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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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werden.
    »Aus dem Haus oder -«
    »Gott bewahre! Nein, er ist wie eh und je das Mittelstück des Hauses, Doktor! Es ist nur so, dass dieser Teil des Hauses, das heißt der Teil, den Ihr entworfen habt, in einigen Räumen kleiner zu wirken begann, als es Rogers Geschmack entsprach.«
    »Worauf man Mr. Hooke beauftragt hat, die Flügel anzubauen.«
    »Ihr kennt die Geschichte, Dr. Waterhouse, deshalb werde ich Euch nicht damit langweilen, sondern nur so viel sagen, dass der Anbau einen Ballsaal enthält, der endlich groß genug ist, um den Vulkan so zur Geltung zu bringen, wie er es verdient.« Und damit wirbelte sie herum und stieß eine dem Vestibül gegenüberliegende Flügeltür auf, sodass Licht von den Fenstern des Salons hereinströmte. Daniel trat ein und blieb verblüfft stehen.
    Als dieser Raum fertiggestellt worden war, hatte man von den Fenstern aus einen Blick nach Norden über eine Wiese genossen, aus der bald ein Park werden sollte: einen Blick, der Daniel am Herzen gelegen hatte, weil er praktisch dem entsprach, den man von der Rückseite von Drakes altem Haus gehabt hatte. Doch inzwischen war der Park zu einem Hof zurückgestutzt worden, und gleich auf der anderen Seite, einen Steinwurf entfernt, erhob sich ein Barockpalast. Dieser Raum, den Daniel als ruhigen Rückzugsort konzipiert hatte, von dem aus man einen weiten Blick auf Blumen und Grün genießen konnte, war zu einer Art Besichtigungsgalerie zur Betrachtung der Pracht des eigentlichen Hauses reduziert worden.
    »Vanbrugh«, erklärte Catherine. Derselbe, der Blenheim Palace für den Herzog von Marlborough baute.
    »Hooke -«
    »Mr. Hooke hat die Flügel gebaut, die, wie Ihr seht, den Hof umfangen, und sie verbinden Euren Tempel mit Mr. Vanbrughs, äh...«
    Fickhaus für die Götter lag Daniel auf der Zunge, aber er konnte schlecht mit Steinen nach Vanbrugh werfen, da er den Bau begonnen hatte. Alles, was ihm einfiel, war: »Welch eine unverdiente Ehre für mich, dass Vanbrugh so großartig beendet hat, was ich so schlicht begonnen habe.«
    Die Sessel im Salon waren in einem dem Fenster zugewandten Bogen angeordnet. Catherine ging zwischen zweien hindurch und öffnete eine Verandatür, die nach dem ursprünglichen Plan auf die lange, mittlere Promenade des Parks geführt hatte. Stattdessen folgte Daniel ihr nun auf Pflasterplatten aus Marmor und um den Rand eines achteckigen Wasserbeckens herum. In dessen Mitte befand sich ein Springbrunnen mit einer Bronzeskulptur, einer großen, klassischen Handlungsszene: Ein muskulöser Vulkan warf sich auf kräftigen, aber krummen Beinen nach vorn, auf Minerva, die kühle Behelmte, die ihn mit einem Arm zurückstieß. Überall verstreut Schwerter, Dolche, Helme und Kürasse mit dem einen oder anderen halbfertigen Blitz dazwischen. Vulkans knotige Finger rissen Minerva den Brustpanzer weg und entblößten einen Körper, der offensichtlich dem von Catherine Barton nachempfunden war. Daniel erkannte die Geschichte: Minerva begibt sich zu Vulkans Schmiede, um sich Waffen und eine Rüstung zu besorgen; Vulkan wird von Begierde entflammt und bedrängt sie; sie, eine wehrhafte Göttin, hält ihn in Schach, und er muss sich damit zufriedengeben, auf ihr Bein zu ejakulieren. Sie wischt sich mit einem Lumpen ab, den sie auf den Boden wirft, wodurch sie Mutter Erde befruchtet, die später Erichthonius zur Welt bringt, einen frühen athenischen König, der den Gebrauch des Silbergeldes einführte.
    Die Skulptur war schwer mit Anspielungen und Zeichen befrachtet: Mit der freien Hand griff Minerva bereits nach einem Lumpen, und Vulkan war unheilvoll dicht daran, mit ihrem glatten Oberschenkel in Berührung zu kommen. Kleinere Skulpturengruppen schmückten die Enden des Brunnenbeckens; an dem Ende, das Daniels Gebäude näher lag, ein Säugling, der im Schoß einer Art Fruchtbarkeitsgottheit (jede Menge Füllhörner) lag und mit Trauben gefüttert wurde. Gegenüber, bei Vanbrughs Gebäude, ein gekrönter König, der auf einem Stapel Barren saß. Während sie um das Becken herumgingen, verspürte Daniel ein wunderliches Verlangen, den Kopf zu drehen und dahinterzukommen, wie der Bildhauer bestimmte Einzelheiten gestaltet hatte. Besonders interessierte ihn, woraus das Wasser spritzte. Zugleich konnte er nicht ertragen, es zu sehen. Catherine ignorierte den Brunnen völlig; sie wollte nicht darüber reden, hatte das Gesicht abgewandt, ihre Haltung entsprach derjenigen Minervas. Daniel gab sich damit zufrieden, ihr durch

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