Principia
müssen.«
»Geographisch gesehen ja, Ihr werdet zum selben Breiten- und Längengrad zurückkehren«, sagte Eliza nach kurzer Überlegung. »Aber Ihr werdet nicht mehr inkognito sein. Vom gesellschaftlichen Standpunkt aus werdet Ihr also in eine Stadt, die Ihr vorher noch nie gesehen habt, und in ein völlig anderes Leben kommen.«
»Ich nehme an, das trifft zu, solange wir uns an Orten wie dem St. James’s Palast mit all seinen Höflingen und Gesandten und dem Herzog von Marlborough gleich nebenan aufhalten«, sagte Caroline. »Aber wenn ich etwas von Sophie gelernt habe, dann, dass es für eine Prinzessin sehr praktische Gründe gibt, mehr als einen Palast zu haben. Für sie war das Leineschloss das, was St. James’s für mich und Georg August ist. Doch bei jeder sich bietenden Gelegenheit zog sie sich nach Herrenhausen zurück, wo sie lange Spaziergänge durch den Garten machen und leben konnte, wie es ihr gefiel. Deshalb war ich so erpicht auf dieses Haus hier. Es wird mein Herrenhausen sein«, verkündete Caroline, »und Ihr seine Doyenne.«
»Gott sei Dank«, meinte Eliza, »ich hatte schon Angst, Ihr würdet ›Matrone‹ sagen.«
»Hofdame oder Kammerherrin oder sonst etwas«, sagte Caroline etwas zerstreut. »Wir werden den richtigen englischen Titel für Euch aussuchen müssen. Egal wie man Euch nennt, ich möchte vor allem, dass Ihr zumindest einen Teil der Zeit hier lebt und mit mir durch den Garten spaziert und Euch mit mir unterhaltet.«
»Allzu beschwerlich klingt das nicht«, sagte Eliza lächelnd. »Ihr müsst aber wissen, dass im Zusammenhang mit meinen Bemühungen zur Abschaffung der Sklaverei und so weiter jeder Ort, an dem ich lebe, von einem Strom merkwürdiger Menschen durchflossen werden dürfte.«
»Umso besser! Das wird mich umso stärker an Schloss Charlottenburg zu Lebzeiten von Sophie Charlotte erinnern.«
»Manche von meinen Leuten könnten aber noch merkwürdiger und derber sein …«
»Ihr habt einen ganz verträumten Blick, wenn Ihr das sagt … denkt Ihr dabei an Euren längst verloren geglaubten Beau?«
Darauf seufzte Eliza und bedachte Caroline mit einem bösen Blick.
»Ich habe unsere anregende Plauderei in Hannover nicht vergessen«, sagte Caroline.
»Sprechen wir von einer anderen anregenden Plauderei!«, sagte Eliza. »Was für Neuigkeiten gibt es aus der Bibliothek?«
»Als ich ging, fielen sie noch übereinander her. Sie sind beide sehr stolze Persönlichkeiten. Vor allem Newton ist jemand, der nicht so leicht klein beigibt. Der Königshof kommt hierher und lässt den armen Leibniz zurück. Vorteil Newton. Newton hat den Kalkülstreit gewonnen, jedenfalls nach Meinung der Gelehrten der Royal Society. Und die jüngsten Auseinandersetzungen um die Münze sind, wie es scheint, beigelegt.«
»Haben sie Euch das erzählt? Also das wäre, wenn es denn zuträfe, eine Art Wunder«, sagte Eliza.
»Warum sagt Ihr das?«
»Ist es nicht so, dass die Pyx immer noch unter der Kontrolle von Charles White steht? Und kann Newton nicht nach wie vor für eine Münzprobe herangezogen werden?«
»Das haben sie mir erzählt«, sagte Caroline, »aber Newton scheint zu meinen, dass er in dieser Hinsicht am längeren Hebel sitzt, seit er den Erzschurken festgenommen hat, der als Jack der Falschmünzer bekannt ist. Der Unhold ist jetzt ganz und gar in Newtons Hand und dazu verdammt, am Tyburn Cross gehängt, ausgeweidet und gevierteilt zu werden … Johann? Johann! Das Riechsalz, die Herzogin ist in Ohnmacht gefallen!«
Kurz darauf polterte Johann in den Raum, doch da hatte seine Mutter bereits wieder Farbe im Gesicht und klammerte sich, um nicht zu Boden zu gleiten, so fest an die Lehnen ihres Sessels, dass ihre Fingerknöchel weiß wurden. »Es ist nichts«, sagte sie, den Blick auf ihren Erstgeborenen gerichtet. »Mach weiter, bitte, Kommando zurück.«
Halb wütend, halb spöttisch verließ Johann den Raum.
»Es ist nur eine Art Katalepsie, die mich von Zeit zu Zeit überkommt, wenn ich plötzlich über ziemlich viele Dinge gleichzeitig nachdenken muss. Das geht bald vorbei. Ich bin wohlauf. Seid bedankt für Eure Anteilnahme, Hoheit. Wenn wir jetzt fortfahren -«
»Wir werden nicht fortfahren!«, erklärte die Prinzessin von Wales. »Wir werden genau hier stehen bleiben, bei diesem faszinierendsten Gesprächsthema in der Geschichte der Welt! Ihr , verliebt in den übelsten Schurken aller Zeiten!«
»Hört auf damit! Es verhält sich ganz und gar nicht so«, sagte Eliza. »
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