Pringle in Trouble
froh gewesen, wenn es bei
solch kleinem Unbill geblieben wäre; doch die Götter hatten eine viel größere
Überraschung für ihn in petto.
Jonathan saß bereits am Tisch, als er
eintrat, natürlich neben Clarissa. Hugh setzte sich, ohne eine Aufforderung
abzuwarten, einfach dazu. «Und wer ist dieses hohe Tier, den Sie unbedingt
anrufen müssen?» fragte er. Menschen wie Jonathan gab man am besten von
vornherein die Möglichkeit, von sich zu erzählen, das stimmte sie friedlich.
Und er brauchte ja nicht zuzuhören. Er hatte schon vor Jahren eine Technik
entwickelt, in der Sprechstunde aufmerksam zu erscheinen, obwohl er in
Wirklichkeit nicht ein Wort mitbekam. Irgendwie mußte man überleben. Jonathan
begann weitschweifig und detailliert, die komplizierte Hierarchie von Shepherd’s
Bush zu schildern. Hugh zwinkerte Clarissa verschwörerisch zu.
«Sitzbad?» fragte sie lautlos, nur die
Lippen bewegend.
«Und Schlauch», antwortete er ebenso
lautlos.
Es war Mrs. Rees, die Jonathans Gelaber
ein abruptes Ende bereitete. «Also, Jonty, noch mal höre ich mir das alles
nicht an, eher wechsle ich an einen anderen Tisch.» Hugh nippte an seinem
Kräutergebräu. Es war süß und herb zugleich. Wie das Leben, dachte er
sentimental.
Miss Fawcett saß gegenüber von Mrs.
Burg und redete in gedämpftem Ton auf sie ein. Was sie mitzuteilen hatte, war
so aufregend, daß sie beinahe daran erstickte. Mr. Powers habe ihr, Virginia,
vertraulich erklärt, daß er im Anschluß an sein noch ausstehendes Telefongespräch
mit großer Wahrscheinlichkeit eine Sekretärin benötigen würde, eine Sekretärin,
die auch stenografieren könnte und die in der Lage wäre, seine Worte zu Papier
zu bringen, sobald er sie ausgesprochen hätte. «‹Sie muß genauso schnell
schreiben, wie ich denke›, hat er gesagt.» Sie imitierte sogar seine Pausen:
«Meine Gedanken... sind mitunter... wie Lava... die sich in ein Tal... ergießt...
glühend heiß und alle Hindernisse überwindend... Glaubst du... du wärst... dem
gewachsen?» — «Klingt, als hätten Sie einen anstrengenden Nachmittag vor sich»,
kommentierte Mrs. Burg trocken. «Auf die Pritchett mochte er nicht so gern
zurückgreifen, weil sie so ungenau sei. Komisch, nicht? Bei der Herkunft
und der Erziehung, die sie gehabt hat, sollte man doch denken, sie
könnte so etwas.»
Mrs. Burg saugte das letzte
Fruchtfleisch aus ihrer Pampelmuse. «Am Können wird es nicht liegen.
Stenografieren und tippen kann schließlich jeder Idiot. Aber vielleicht hat sie
keine Lust, sich anzustrengen.»
Neidische Kuh, dachte Miss Fawcett.
Dann würde sie eben den Rest — das Wichtigste — für sich behalten. Jonathan
hatte nämlich durchblicken lassen, er brauche mehr als nur eine Sekretärin.
Clarissa habe ihm gegeben, was sie ihm zu geben hätte — aber es habe eben nicht
gereicht. Und ein Künstler könne nur kreativ sein, wenn er die richtige
Gefährtin an seiner Seite habe... Taktvoll wie er war hatte er es vermieden,
sie dabei anzusehen, und wie in Gedanken mit seinem Füllfederhalter gespielt.
In abgerissenen Sätzen, so als rede er zu sich selbst, hatte er von Clarissas
und seinem Leben gesprochen. Doch dann hatte er sich zusammengenommen und ihr
auf seine unvergleichliche Art zugelächelt. «Aber das bleibt alles unter uns,
nicht wahr? Ich möchte Clarissa, der guten Seele, nicht weh tun...» Irgendwie
bedauerte sie es, Aquitaine verlassen zu müssen. Sie war schon fast
fünfzehn Jahre hier, und Mrs. Willoughby behandelte sie mittlerweile fast, als
gehöre sie zur Familie. «Aber auch nur fast, nicht wahr?» hatte Jonathan mit
einem kleinen, mitleidigen Lächeln gesagt.
Er war eben ein sensibler Mann, der
auch noch auf Nuancen achtete. Sie hatte ihm gesagt, daß sie bereit sei, für
ihn ihre Stelle aufzugeben, und da war er auf einmal sehr ernst, beinahe streng
geworden: Sie solle um Gottes willen nichts übereilen.
«Die besten Dinge im Leben sind es
immer auch wert, daß man auf sie wartet. Nicht wahr? Laß uns das Jetzt genießen
und das Glück dieses Augenblicks zur Gänze ausschöpfen...» Und dann hatte er
sie gebeten, ob es sich wohl einrichten ließe, daß sie ein paar Sachen für ihn
wasche und bügele. Nicht viel — ein halbes Dutzend Hemden, einige Unterhemden
und Unterhosen, zwei, drei Paar Socken. Vor seiner Abreise sei es derart
hektisch zugegangen, daß er einfach nicht dazu gekommen sei, sich um diese
Dinge zu kümmern. Miss Fawcett nickte ihr Einverständnis, aber ein
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