, wie schwierig kann es denn sein, eine Falschmünzerbande ausfindig zu machen, wenn Newton, Waterhouse und Leibniz zu den Diebesfängern gehören und wenn zwei der Oberverbrecher – Édouard de Gex und Jewgeni, der Diebesfänger – kürzlich in Stücke gehauen wurden?« Die Schlägerei war nämlich offensichtlich vorbei, und wenn der Zar als Verlierer daraus hervorgegangen wäre, hätten sie das wohl inzwischen mitbekommen.
»Mir fällt es schwer zu glauben, Gottfried, dass an diesem Punkt in Eurer Laufbahn Euer dringendstes Bedürfnis wirklich darin besteht, Euch in den übelsten Vierteln von London herumzutreiben und eine Verbrecherbande zu verfolgen.«
»Also gut, ich gebe zu, dass das ein Vorwand ist.«
»Und was ist Euer wahrer Beweggrund?«
»Ich möchte ein letztes Mal versuchen, zu einer Versöhnung mit Newton zu gelangen und den Streit um den Kalkül auf eine Weise beizulegen, die nicht schmutzig ist.«
»Ein viel vernünftigeres und edleres Motiv«, sagte Daniel. »Nun lasst mich Euch aber erklären, warum das nicht funktionieren wird und warum Ihr einfach nach Hause gehen solltet.« Und dann hielt er ihm wider bessere Einsicht einen kleinen Vortrag über Alchimie, in dem er erklärte, dass Newtons Wunsch, die Kontrolle über das Salomonische Gold zu besitzen, nicht nur aus der praktischen Notwendigkeit erwuchs, die Münzprüfung zu überstehen, sondern aus dem Streben nach dem Philosophischen Merkur und dem Stein der Weisen.
Aber es war vergebens. Es bestärkte Leibniz nur in seinem Wunsch, in London zu bleiben. »Falls es stimmt, was Ihr sagt, Daniel, heißt das, dass die Wurzel des Problems in einer philosophischen Verwechslung aufseiten Newtons liegt. Und wie
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