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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Principia nicht gelesen? Die mechanische Welt existiert, die mechanistische Philosophie beschreibt sie.«
    »Dr. Waterhouse würde sagen, dass der Mechanismus nicht nur die Hälfte , sondern alles beschreibt«, sagte Leibniz. »Ich vertrete den entgegengesetzten Standpunkt, nämlich, dass das Vegetabile alles und das, was wir für mechanisch halten, nur die Oberfläche ihm zugrunde liegender Prozesse ist, die ganz und gar nicht mechanisch sind.«
    »Auf eine zusammenhängende Erklärung warten wir noch«, sagte Isaac.
    »Einer mechanistischen Geisteshaltung zuneigende Philosophen zerlegen alle Dinge in Atome und schreiben ihnen Eigenschaften zu, die ihnen plausibel erscheinen – mechanische Eigenschaften eben. Masse, Ausdehnung und die Fähigkeit, gegeneinander zu stoßen und aneinander zu haften. Davon ausgehend versuchen sie dann, Schwerkraft, Seelen und Wunder zu erklären. Das bringt sie in Nöte. Ich dagegen zerlege alle Dinge in Monaden, denen ich etwas zuschreibe, was manche seelenartige Eigenschaften nennen würden: Sie können wahrnehmen, über ihre Wahrnehmungen nachdenken, sich entscheiden und handeln. Von da aus ist es nicht mehr schwer, jene Dinge zu erklären, die in einer mechanisch ausgerichteten atomistischen Philosophie so störend sind – alles, was Ihr in die Rubrik der Vegetation einordnet, einschließlich Eurer eigenen Fähigkeit zu denken, zu entscheiden und zu handeln. Schwierig ist dagegen die Erklärung der Dinge, die in einer atomistischen Philosophie idiotisch einfach und offensichtlich sind, wie etwa Raum und Zeit.«
    »Raum und Zeit! Zwei unbedeutende Auslassungen, die vermutlich kaum jemand bemerken wird«, brummte Newton.
    »Mit Verlaub gesagt, Eure eigene Auffassung von Raum ist keineswegs so eindeutig, wie sie zunächst erscheint«, sagte Leibniz ganz im Stil von jemandem, der die Eröffnungssalve eines weiteren langen Wortgefechtes abfeuert. Doch ehe es dazu kommen konnte, öffnete sich die Tür der Bibliothek, und da stand Johann von Hacklheber mit sehr bedeutungsvoller Miene und einem Brief in der Hand. Hinter ihm ging Eliza, eine geballte Faust an die Lippen gepresst, ruhelos hin und her.
    Prinzessin Caroline starrte Johann an und warf den Kopf zurück. Sie sprach zwar nicht laut aus: Ich habe dir doch gesagt, dass du mich nicht stören sollst , aber es war so deutlich zu spüren, dass aller Augen sich zu Johann umdrehten, weil sie mit einer prompten Entschuldigung rechneten. Stattdessen zog er die Augenbrauen hoch, wich aber nicht von der Stelle.
    Caroline schloss die Augen und seufzte. Newton, Leibniz und Waterhouse traten zurück, um ihr den Weg aus dem Raum freizugeben. Sie hatten nämlich alle im selben Moment verstanden, dass nur eine einzige Person diese Autorität besaß: Carolines Schwiegervater, der noch ungekrönte König von England.
    »Dr. Waterhouse, bitte übernehmt die Rolle meines fahrenden Ritters und bringt das hier zu Ende«, sagte sie und fegte hinaus.
    »Tja, das ist ein bisschen viel verlangt«, meinte Daniel, nachdem die Tür hinter ihr geschlossen worden war.
    »Nicht so sehr«, sagte Newton, »wenn du nur das Salomonische Gold freigibst.«
    »Dieser Jude, der für den Zaren arbeitet«, sagte Daniel – er vermied den Namen Salomon, da er fürchtete, Isaac damit in chiliastische Verzückung zu versetzen -, »hat entdeckt, dass der Satz Probeplatten aus einem ungewöhnlich schweren Gold bestand, worauf von der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg die Verfügung ausging, dass sämtliche weiteren Platten aus demselben Material gefertigt werden sollten. Falls wir uns dem nicht beugen, wird die Bestrafung auf dem Fuße folgen, und zwar nach russischer Manier. Wenn das nicht wäre, würde ich das Gold auf der Stelle austauschen. Ich glaube nämlich, dass es keinerlei besondere Eigenschaften besitzt.«
    »Wie erklärst du dir dann deine persönliche Wiederauferstehung unter den Händen von Enoch Root im Jahr 1689?«
    » Was !?«, fragte Leibniz.
    »Oder«, fuhr Isaac fort, »ist das von allem, was Hooke in seinem Leben geschrieben hat, das Einzige, was du nicht glaubst?«
    »In Hookes Bericht steht, dass Enoch mir eine Arznei gab, die half.«
    » Half ?! Du hast ein wunderbares Talent zur Untertreibung, Daniel.«
    »Es hätte alles sein können … oder nichts . Bekanntlich ist es schon vorgekommen, dass scheinbar Tote nach ein paar Minuten wieder zum Leben erwachten.«
    »Ich habe Hooke gehasst«, räumte Isaac ein, »aber selbst ich gebe zu, dass er

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