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Pringle in Trouble

Pringle in Trouble

Titel: Pringle in Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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nickte nur. Er wollte, daß sie
weitersprach.
    «Ich habe erst allmählich begriffen,
wie rücksichtslos er ist.»
    «Rücksichtslos?» Das war so ziemlich
die letzte Eigenschaft, die er Jonathan zugeschrieben hätte.
    «Ja, ja, rücksichtslos», bekräftigte
sie. «Nur dadurch hat er sich doch so lange halten können — hast du in letzter
Zeit mal eine Sendung von ihm gesehen?» Hugh schüttelte den Kopf. «Da hast du
nichts verpaßt. Wenn das Kapital an Einfällen und Ideen nur klein ist, dann
bleibt dir in unserer Branche nichts anderes übrig, als zu versuchen, mit
Sturheit und einer gewissen Skrupellosigkeit oben zu bleiben. In letzter Zeit
ist er allerdings öfter übers Ziel hinausgeschossen. Er hat angefangen, Leute
während des Interviews anzuschreien und sich mit ihnen zu streiten. Und die
nächste Serie wird grauenvoll; der Redakteur hat getan, was er konnte, aber hat
gerade nur das Schlimmste verhindert.»
    Sie hatte sich in eine für ihn
unerreichbare Welt zurückgezogen, und dabei hatte er sich ihr eben noch so nahe
gefühlt wie nie einem Menschen zuvor.
    «Mußt du denn unbedingt weiter mit ihm zusammenarbeiten?»
fragte er etwas unwillig.
    «Nein, es ist nur schwer, aus alten
Gewohnheiten auszubrechen.» Sie sah ihn an, und plötzlich schien sie ihn wieder
wahrzunehmen.
    «Und wie sieht es bei dir aus — was ist
mit der ehelichen Treue?» Er hatte diese Frage erwartet. «Marion will schon
seit langem die Scheidung. Ich war derjenige, der sich immer vor diesem Schritt
gedrückt hat.»
    «Hat sie dir gesagt, daß sie die
Scheidung will?»
    «Direkt gesagt hat sie es nicht, aber
sie hat des öfteren Witze gemacht. Sie hat gesagt, sie bliebe nur bei mir, um
mich vor meinen Patienten nicht bloßzustellen. Aber jetzt werde ich sie fragen.
Ich bin ganz sicher, daß sie einwilligen wird. Du siehst, was mich angeht...»
Er gab sich einen Ruck. «Meinst du, wir beide...?» Sie schüttelte heftig den
Kopf. «Ich finde, jeder von uns beiden muß erst mal sehen, daß er mit seinen
eigenen Problemen klarkommt.»
    Er lächelte sie zerknirscht an,
hoffentlich wandte sie sich jetzt nicht von ihm ab: «Aber sicher, das verstehe
ich doch. Ich hätte dich nicht gleich jetzt fragen dürfen, das war viel zu
früh. Sag mal, was würdest du übrigens von einer Tasse Tee halten?»
    «Tee?!» Sie starrte ihn so verblüfft
an, daß er lachen mußte. Und plötzlich spürte er überhaupt keine Angst mehr.
Eine Welle von Zutrauen durchströmte ihn, die auch den letzten Rest von
Unsicherheit wegschwemmte. «Selbst der leidenschaftlichste Mann muß sich bei
diesem Wetter ab und zu mal aufwärmen. Romeo lebte in Verona, aber wir sind
hier in Yorkshire. Und außerdem war er erheblich jünger, ich bin gegen ihn ja
schon fast ein alter Mann.» Es war das erste Mal, daß er auf sein Alter
angespielt hatte. Und die Erwähnung schmerzte — selbst noch als Scherz. Sie
griente ihn an.
    «Ich fand, eben hast du aber sehr
jugendlich gewirkt.»
    «Vielen Dank für das Kompliment.
Trotzdem brauche ich, bevor ich mich mit den Problemen meiner Zukunft — oder
darf ich sagen ‹unserer Zukunft›...?» Sie hob unschlüssig die Schultern,
widersprach aber nicht.
    «Also was ich sagen wollte, war, daß
ich, bevor ich mich den Problemen meiner beziehungsweise unserer Zukunft
zuwenden kann, unbedingt einen Tee brauche. Und zwar sofort. Einverstanden?»
    «Einverstanden.» Untergehakt und im
Gleichschritt marschierten sie vorbei an Brucies Grab und auf das Schloß zu.
    «Tief durchatmen», sagte sie, den Blick
auf die abweisende Granitfassade gerichtet.
    «Soll ich es ihm sagen, oder willst
du...?»
    Sie schüttelte den Kopf. «Ich mach das
schon, ich kenne Jonathan besser als du.»
    Er war so erleichtert darüber, daß sie
es ihm abnahm, daß er sich vor sich selbst schämte. «Also du brauchst bloß ein
Wort zu sagen, und ich...»
    «Nein, bring du es mal deiner Frau
bei.»
    «Aber erst brauche ich eine Tasse Tee.
Am besten zwei!» Schweigend passierten sie die Zugbrücke und traten durch die
Flügeltüren in die Eingangshalle. Sie gerieten mitten in einen Orkan.
     
     
    Miss Fawcett kreischte, kaum daß sie
ihrer ansichtig wurde, los: «Wo sind Sie gewesen?! Er ist außer sich! Hat
völlig den Verstand verloren.» Ihre erste Begegnung mit einem Genie hatte sie
offenbar an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gebracht.
    «Ach, da sind Sie ja», sagte Mrs. Burg,
wie immer die Ruhe sdbst. Über die Schulter hinweg rief sie nach hinten: «Alles
in

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