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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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unerschrockene papistische Kampftruppe wurde sicher von Ludwig XIV. aus einem geheimen Kapellen-Hauptquartier in einem Gewölbe unterhalb von Versailles losgeschickt.
    Aus einem für Jack unerfindlichen Grund kommt die Prozession jäh zum Stehen. Da er gerade in den christlichen Geist findet, nutzt er die Gelegenheit, sein scharlachrotes Cape abzustreifen und dem Priester zuzuwerfen, dem er sodann bedeutet, er solle es der armen alten Frau dort drüben geben, die sich irgendwie durch die Menge bis nach vorne gedrängt hat.
    Nun kommen die reichen Leute zu Wort. Die Prozession hat die Chancery Lane passiert und bewegt sich jetzt zwischen den Häusern der besseren Gesellschaft: Red Lyon Square, Waterhouse Square, Bloomsbury. Alle auf der nördlichen Seite. Auf der südlichen mündet, von Covent Garden und Long Acre kommend, die Drury Lane ein. Mit anderen Worten, Herzöge und Handelsfürsten beherrschen eine Seite der Prozessionsroute, Huren und Schauspielerinnen die andere. In ihrem Drang, Jack mit der Faust zu drohen, stürzen Millionen Pfund schwere Kaufherren praktisch von Balkons und Hausdächern. Die Damen auf der anderen Seite sind viel versöhnlicher. Einem Impuls folgend steht Jack auf, schüttelt seinen Rock ab und wirft ihn in eine Phalanx von Prostituierten. Im Handumdrehen ist er zerfetzt. Nun ist er bei seiner Weste aus Goldstoff angelangt, der bereits ein paar Knöpfe fehlen. Er richtet den Blick auf Jack Ketch, um sich davon zu überzeugen, dass er das auch mitbekommt. Und er tut es tatsächlich. Jacks Almosenverteilung vor St. Sepulchre hat den Henker erschreckt, aber nach einer Weile schien er es vergessen zu haben, hielt er es doch für eine Verirrung, einen Augenblick der Schwäche von Shaftoe. Was ihm einen umso größeren Stich versetzt haben muss, als Shaftoe begann, sich auszuziehen und seine unbezahlbaren Kleider unter den Pöbel zu werfen.
    Vor St. Giles’s findet eine weitere Zeremonie statt: Die Prozession hält an, damit Humpen mit Ale herausgebracht und den Gefangenen gereicht werden können. Jack trinkt mehrere und zahlt für jeden mit einem goldenen Knopf. Als sie sich wieder in Bewegung setzen und um Tottenham Court herum in die Oxford Road einbiegen, hängt die Weste lose an seinen Schultern, da kein einziger Knopf mehr übrig ist.
    Auf der Kreuzung steht eine Kutsche, wie ein Boot, das mitten in einem Sturm auf Grund gelaufen ist. Obendrauf steht ein dicker Herzog, der sich so postiert hat, damit Jack, während er gen Westen fortgeschleift wird, eine gute Sicht auf ihn hat. Er brüllt etwas, das sehr unangenehm sein muss, und als ihm klar wird, dass Jack über den allgemeinen Lärm hinweg gar nicht verstehen kann, was er sagt, läuft er hochrot an und beginnt mit einer solchen Wut zu schreien und zu gestikulieren, dass die Perücke auf seinem Kopf verrutscht. Die einfacheren Leute dagegen sind viel milder gestimmt, lässt man mal das ein oder andere zornige Fischweib außer Betracht. An der Kreuzung mit der Marybone Lane, wo die Landschaft sich schließlich nördlich der Straße weitet, kommt ein gewöhnlich aussehender Bursche mit einer Pinte Wein zu Jack und trabt neben ihm her, und Jack bezahlt ihn mit seiner goldenen Weste.
    Sie sind in Tyburn Cross angelangt. Es ist eine Wüste von den Ausmaßen des Pazifischen Ozeans, gepflastert mit menschlichen Gesichtern. Ein paar größere Gegenstände ragen hier und da aus der Flut heraus: eine liegengebliebene Kutsche, ein Baum, der vom Gewicht der vielen Menschen, die schon auf ihn gestiegen sind, bald zusammenbricht, dann und wann ein Mann auf einem Pferd und der Triple Tree selbst. Den Jack erst sieht, als er sich bereits darunter befindet. Es handelt sich um abgewandeltes Fachwerk aus sechs mächtigen Balken – drei senkrechten Pfeilern und drei Querbalken, die hoch über ihm ein Dreieck bilden -, auf seltsame Weise schön. Man hat das Gefühl, ein Haus ohne Dach zu betreten, eine Heimstatt, deren Decke der Himmel ist.
    Um den Fuß des Tödlichen Nimmergrüns wurde ein Platz von etwa einem Steinwurf Durchmesser freigehalten. Die Menge wird von Pikenieren, jetzt um die King’s Own Black Torrent Guards verstärkt, in Schach gehalten. Manche sitzen, den Blick nach außen gerichtet, mit gezogenen Säbeln und gespannten Pistolen auf ihren Schlachtrössern; andere sind abgestiegen und stehen mit aufgepflanztem Bajonett da.
    Die vorausgehenden Hinrichtungen scheinen ewig zu dauern. Jack belebt das Geschehen, indem er seine Beinkleider

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