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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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getan, um mit meinem Witz zu prunken.«
    »Wie die Dinge liegen, seid Ihr gegen derlei Vorwürfe freilich gefeit.«
    Daraufhin ließ Roger einige Augenblicke schweigend verstreichen und korrigierte seine Haltung und den Sitz seiner Perücke, als würde ihm im Parlament gleich das Wort erteilt. Er verkündete: »Nun, da die Aufmerksamkeit aller braven und aufrechten Männer auf die Kontroversen im Zusammenhang mit der englischen Thronfolge gerichtet ist, nun, sage ich, ist es an der Zeit, ein teures und tiefgründiges Gesetz zu verabschieden!«
    »Bezüglich des Längengradproblems?«
    »Wir können demjenigen einen Preis anbieten, der eine Methode ersinnt, den Längengrad zu bestimmen. Einen namhaften Preis. Ich habe den Gedanken gegenüber Sir Isaac, Sir Christopher und Mr. Halley erwähnt. Sie sind alle dafür. Der Preis wird ziemlich hoch sein.«
    »Wenn Ihr deren Unterstützung habt, Roger, was könnt Ihr dann noch von mir wollen?«
    »Es wird höchste Zeit, dass das Massachusetts Bay Institut der Technologischen Wissenschaften – das ich großzügig unterstützt habe – einmal etwas Nützliches tut!«
    »Und das wäre -?«
    »Daniel, ich will den Längengrad-Preis gewinnen!«

London
    ENDE FEBRUAR 1714
    Daniel lauerte wie eine Fledermaus auf dem Dachboden, während er Henry Arlanc beaufsichtigte, der wissenschaftliches Gerümpel in Kisten und Fässer verpackte. Aus einem Zimmer im unmittelbar darunterliegenden Stockwerk tauchte Isaac Newton auf, im Gespräch mit zwei jüngeren Männern, die mit ihm den Flur entlangschritten. Daniel verdrehte den Hals und spähte das Treppenhaus hinunter, sodass er gerade noch einen flüchtigen Blick von Isaacs Füßen und Waden erhaschte, ehe sie außer Sicht huschten. Einer der Männer war Schotte und Sanguiniker, und er schien mit dem, was Isaac von ihm verlangte, von ganzem Herzen einverstanden. »Ich werde einiges zu den Bemerkungen des Barons bemerken, Sir!«
    Leibniz hatte seine jüngste Salve im Journal Literaire unter dem Titel »Bemerkungen« veröffentlicht.
    »Ich werde ihm tüchtig einheizen, o ja!«
    »Ich lasse Euch meine Anmerkungen zu seinem Tentamen zukommen. Wie ich festgestellt habe, werden Differenziale zweiter Ordnung darin eindeutig falsch angewendet«, sagte Isaac und ging den anderen voran die Treppe hinunter.
    »Ich erkenne Eure Strategie, Sir!«, dröhnte der Schotte. »Bevor der Baron sich unterfängt, den Splitter aus Eurem Auge zu ziehen, soll er zuerst den Balken aus seinem eigenen entfernen!« Es war John Keill, der Kryptograph von Königin Anne.
    Die drei Männer stürmten die Treppe hinunter und auf die Straße hinaus – jedenfalls hörte es sich für Daniel so an, in dessen nachlassenden Ohren ihre Schritte und ihr Gespräch zu einer Kakophonie von Johlen und Rumsen verschmolzen.
    Daniel wartete, bis ihre Kutschen den Crane Court verlassen hatten, dann ging er in den Kit-Cat Clubb.
     
    Zu den Stammgästen dort zählte John Vanbrugh, ein Architekt, der sich auf Landhäuser spezialisiert hatte. So baute er beispielsweise Blenheim Palace für den Herzog von Marlborough. Im Augenblick konnte er gar nicht anders, als sich an dieser Front zu betätigen, da Harley dem Herzog gerade zehntausend Pfund nachgeworfen hatte. Derzeit hatte seine Arbeit kaum etwas mit dem Zeichnen von Plänen oder der Beaufsichtigung von Arbeitern zu tun. Vielmehr schob er Geld von Ort zu Ort und versuchte, Leute einzustellen. Daniel wusste das, weil Vanbrugh den Kit-Cat Clubb als Büro benutzte und Daniel nicht dorthin gehen, Zeitung lesen und Schokolade trinken konnte, ohne einen Gutteil der Geschäfte des anderen mitzubekommen. Gelegentlich stellte er im Aufblicken fest, dass Vanbrugh ihn anstarrte. Vielleicht wusste der Architekt, dass er mit Marlborough korrespondiert hatte. Vielleicht hatte es auch einen anderen Grund.
    Jedenfalls war Vanbrugh da, als Daniel von Crane Court aus dorthin spazierte, und binnen weniger Augenblicke hatte er sehr viel mehr Grund zum Starren. Denn Daniel hatte sich kaum hingesetzt, als vor dem Club eine wirklich prunkvolle Kutsche vorfuhr, in deren Fenster der Kopf von Sir Christopher Wren erschien, der nach Daniel Waterhouse fragte. Daniel tat ihm den Gefallen, herauszukommen und gleich einzusteigen. Die Pracht dieses Fahrzeugs und die Schönheit der vier zusammenpassenden Pferde, die es zogen, brachten den Verkehr auf der Strand zum Erliegen, was es sehr vereinfachte, die Kutsche zu wenden und in die Richtung zu fahren, aus der Daniel

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