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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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sich aber dagegen entschieden hat.«
    Darauf reagierte Mr. Threader nur mit einem zischenden Geräusch, das mehr oder weniger in dem ähnlichen Zischen unterging, das der Schmelzofen von sich gab. Im August war er erbarmungswürdig gewesen, unterwürfig, ja fast ein wenig abstoßend. Doch inzwischen hatte er sich daran gewöhnt, dass die ganze Geschichte unter den Teppich gekehrt worden war, und betrachtete es sogar als schlechtes Benehmen, dass Daniel sich darauf berufen hatte. Daniel war jetzt einen Moment lang zerstreut durch den seltsamen Anblick des Ringes, der anfing zu schmelzen: Der größte Teil war noch unverändert, aber dort, wo er die Wände des Tiegels berührte, wurde er weich und verflüssigte sich.
    »Die Einzigen, die gegen mich aussagen können, sind Jack und seine Jungen«, erinnerte ihn Mr. Threader. »Jack hat mich nicht hineingezogen und wird in ein paar Stunden tot sein. Die Jungen sind geflohen -«
    »Ich weiß«, sagte Daniel, »ich habe ihnen beim Ausbruch aus dem Gefängnis geholfen. Ich weiß, wo sie sind. Habe schriftliche beschworene Aussagen von ihnen bekommen, bevor sie das Land verließen. Bezeugte und versiegelte Erklärungen, denen zufolge Ihr an der Falschmünzerei beteiligt wart. Apropos, ich glaube, dass wir die Gussform jetzt brauchen.«
    Mr. Threader griff in seine Manteltasche. »Dieses Ding zu besitzen kommt einem Todesurteil gleich«, sagte er, »aber da Ihr meins bereits in der Hüfttasche tragt, ist das hier ohnehin nur noch Beiwerk.« Und er zog einen Tonzylinder hervor, etwas größer im Durchmesser als eine Guineenmünze und so lang wie ein Finger. In der Mitte war er in zwei Hälften gebrochen oder gehackt worden, die man mit Schlicker erneut zusammengefügt und gebrannt hatte, um wieder ein Ganzes daraus zu machen. Das legte er auf die Werkbank und rollte es um seine Längsachse, bis an der Oberseite ein konisches Loch, einem kleinen Einfülltrichter gleich, zum Vorschein kam. Dann verkeilte er den Zylinder zwischen zwei Schamottsteinen. »Bitte sehr!«, sagte er auffordernd, »aber eine ordentliche Guinee werden wir auf diese Art wohl kaum fälschen!«
    »So überzeugend braucht sie gar nicht zu sein«, erklärte Daniel, »da wir sie sowieso zerhacken werden.«
    Mr. Threader reagierte erst erschrocken, dann verwirrt auf diese Bemerkung; schließlich verstand er und nickte. In der Zwischenzeit hatte Daniel die Zange wieder in die Hand genommen und langte mit ihr in den Schmelzofen. Der Tiegel kam glühend heraus. Daniel schwenkte ihn zur Werkbank herüber und legte die Zange, um sich abzustützen, auf einem der Schamottsteine ab. Dann drehte er seine Handgelenke. Flüssiges Feuer ergoss sich aus dem Tiegel. Ein oder zwei Tropfen gingen verloren, aber das meiste lief durch das Loch in den Tonzylinder.
    »So«, sagte Mr. Threader, »jetzt sitzen wir im selben Boot – Ihr habt soeben Hochverrat begangen!«
    »Eine alte Schwäche meiner Familie«, gab Daniel zu. Er klopfte die letzten Goldtröpfchen aus dem Schmelztiegel, die auf dem Tisch zu Kügelchen wurden und sofort erstarrten. Darauf legte er Zange und Schmelztiegel beiseite und schloss die Tür des Ofens. Mit einer Pinzette sammelte er alle Goldkügelchen, die entwischt waren, auf und ließ sie in einen Becher fallen. Dann nahm er die Tonform, die warm war, in die Hand und brach sie in zwei Hälften. Eine Guinee fiel aus ihr heraus und drehte sich auf dem Tisch. Wie Mr. Threader ihn schon gewarnt hatte, war es keine sehr gute Guinee: Das Gold hatte die Form nicht gleichmäßig ausgefüllt, sodass Teile von ihr nicht ganz ausgeprägt waren. Die Einfassung war überhaupt nicht gut und hatte außerdem eine eingeschlossene Blase. Aus ihrem Rand ragte dort, wo das Einfüllloch gewesen war, eine Zacke heraus. Daniel schnippte sie in eine Schale mit Wasser, um sie abzukühlen, dann holte er sie mit bloßen Fingern wieder heraus und machte sich mit einer schweren Schere über sie her. Seine Hände waren dieser Aufgabe fast nicht gewachsen, und einen Augenblick lang dachte er, er müsste Saturn kommen lassen. Doch Mr. Threader, der sich allmählich für die Aufgabe erwärmte, legte seine Hände um Daniels und sie drückten gemeinsam, grunzend wie Schweine, und dann machte es schnapp , und zwei Hälften der Guinee flogen in entgegengesetzte Richtungen. Daniel hatte es so eingerichtet, dass eine dieser Hälften den Zacken und die meisten anderen groben Mängel aufwies. Diese legte er zu dem restlichen Überschuss in die

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