Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
Selbstgefälligkeit angesichts der Verwirrung und Verunsicherung eines Mitmenschen und einen perversen Drang, den armen Kerl auf Teufel komm raus zu melken.
    Doch leider hatte er andere Dinge zu erledigen und musste unbedingt dafür sorgen, dass Mr. Threader sich wohlfühlte.
    »Das muss Euch alles völlig fremd vorkommen. Ich hatte Glück: Im Laufe der Jahre, in denen Isaac unsere Unterkunft in ein großes, rauchendes Labor verwandelte, freundete ich mich mit ihm an. Und so kam das ganze Zeug, das Ihr hier um uns herum seht, Stück für Stück in unser Haus, und ich konnte Isaac fragen, was es war und wie man es benutzte.« Daniel lachte. »Ich gebe es ungern zu, aber ich fühle mich hier wie zu Hause!«
    Mr. Threader erlaubte sich ein trockenes Glucksen. »Ihr seht auch ganz so aus, was ich recht amüsant finde, nach all den unfreundlichen Bemerkungen, die Ihr über die Alchimie gemacht habt.«
    Daniel fragte sich, was Mr. Threader davon halten würde, wenn Daniel ihm verriete, dass morgen er, Daniel, vielleicht der berühmteste Alchimist sein würde, seit König Salomon gen Osten zog. Aber dann verwarf er den Gedanken, denn zum jetzigen Zeitpunkt erschien es ihm zu unheimlich, darüber zu sprechen.
    »Geht man davon aus, dass Sir Isaac sich in hinreichend gutem Zustand befinden wird, um bei der Münzprobe zugegen zu sein?«
    »Er würde sie um nichts in der Welt versäumen.«
    »Es ist gut zu wissen, dass sein Zustand sich verbessert.«
    Daniel schwieg. Isaacs Zustand verbesserte sich keineswegs; er fürchtete, dass das Kerkerfieber sein Herz in Mitleidenschaft zog. Als Junge hatte Isaac versucht, Perpetuum mobiles zu bauen, die er als Modell des Herzens betrachtete. Doch jetzt, vermutete Daniel, war Isaacs Herz kurz davor zu versagen. Die Menschen hatten es nicht geschafft, Perpetua mobilia zu bauen, weil Menschen Mechaniker waren, die sich nur mit unbelebter Materie auskannten. Herzen pumpten länger, als irgendeine Maschine es vermochte, weil die Materie, aus der sie gemacht waren – so sahen es jedenfalls die Alchimisten -, vom vegetativen Geist durchdrungen war.
    »Lasst uns ein bisschen Geld machen!«, sagte Daniel. »Habt Ihr die Gussformen dabei?«
    Was Daniel da angesprochen hatte, war so gefährlich, dass Mr. Threader anstelle einer Antwort nur zusammenzucken konnte. »Habt Ihr ein bisschen Gold?«, gab er die Frage zurück.
    Daniel hob schwungvoll seine rechte Hand, zog sich den Goldring vom Finger und warf ihn ohne Umstände in einen kleinen Schmelztiegel. Den packte er mit einer Zange und schickte sich an, ihn in einen kleinen lodernden und Wärme ausstrahlenden Schmelzofen zu stecken. »Ist das Feingold?«, wollte Mr. Threader wissen.
    »Es ist feiner als fein«, antwortete Daniel und bugsierte den Schmelztiegel ins glühende Innere des Schmelzofens. »Es ist schwerer als pures Gold.«
    Mr. Threader blinzelte. »Tut mir leid, aber das ist völlig unmöglich.«
    »In ein oder zwei Minuten könnt Ihr Euch vergewissern.«
    »Wie kann so etwas sein?«
    »Eine göttliche Quintessenz füllt seine Poren, die bei normalem Gold leere Hohlräume sind.«
    Mr. Threader starrte ihn an, um zu sehen, ob Daniel ihn zum Besten hielt; aber Daniel war sich selbst nicht sicher. Am Ende glaubte Mr. Threader es, nicht weil er das Gold wog oder weil er die Alchimie überzeugend fand, sondern wegen der politischen, der menschlichen Logik der Angelegenheit. »Sagt mal, Ihr wollt wohl, dass ich -, Ihr führt wohl etwas im Schilde, wie?!«
    »Wir führen alle etwas im Schilde«, sagte Daniel und warf Mr. Threader einen vermeintlich eiskalten Blick zu. Er hatte Angst, sein Gegenüber könnte in ein selbstgerechtes Geschwafel ausbrechen. Doch Mr. Threader besaß den Anstand, sich zu beherrschen.
    »Ihr seid von der Bürgerkommission dazu auserwählt worden, morgen die Aufgabe des Wägers zu übernehmen, nicht wahr?«
    »Dr. Waterhouse, Ihr seid merkwürdig kundig in einer Sache, die angeblich geheim ist, und deshalb werde ich mich nicht zum Narren machen und es leugnen.«
    »Deswegen seid Ihr der Gegner – der Herausforderer – des Meisters der Münze.«
    »Auf diese Weise wurde von alters her die Gier der Münzbeamten in Schach gehalten«, sagte Mr. Threader zustimmend. »Das ist der Goldschmiede Pflicht und Ehre.«
    »Nur wirft das einen sonderbaren Interessenkonflikt auf«, bemerkte Daniel, »wenn man bedenkt, dass Sir Isaac es vor ein paar Wochen in der Hand hatte, Euch zusammen mit Jack Shaftoe nach Tyburn zu schicken,

Weitere Kostenlose Bücher