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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Spanien. Sie hat dort das Sagen. Diese beiden auf der einen Seite haben es mit Königin Anne und Sophie auf der anderen ausgefochten.«
    »Ich dachte, Königin Anne und Sophie hassten einander.«
    »Was hat denn das damit zu tun?«
    »Touché, Roger.«
    »Schön, wenn Ihr unbedingt pedantisch sein wollt, ja, Georg Ludwig ist nach Sophie der Nächste in der Reihe. Wisst Ihr, was er mit seiner Frau gemacht hat?«
    »Etwas Schreckliches, habe ich gehört.«
    »Hat sie für den Rest ihres Lebens in ein Schloss eingesperrt, wegen eines Seitensprungs.«
    »Also hat zumindest er eindeutig die Oberhand -«
    »Es ist die Ausnahme, welche die Regel bestätigt, Daniel. Indem er eine solche Maßnahme ergreift, gesteht er vor aller Welt seine Hilflosigkeit ein. Sie hat ihn zum Hahnrei gemacht. Das ist nicht rückgängig zu machen.«
    »Trotzdem, sie ist in einem Schloss eingesperrt und er nicht.«
    »Er ist im Schloss seines eigenen Denkens eingesperrt, das allen Berichten zufolge so dicke Wände hat, dass drinnen kaum mehr Platz bleibt. Die führende Dame Englands wird die Prinzessin von Wales sein – persönlich erzogen von Sophie und von der jüngst entschlafenen und allen Berichten zufolge strahlend schönen Königin von Preußen; und unterrichtet von Eurem Freund.« Dies Letztere betonte Roger unheilvoll.
    »Äh, um auf das eigentliche Gesprächsthema zurückzukommen, meint Ihr nicht, Eure Zeit wäre besser darauf verwendet sicherzustellen, dass die Hannoveraner die Thronfolge auch tatsächlich antreten? Das Längengradproblem kann warten.«
    Roger wedelte mit der Hand, als versuchte er zum elften Mal, eine bestimmte Pferdebremse zu verscheuchen. »Hol’s der Teufel, Daniel, glaubt Ihr wirklich, wir sind so unbedarft, dass wir daran nicht gedacht hätten?«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Wir lassen den Prätendenten nicht zum Zuge kommen! Ihr wart bei seiner sogenannten Geburt dabei – Ihr habt den Taschenspielerkniff mit der Wärmpfanne gesehen – ein Mann von Eurem Scharfblick hat sich doch gewiss nicht so leicht täuschen lassen!«
    »Für mich hat es ausgesehen wie der Kopf eines Säuglings, der aus der Vagina der Königin herauskommt.«
    »Und Ihr nennt Euch einen Mann der Wissenschaft!«
    »Roger, wenn Ihr Euch von der wunderlichen Vorstellung verabschieden würdet, dass Länder von Königen regiert werden müssen, welche die Söhne anderer Könige sind, dann würde es keine Rolle spielen, ob der Prätendent durch eine Vagina oder eine Wärmpfanne in den St. James’s Palace gelangt ist; so oder so, zum Teufel mit ihm.«
    »Wollt Ihr damit andeuten, ich soll Republikaner werden?«
    »Ich will damit andeuten, dass Ihr schon einer seid.«
    »Hmmph... von dort ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zum Puritanismus.«
    »Der Puritanismus hat seine Vorteile... wir gehen nicht so sehr an der Kandare von Damen.«
    »Nur weil Ihr alle interessanten aufhängt!«
    »Wie ich höre, habt Ihr eine Herzensdame aus vornehmer Familie...«
    »Genau wie Ihr – nur dass ich mit meiner schlafe.«
    »Es heißt, sie sei außerordentlich klug.«
    »Eure oder meine?«
    »Beide, Roger, aber ich habe Eure gemeint.«
    Daraufhin tat Roger etwas Eigenartiges: Er erhob sein Glas und drehte es dahin und dorthin, bis sich das Licht vom Fenster auf die richtige Weise darin fing. Jemand hatte mit einem Diamanten etwas hineingeritzt. Mehrere Zeilen Geschriebenes zogen sich darüber hin, die Roger nun in einem grässlichen Tonfall herunterleierte, der entweder schlechte Deklamation oder schlechter Gesang war.
    Es legt den Köcher mit den Pfeilen
Der Liebesgott zu Bartons Füßen nieder
Und kehrt, auf immer bei der Lieblichen zu weilen,
Zum Himmelsthrone, dem vergess’nen, niemals wieder.
Nicht strahlen heller Venus’ Schöne,
Doch hat Cupido selbst sich hier geprellt,
Denn es gleicht dieser jene dort und jene,
Sodass die Nymphe er für seine Mutter hält.
    Bis er schlingernd und keuchend zum Ende gekommen war, hatten mehrere nahebei stehende Clubmitglieder die Melodie – wenn von einer solchen überhaupt die Rede sein konnte – aufgenommen und sangen mit. Am Ende belohnten sie sich alle durch Konsum von Alkohol.
    »Roger! Ich hätte im Traum nicht gedacht, dass irgendeine Frau Euch dazu bewegen könnte, Lyrik zu schreiben, und sei es auch nur schlechte.«
    »Dass sie schlecht ist, beweist meine Aufrichtigkeit«, sagte Roger bescheiden. »Wenn ich ihr ein ausgezeichnetes Liebesgedicht schriebe, könnte man mir vorhalten, ich hätte es nur

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