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Pringle in Trouble

Pringle in Trouble

Titel: Pringle in Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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verleumderische Reden, und mit Clarissa neben sich fühlte
er auf einmal einen pubertären Drang, es diesem Burschen endlich einmal richtig
zu zeigen. Seine innere Stimme, die ihn anflehte, innezuhalten, ignorierend,
schritt er breitbeinig und mit vorgerecktem Kinn durch den Raum direkt auf
Jonathan zu. Hinter ihm klaffte eine Schneise des Schweigens.
    Jonathan tat, als merke er nichts. Er
blickte erst hoch, als Hugh unmittelbar vor ihm stand, griff dann nach seinem
Glas und schob es mit vielsagendem Lächeln beiseite. «Doch nicht schon wieder,
Dr. Godfrey, oder?» Es klang unendlich gelangweilt. «Champagner läßt zwar die
Augen glänzen, aber er sollte innerlich zur Anwendung kommen — nicht
äußerlich.» Miss Fawcett kreischte begeistert auf, und Jonathan lächelte ihr
huldvoll zu. Hugh platzte der Kragen. Er riß Jonathan am Arm und zwang ihn, ihm
ins Gesicht zu blicken. Jonathan gab sich beleidigt: «Ich finde, Sie sollten
etwas mehr Rücksicht darauf nehmen, daß ich noch unter Schock stehe. Die
Nachwirkungen des entsetzlichen Anblicks heute morgen...»
    «Sie und unter Schock!» sagte Hugh
höhnisch. «Daß ich nicht lache! Ich bin, wie Sie inzwischen wissen dürften,
Arzt, und außerdem Weltmeister im Erkennen von Simulanten. Wenn Sie sich
schlecht fühlen, dann höchstens deshalb, weil Sie, seit Sie hier sind,
ununterbrochen heimlich Mars-Riegel in sich hineingestopft haben...»
    «Bloß vier!» sagte Jonathan kleinlaut.
    «...und letzte Nacht noch über des
Colonels Wildpastete hergefallen sind», fuhr Hugh unerbittlich fort.
    Jonathan holte tief Luft, um lauthals
alles abzustreiten, aber Hugh ließ ihn nicht zu Wort kommen: «Beim Anblick von
van Tenkes Leiche wurde Ihnen übel, und Sie haben alles wieder ausgekotzt. Der
Colonel hat die Schweinerei gesehen und wußte gleich, was es war. Sie müssen es
in den frühen Morgenstunden zu sich genommen haben, dem Verdauungszustand nach
zu urteilen, und das bedeutet, daß Sie während der letzten Nacht zumindest
zeitweise nicht auf Ihrem Zimmer waren. Weiß die Polizei das eigentlich schon?»
    Jonathan schwieg.
    «Das dachte ich mir», sagte Hugh
befriedigt, «und wenn mir jetzt noch einmal zu Ohren kommt, daß Sie, ausgerechnet
Sie, mich beschuldigen, der Täter zu sein, dann... dann werde ich Sie
eigenhändig erwürgen.» Im selben Moment merkte er, daß das vielleicht keine
besonders glückliche Formulierung war, aber nun war es zu spät.
    Und tatsächlich, Mrs. Arburthnot ließ
sich die Gelegenheit nicht entgehen. «Genauso hat er den armen van Tenke umgebracht»
rief sie schrill.
    «Ach! Woher wissen Sie denn das so
genau? Mir war dergleichen bisher nicht bekannt — und immerhin bin ich es
gewesen, der die Leiche aus dem Wasser gezogen hat.» Sheila Arburthnot sah ihn
mit offenem Mund an; es hatte ihr ausnahmsweise einmal die Sprache verschlagen.
Auch von den anderen Gästen sagte niemand einen Ton. Er blickte wie ein
Triumphator in die Runde. «Und sollte vielleicht sonst noch jemand auf die Idee
kommen, irgendwelche wüsten Anschuldigungen gegen mich loszulassen, dann werde
ich meinen Anwalt einschalten.»
    Der Mann würde ganz schön Augen machen,
dachte Hugh mit einem Anflug von Stolz. Nicht nur ein lächerlicher
Hypothekenvertrag, nein, Scheidung, Mord und Verleumdung! Und das alles auf
einen Schlag. Bei dem Gedanken an die Rechnung allerdings wurde ihm flau im
Magen.
     
     
    Mrs. Rees begrüßte Clarissas Vorschlag,
sich über Nacht bei ihr einzuquartieren, mit geradezu rührender Begeisterung.
«Ich habe mich schon so davor gefürchtet, die Nacht allein zu verbringen. Nimm
du das Bett, meine Liebe, ich kann gut auf der Couch schlafen.»
    «Kommt ja überhaupt nicht in Frage, das
fiele mir nicht im Traum ein.»
    Sie waren auf dem Weg zu Mrs. Rees’
Zimmer. Diese war es ein Leben lang gewöhnt gewesen, sich zum Abendessen
umzuziehen, und der Mord war für sie kein Grund, von dieser Gewohnheit
abzugehen. «Ich habe mich sogar zum Abendessen angekleidet an den Tagen, als
Harold und George gestorben sind», sagte sie nur, «der Tod dieses van Tenke
wird mich bestimmt nicht daran hindern.»
    «Dann laß mich dir wenigstens helfen»,
sagte Clarissa, die gesehen hatte, daß die altersfleckigen Hände heute noch
mehr zu zittern schienen als sonst. Offenbar machte sich die Arthritis wieder
einmal besonders schlimm bemerkbar.
    Vorsichtig ließ sie das Spitzenkleid
über Mrs. Rees’ Frisur gleiten und legte ihr behutsam die Stola um. Die alte
Dame sah so

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