Pringle in Trouble
nebeneinander
her. Nach einer Weile sagte der Inspector: «Es ist eine verdammt lange Strecke,
verdammt lang.» Als sie im Erdgeschoß waren, bemerkte Pringle: «Wirklich
Pech... Es waren gestern nacht so viele Leute unterwegs, aber keiner hat auf
die Uhr geschaut.»
«Das tun sie nur in Kriminalromanen»,
sagte der Inspector verdrießlich. Stumm starrten sie den Gang hinunter, an
dessen Ende das Solarium lag. «Wie lange hat es gedauert, bis van Tenke
bewußtlos war?» wollte Pringle wissen.
«Ungefähr dreißig Sekunden. Der
Gerichtsmediziner meint, daß, wer immer es gewesen ist, genau gewußt hat, was
er tat. Der Riemen hat tief eingeschnitten, sehr tief; ansonsten keine weiteren
Anzeichen für Verletzungen.»
«Aber selbst dreißig Sekunden sind eine
sehr lange Zeit, wenn man so stark zuzieht.»
Der Inspector sah ihn nachdenklich an:
«Sie wollen sagen, daß es zwei Leute gewesen sein müssen?»
«Ja, das erscheint mir
wahrscheinlicher. Hat man ihm übrigens das Schwertgehänge umgegürtet, bevor
oder erst nachdem er bewußtlos war?»
«Das kann ich nicht sagen. Ich weiß
nur, daß er es umhatte, bevor er starb, und das heißt, bevor er in den Pool
geworfen wurde. Der tatsächliche Tod trat ein durch Ertrinken. Kommen Sie...»
Sie setzten sich wieder in Bewegung. «Recht schwieriges Geschäft, eine Leiche
zu beurteilen», bemerkte der Inspector und fuhr fort: «Er muß au f
jeden Fall noch bei Bewußtsein gewesen sein, als sie ihm den Helm aufsetzten — wegen
der Schnalle.» Mr. Pringle sah ihn verständnislos an, und der Inspector
erklärte es ihm. Als er fertig war, hatte Mr. Pringle zwei Sachen begriffen — eine
davon, und nicht die unwichtigste, war, daß der Inspector ihn offenbar wieder
in sein Vertrauen zog.
«Wo steht eigentlich die Rüstung, von
der der Helm und das Schwertgehänge stammen?» fragte er.
«Nicht von hier oben», sagte der
Inspector. «Diese hier—» seine Handbewegung umschloß zweihundert Jahre
Geschichte der Familie Willoughby — «diese hier sind alle aus jüngerer Zeit.
Die mittelalterlichen Rüstungen sind alle unten in der Nähe des Gymnastikraums
aufgestellt. Wegen der Versicherung. Der Mörder hat sich dort bedient.»
«Merkwürdig», sagte G. H. D. Pringle.
Als sie das Solarium betraten, blieb
Pringle wie angewurzelt stehen. «Sehen Sie nur, dieser Sternenhimmel!» rief er.
Der Raum selbst lag im Halbdunkel, doch hoch oben unter der Kuppel, durch das
Glas deutlich zu sehen, funkelten Millionen und aber Millionen von Sternen,
deren Leuchten um so prächtiger schien, als es sich gegen die undurchdringliche
Schwärze der Nacht absetzte. D.I. Keatly sah ihn mißtrauisch an: «Sie werden
mir doch jetzt wohl nicht sentimental werden? Gleich fangen Sie noch an,
Gedichte aufzusagen...»
Pringle schüttelte den Kopf. «Keine
Angst. Ich lese weder, noch schreibe ich Gedichte, und ich kann nicht einen
einzigen Vers auswendig.»
«Na, ein Glück. Ich kann Leute, die
Gedichte zitieren, nicht ausstehen. Sie erinnern mich immer daran, daß ich die
Mittlere Reife nicht geschafft habe. Das einzige übrigens, was mich jetzt noch
auf den Beinen hält, ist der Gedanke an den Überstundenzuschlag.»
Mr. Pringle spürte, wie ihn
Erleichterung durchströmte. Vielleicht war in Keatlys Ordnung der Dinge ja doch
ein Platz für ihn übrig.
«Tja also», sagte der Inspector, ging
zu einer Bank im Stil der klassischen Antike, zog sich das Jackett aus,
lockerte seine Krawatte und ließ sich mit einem wohligen Seufzer darauf nieder.
«Das ist jetzt das zweite Mal, daß ich den Weg von seinem Zimmer ins Solarium
zurückgelegt habe — er erscheint mir fast länger als beim erstenmal. Aber das
tut jetzt nichts zur Sache. Gehen wir lieber noch einmal systematisch alles
durch; ich würde vorschlagen, daß wir die, die als Täter sowieso nicht in Frage
kommen, gleich weglassen und uns auf die anderen konzentrieren. Was wir wissen
ist daß sich gestern abend alle Gäste, einschließlich van Tenke, zunächst im
Speisesaal aufhielten und so Zeugen des Zusammenstoßes zwischen Dr. Godfrey und
Mr. Powers waren. Als erste verließ dann Miss Pritchett den Saal — ziemlich
überstürzt, wie ich annehme; Dr. Godfrey folgte ihr wenige Minuten später. Und
was kam dann?»
«Als nächster ging Mr. van Tenke,
zusammen mit zwei, drei anderen Gästen. Danach will ihn keiner mehr gesehen
haben.»
«Abgesehen von Mrs. Arburthnot.»
«Ja.»
«Bleiben wir in der zeitlichen Abfolge.
Nach dem Schlagabtausch
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