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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Ziegelsteinen versiegelt, zwischen denen man Lücken gelassen hatte, um das Zeug durchfließen zu lassen. Mithilfe eines Skiffs und eines Pulverfässchens hätte Saturn kurzen Prozess damit gemacht, aber das wäre dort mitten in der Stadt, nur eine Viertelmeile vom St. Paul’s Friedhof entfernt, wohl ziemlich aufgefallen.
    Der einzige Zugang zu dem verschlossenen Graben führte letztlich durch das Fleet-Gefängnis selbst, indem man sich gerade dessen Eigentümlichkeiten und die unerwartete Währung der Geschichte von dem vergrabenen Gold zunutze machte. »Old Partry« hatte während des Bier-Clubs am Donnerstag, den 7. Oktober, in ziemlich angeheitertem Zustand die Bemerkung fallen lassen, dass man die Soldaten umgehen und zu dem Schatz gelangen könne, indem man sich von dem Graben her durch einen Tunnel vorarbeitete. Am darauffolgenden Morgen stellte man fest, dass der an die Küche angrenzende Abort entlang der nördlichen Gefängnismauer mutwillig zerstört worden war. Es war einer mit zwei Löchern: eine hölzerne Bank mit zwei Öffnungen, die (was nach dem Akt des Vandalismus ganz offensichtlich war) beide in einen gemeinsamen Schacht mündeten, der seinerseits in eine unergründliche und widerliche Schwärze hinabführte. Die Hälfte der Bank war noch funktionstüchtig, aber die andere war mit einer Hacke traktiert und das Loch ein ganzes Stück weiter und rauer gemacht worden.
    Das war nun für die gesamte Bewohnerschaft des Fleet eine ernste Angelegenheit, weil die Gebäude bekanntermaßen in schlechtem Zustand waren und der Direktor ebenso bekanntermaßen nicht bereit war, durch Reparaturarbeiten ein Loch in seine Kasse zu reißen. Das Inspektorengericht würde hundert Jahre lang Prozesse führen müssen, ehe der Abort in Ordnung gebracht würde. Der Steward kam vorbei und hatte einen Wortwechsel mit »Old Partry«. Der betagte, einfältige Besucher und sein riesenhafter Diener könnten gerne den Tag im Schankraum oder auf dem Spielfeld verbringen, aber alles Gerede über vergrabene Schätze müsste hinfort aufhören. Einige der weniger scharfsinnigen Insassen dieser Anstalt machten sich falsche Hoffnungen und fingen an, alles niederzureißen. Sollte der Abort-Zerstörer gefunden werden, käme er unter die Pumpe.
    Daniel hatte noch etwas anderes gelernt, nämlich dass Gebäude nur für viel, Menschen dagegen schon für wenig Geld zu haben waren. Was ihm allein von daher hätte klar sein müssen, dass Menschen im Tausch für winzige Silberstückchen ständig Schornsteine hochkletterten, mit Syphilitikern ins Bett gingen oder sich in Belgien Musketenkugeln einfingen. Aber wie die meisten, die solche Dinge nicht taten, bemühte er sich nach Kräften, gar nicht weiter darüber nachzudenken, und hatte es schon völlig vergessen, als es ihm von Peter Hoxton mit Nachdruck wieder zu Bewusstsein gebracht wurde. Er bot Leuten im Tausch für das, was sie für ihn tun sollten, relativ gesehen eine Menge Silbergeld an, und genau wie Saturn ihn zuvor gewarnt hatte, breitete sich die Kunde aus, und sie mussten Leute wegschicken, nachdem sie deren Versuche, diejenigen zu unterbieten, die bereits angestellt worden waren, im Keim erstickt hatten.
    Die Arbeit bestand darin, scheinbar ins Fleet-Gefängnis zu gehen, um zu scheißen, den zerstörten Abort zu betreten, wenn niemand besonders darauf achtete, und in das Loch hinabzuspringen. Der erste Junge, der das tat, wurde besser entlohnt als die anderen, denn niemand wusste, was er dort finden oder was ihn finden würde; aber ein paar Minuten später kletterte er wieder an dem (hinuntergelassenen) Seil empor und brachte die sensationelle Kunde mit, er habe sich in einem langen, sanft gebogenen Tunnel wiedergefunden, dessen fester Boden von einer mehrere Zoll dicken Schicht schleimigen Unrats bedeckt sei, über der oberschenkeltief Jauche langsam dahinfließe.
    Die von Daniel gedungenen jungen Männer stiegen mit Taschen (die nicht sperrig genug waren, um die Aufmerksamkeit der Gefängniswärter zu erregen) auf dem Rücken in das Loch hinab und kamen mit leeren Händen zurück. Unten konstruierten sie eine Holzleiter, damit sie in den Abort zurückklettern konnten, ohne (wie die Pioniere) Kletterseile benutzen zu müssen. Sie gingen mit Messschnüren hinunter und kamen mit Zahlen im Kopf zurück, die von Saturn in eine Karte eingearbeitet wurden: Acht Fuß östlich des Abortlochs auf der nördlichen Seite des Tunnels befand sich eine zwei Handspannen breite Abflussöffnung,

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