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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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gerne selbst für die Rolle des Vollstreckers vorschlagen, aber diese Position ist bereits an einen gewissen Jack Ketch vergeben, und der soll höchst eifersüchtig darüber wachen und jemand sein, dessen Gunst man sich lieber nicht verscherzt, da er schon viele getötet hat].
    Da ich ja viel freie Zeit zur Verfügung habe [ich kann nämlich nur eine gewisse Anzahl von Stunden per diem damit zubringen, die großzügigen Beiträge meiner Leser zu zählen] und mich in nicht geringem Maße der Achtung des Herzogs von M- und anderer erlauchter Personen erfreue [oder wie sonst ist es zu erklären, dass die Whigs mein Gekritzel jetzt in ihrer Zeitung abdrucken], bin ich kürzlich vorgetreten, um mich selbst zum Testamentsvollstrecker für die kläglichen Überbleibsel einzusetzen, die den Namen Nachlass der Torys tragen. Ich näherte mich dieser Verantwortung mit schrecklicher Verzagtheit, nahm ich doch an, ich müsste mich über Jahre damit abmühen, das hinterbliebene Vermögen der Torys zu verkaufen: Berge von entwertetem Papiergeld, hektarweise Landhausrasen, ein Lagerhaus voller Böswilligkeit und verschiedener Kleinkram wie französisch-englische Phrasensammlungen und päpstliche Insignien. Zu meiner großen Erleichterung habe ich jedoch festgestellt, dass selbst diese geringen Vermögenswerte weg sind, vernichtet, beseitigt, und meine Aufgabe somit unendlich viel einfacher ist, als ich angenommen hatte. Von den Torys ist nämlich nur eins übriggeblieben, und das ist Mr. Charles White, der behauptet, mein Besitzer zu sein. Mr. Whites lautstarke und oft wiederholte Unterstützung der Sklaverei [eines primitiven und unzivilisierten Brauchs, demzufolge eine Seele eine andere besitzen kann] hat vereinfacht, was andernfalls eine äußerst heikle Angelegenheit gewesen wäre. Denn dank der Großzügigkeit meiner Leserschaft bin ich zuversichtlich, über genügend Mittel zu verfügen, um Mr. White bei der Auktion, die unmittelbar nach der Krönung des neuen Königs am 20. des Monats stattfinden wird, käuflich zu erwerben. Mr. White zu besitzen, der einen Besitzanspruch auf mich geltend macht, wird unweigerlich bedeuten, dass ich dann wieder mir selbst gehöre, was alles ist, wonach ich wirklich strebe. Dann werde ich gewissermaßen den Mittelsmann eliminieren, indem ich das gesamte Vermögen von Mr. White einschließlich meiner selbst konfisziere. Mr. White werde ich freilassen, nackt wie am Tag seiner Geburt, damit er nach Frankreich eilen und irgendeinem Stutzer auf offener Straße die Kleider rauben kann; allerdings werde ich ihn vorher dazu bewegen, mir die Schuhe zu putzen – was er, dieser notorische Wichser, aufs Beste zu erledigen vermag.
    Gezeichnet
DAPPA aus der LIBERTY OF THE CLINK
13. Oktober A.D. 1714

Der Schankraum, Fleet - Gefängnis
    BIER-CLUB-NACHT (DONNERSTAG, 14. OKTOBER 1714)
    Dappa hatte das verdammte Ding gestern erst geschrieben, und schon war der Schankraum damit tapeziert – wie jedes andere Kaffeehaus und jeder Club in London. Jedenfalls nahm Daniel das an, als er in der Ecke saß, ein Bier zu trinken vorgab und es las. Seit seinem denkwürdigen Treffen mit Jack Shaftoe im Schwarzen Hund zehn Tage zuvor hatte er weder den Kit-Cat noch irgendeinen anderen derartigen Ort aufgesucht. Stattdessen war dieser Schankraum sein neues College geworden, und die Schuldgefangenen – vor allem die Älteren des Inspektorengerichts – waren seine neuen Fellows. Sie waren nicht langweiliger als die meisten Mitglieder des Kit-Cat, ja, Daniel fand es oft sogar einfacher, mit ihnen auszukommen, da sie keinen anderen Lebensinhalt hatten, als weiterhin so fröhlich wie möglich zu leben. Daniel konnte sie noch um einiges fröhlicher machen, indem er gelegentlich eine Lokalrunde spendierte.
    Und von einem vergrabenen Schatz sprach. Diese Räuberpistole, von Daniel spontan erfunden, hatte sich nämlich wie ein Lauffeuer unter den Insassen des Fleet verbreitet. Natürlich glaubte nicht einmal jeder Zehnte ein einziges Wort davon, aber damit blieben immer noch ein paar Dutzend, die bereit waren, jedes Stückchen Erde, Fußboden oder Mauer, auf dem Daniels Blick etwas länger als normalerweise ruhte, mit Spaten und Stemmeisen zu bearbeiten. Daniel hatte nicht die Absicht gehabt, so viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und machte sich nun Sorgen, dass man ihn, wenn er die Shaftoes tatsächlich irgendwie aus dem Gefängnis befreite, identifizieren und verfolgen würde. Aber nun war es zu spät. Jetzt konnte er nur

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