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Pringle in Trouble

Pringle in Trouble

Titel: Pringle in Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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bißchen
erstaunt war sie schon, was die Menge anging.
    Die Frage des Gehalts hatten sie nur
erst am Rande behandelt; allerdings hatte er sie gleich gewarnt, viel könne er
nicht zahlen. Sie hatte ihn beruhigt: Dafür, daß sie mit einem Genie arbeiten
dürfe, nehme sie Abstriche am Gehalt gern in Kauf. Einem spontanen Impuls
folgend — warum auch nicht? —, drehte sie sich um und lächelte ihm über zwei
Tische hinweg zu. Er reagierte nicht. Ratlos und gekränkt senkte sie den Blick
wieder auf den Teller. Es mangelte ihr einfach an der nötigen Phantasie, sich
vorzustellen, daß er sie, nachdem er sich ihrer Dienste als Wäscherin, Büglerin
und Sekretärin versichert hatte, umgehend aus seinem Gedächtnis gestrichen
hatte.
    Das Mittagessen nahm nur kurze Zeit in
Anspruch. Hugh war als erster fertig.
    «Hat irgend jemand Lust auf einen
Spaziergang?»
    «Ja, warum nicht», sagte Clarissa
sofort.
    «Wir könnten uns den Park ansehen»,
schlug er vor. «Dort sollen Pestopfer begraben liegen.»
    «Das sollten wir uns auf keinen Fall
entgehen lassen!»
    «Aber um halb drei muß ich wieder
zurück sein zur Massage.»
    «Ich habe dann auch einen Termin.»
    «Sollen wir einfach die Gymnastik
schwänzen und um vier gehen?»
    «Einverstanden.»
    Leise vor sich hin summend ging er hoch
auf sein Zimmer. Er hatte eine Verabredung getroffen! Später auf dem
Massagetisch fiel ihm ein, daß er Marion noch immer keine Postkarte geschickt
hatte. Morgen mußte er endlich daran denken.
     
     
    Der Himmel über ihnen wölbte sich
dramatisch in Grau und Gold, als sie aufbrachen. «Viel besser, als sich jetzt
schon wieder die Glieder auszurenken», sagte er in Anspielung darauf, daß der
Gymnastikraum im ehemaligen Kerker untergebracht war. «O ja, sehr viel besser»,
stimmte sie ihm zu.
    «Ich werde immer ganz träge, wenn ich
nicht ab und zu rauskomme.»
    «Ja, mir geht es ganz genauso»,
pflichtete sie ihm bei. Sie gingen im Gleichschritt; unter ihren Füßen
raschelte das Herbstlaub. Ein früher Frosteinbruch hatte die Blätter über Nacht
absterben lassen.
    «Ich finde, Sie sehen hübsch aus heute
nachmittag.» Unsicher sah er sie von der Seite an — vielleicht mochte sie ja
keine Komplimente. Ihre bunten Wollhandschuhe sahen aus wie die eines
Schulmädchens. Er hatte das Gefühl, als müsse er sie beschützen. Mutig griff er
nach ihrer Hand.
    «Mal sehen, wer erster ist!» rief sie
plötzlich und rannte los. Er trabte gemütlich hinterdrein. Sie wußte schon, daß
er bereits fünfundvierzig war, aber sie mußte ihn nicht auch noch keuchend und
atemlos sehen. Als er ankam, saß sie auf einem Baumstamm. Sie blickte zu ihm
hoch und lächelte ihm zu. Vorsichtig beugte er sich zu ihr hinunter und gab ihr
einen sanften Kuß.
    Er hätte hinterher nicht mehr sagen
können, wie weit sie gegangen waren und wohin. Vermutlich waren sie im Park
herumgelaufen; er konnte sich jedenfalls dunkel erinnern, daß überall Bäume
gewesen waren. Aber wirklich wahrgenommen hatte er nur sie. Sie waren
umhergelaufen, stehengeblieben, hatten geredet und sich geküßt. Ab und zu hatte
er voller Verwunderung gesagt: «Das ist ja lächerlich, wie wir uns hier
benehmen», und sie hatte ihm lachend zugestimmt. Ab und zu hatte sie ihn ein
wenig aufgezogen mit seinem Beruf und seiner Ernsthaftigkeit. Als sie am Ende
des Parks angekommen waren und er realisierte, daß sie jetzt umkehren mußten,
hatte er sie in den Arm genommen und geküßt, wie er noch nie zuvor eine Frau
geküßt hatte.
    «Und was jetzt?» fragte sie, nachdem er
sie losgelassen hatte.
    «Das hängt ganz von dir ab», sagte er
und wartete angstvoll, was sie wohl sagen würde.
    Sie verzog nachdenklich die Stirn. «Ich
bin nicht jemand, der einfach so herumschläft. Ich fand immer, daß das für eine
Frau nicht viel bringt.»
    «Ich glaube, für einen Mann auch
nicht», sagte er, «auch wenn es immer noch viele Männer gibt, die das tun. Aber
ich glaube, daß es dann nur eine rein physische Sache ist, daß sie damit nur
einen gewissen Hunger stillen — auf kurze Zeit. Ich könnte dich nie auf diese
Art mißbrauchen, es erschiene mir... obszön.» Sie sah ihn lange an. «Ich habe
Jonathan einmal geliebt, aber das ist jetzt zehn Jahre her. Er war noch nicht
so — so eitel und egoistisch wie jetzt. Seine Sendungen damals waren noch
wirklich gut, nun ja, nicht alle, aber einige immerhin. Aber er gab sich noch
Mühe. Arbeit und Gefühl, das geht bei dieser Art Job immer etwas
durcheinander.»
    Hugh

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