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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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hören.«
    Zum ersten Mal war Peter Hoxton sprachlos.
    »Wie Ihr seht, bin ich geistesgestört – Ihr lasst mich am besten allein«, sagte Daniel, wandte Saturn abermals den Rücken zu und hielt nach einer Lücke im Verkehr auf der Gray’s Inn Lane Ausschau.
    »Was Mr. Teach angeht, werde ich bei der schwarzen Garde Erkundigungen einziehen«, sagte Peter Hoxton.
    Als sich Daniel das nächste Mal umzublicken wagte, war Saturn verschwunden.

Bloomsbury
    EINE HALBE STUNDE SPÄTER
    »Ein römischer Tempel am Stadtrand. Bescheiden. Nichts Auffälliges«, hatten, vor etwa fünfundzwanzig Jahren, Rogers Anweisungen ihm gegenüber gelautet.
    »Das schließt vermutlich aus, dass es ein Tempel des Jupiter oder des Apollo wird«, hatte Daniel entgegnet.
    Roger hatte zum Fenster des Kaffeehauses hinausgeschaut und sich taub gestellt, was er immer tat, wenn er vermutete, dass Daniel sich über ihn lustig machte.
    Daniel hatte seinen Kaffee getrunken und überlegt. »Zu den bescheidenen und niedrigen Göttern würde etwa... lasst mich überlegen … Vesta zählen. Die einschlägigen Tempel standen, wie Euer Haus, außerhalb der alten Stadtgrenzen.«
    »Gut. Prächtiger Gott, Vesta«, hatte Roger ein wenig distanziert gesagt.
    »Genau genommen eine Göttin.«
    »Na schön, wer zum Teufel war sie!?«
    »Die Göttin des Herdes, über alle Maßen keusch …«
    »Ach du lieber Himmel!«
    »Rund um die Uhr – oder vielmehr die Sonnenuhr – von den vestalischen Jungfrauen verehrt …«
    »Hätte nichts dagegen, ein paar davon im Haus zu haben, vorausgesetzt, sie nehmen es mit der Jungfräulichkeit nicht so genau.«
    »Keineswegs. Vesta selbst wurde beinahe von Priapus, dem ithyphallischen Gott, verführt...«
    Roger schauderte. »Ich kann es gar nicht erwarten, herauszufinden, was das bedeutet. Vielleicht sollten wir mein Haus zu einem Tempel des Priapus machen.«
    »Jede Hütte, die Ihr betretet, wird zu einem Tempel des Priapus. Nicht nötig, Geld für einen Architekten auszugeben.«
    »Wer hat gesagt, dass ich Euch bezahlen werde?«
    »Ich habe das gesagt, Roger.«
    »Aha, also gut.«
    »Ich werde Euch keinen Tempel des Priapus bauen. Ich glaube nicht, dass die Königin von England Euch je besuchen würde, Roger, wenn Ihr in einem solchen Haus wohnen würdet.«
    »Dann nennt mir einen anderen bescheidenen, anspruchslosen Gott!«, hatte Roger, mit den Fingern schnipsend, gefordert. »Na los, ich bezahle Euch nicht fürs Kaffeetrinken!«
    »Vulkan ginge immer.«
    »Ein Hinkender!«
    »In der Tat litt er ein wenig unter der Gicht, wie so mancher feine Herr«, hatte Daniel geduldig gesagt, »aber er hat die schönsten Göttinnen besessen – darunter auch die Venus selbst!«
    »Ha! Der Wüstling!«
    »Er war Herr der Metalle – obwohl niedrig und verachtet, hat er mit seinem Erfindungsreichtum Titanen und Götter gefesselt -«
    »Metalle – wie zum Beispiel -?«
    »Gold und Silber.«
    »Kapital!«
    »Und er war natürlich der Gott des Feuers und der Herr der Vulkane.«
    »Vulkane! Ein altes Fruchtbarkeitssymbol – mit ihren Strahlen aus geschmolzenem Stein, die sie hoch in die Luft spritzen«, hatte Roger sinnend gesagt und Daniel damit veranlasst, sich mitsamt seinem Stuhl mehrere Zoll zurückzuschieben. »Gut! Damit wäre das entschieden – baut mir einen Tempel des Vulkan – geschmackvoll und preiswert, wohlgemerkt – gleich hinter dem Bloomsbury Square. Und baut mir einen Vulkan ein!«
    Das – baut mir einen Vulkan ein - war Rogers erste und letzte Anweisung an Daniel bezüglich der Innenraumgestaltung gewesen. Daniel hatte diesen Teil des Auftrages an einen Silberschmied abgegeben – keinen Geld- Silberschmied, sondern einen der alten Schule, der noch immer davon lebte, dass er buchstäblich Silber schmiedete. Damit hatte er sich darauf konzentrieren können, den eigentlichen Tempel des Vulkan zu entwerfen, was keinerlei Schwierigkeiten geboten hatte. Viele Griechen waren schon vor zweitausend Jahren dahintergekommen, wie man Gebäude dieses allgemeinen Typus baute, und dann hatten die Römer Kniffe ersonnen, wie man sie schnell hochziehen konnte, Kniffe, die mittlerweile jedem Handwerker in London zur zweiten Natur geworden waren.
    Ohne wirklich daran zu glauben, dass Roger den Tempel jemals bauen lassen würde, hatte sich Daniel vor einen großen, sauberen Bogen Papier gesetzt und sich darangemacht, Element auf Element zu häufen: Und eine ganze Menge Plinthen, Pilaster, Architrave, Urnen, Archivolten und Finialen

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