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Prinz-Albrecht-Straße

Prinz-Albrecht-Straße

Titel: Prinz-Albrecht-Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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in Ekstase, die Stimmung war wunderbar. Und Ira tanzte, wirbelte herum, drehte sich, lächelte, trank, lehnte sich an. Ihr Gesicht war erhitzt. Sie schwebte über das Parkett und konnte es nicht fassen, daß sie vor drei Tagen noch durch knietiefen Schnee gestapft war, klamm vor Furcht und Kälte …
    Zuerst fiel es ihr gar nicht auf, daß Georg an diesem Abend zu ihrem ständigen Begleiter wurde. Er hatte eine nette Art zu lächeln und eine kluge Manier zu schweigen. Sein Gesicht wirkte so zuverlässig wie seine Hände ruhig.
    »Sie gefallen mir«, sagte er.
    »Danke …«, erwiderte die junge Frau.
    Margot kam auf sie zu. »Amüsiert ihr euch?« fragte sie überflüssig.
    »Gleich geht's los«, antwortete Georg. Er gab Ira den Arm und zog sie an die Bar.
    »Sekt«, rief er schon von weitem. Man merkte an seiner betonten Aussprache, daß es für ihn ein Feiertagsgetränk war. Er drückte Ira das Glas in die Hand.
    »Prost!« sagte er. »Auf uns …«
    Sie zögerte.
    »Oder nicht …?«
    »Auf den Abend«, erwiderte Ira.
    »Sie machen ein Gesicht, als ob er schon zu Ende wäre …« Georg lachte. »Und morgen ist auch noch ein Tag …«
    Wieder erschrak die junge Frau. Morgen. Oder übermorgen. Eines Tages ganz bestimmt …
    »Sie sehen auf einmal so bekümmert aus«, sagte der junge Mann.
    »Trinken wir lieber …«, versetzte Ira.
    Dann kreiselte der Saal wieder. Wirbelnde Gesichter. Um sie herum riß das Lachen nicht ab. Drehte sie sich, spürte sie Georgs leichten Druck, seine feste Hand, sein Atem streifte sie. Sie wurde weich, biegsam, verträumt.
    Irgendwann kam sie zum Stillstand. Irgendwo. In einer Schnaufpause am Gang. In der Nische. Seine Arme zogen sie an sich. Er küßte sie. Aber Iras Lippen blieben kühl, öffneten sich nicht. Und Georg hatte die Empfindung, eine Puppe im Arm zu halten und keine Frau.
    »Was haben Sie nur?« fragte er betroffen.
    »Nichts …«, erwiderte Ira.
    Wenn er nur nicht Georg heißen würde, dachte sie.

28
    Er war allein. Er trug Uniform. Er kannte seinen Weg. Er starrte in die Nacht. Nichts zu sehen. Der Grenzbeamte wurde bald abgelöst. In einer Stunde schon. Während er weiterging, dachte er an eine warme Stube, an das Essen im Bratrohr, an ein Glas Pilsener. Geräusche hinter ihm. Er fuhr herum.
    Zu spät. Der Schlag mit dem Pistolenknauf traf ihn am Hinterkopf. Der Mann sackte röchelnd in den Schnee. Bewußtlos. Ein Mörder hatte zugeschlagen. Er hieß Georg. Neben Georg stand Werner Stahmer, der Agent.
    Sie waren bis in das Grenzgebiet vorgestoßen. Deutschland lag noch eineinhalb Kilometer entfernt. Nah … und unerreichbar. Einen Grenzbeamten hatten sie niedergeschlagen. Aber die anderen? Dutzende, die von Hunden begleitet wurden. In Gruppen auftraten, die sofort schossen, wenn man auf ihren Anruf nicht stehenblieb …
    Werner Stahmer hatte es fertiggebracht, die Frau aus Prag zu Umwegen zu überreden. Der Wagen fuhr Zickzack, Generalrichtung Eger. Sie folgte, mechanisch, willenlos, ohne Widerstand. Sie war wie hypnotisiert. Als Stahmer in der Nähe von Eger aus dem großen Tatra ausstieg, war er überzeugt, daß die Dame im Persianer jetzt zur Polizei ging. Aber sie unterließ es, als ob sie sich schämte, zwei mordverdächtige Männer begünstigt zu haben.
    Jetzt standen Stahmer und Georg neben dem niedergeschlagenen Posten und horchten. Ganz in der Nähe bohrten sich Scheinwerfer mit grellen Armen in die Nacht, tasteten zitternd das Gelände ab und verloren sich dann irgendwo in der Milchsuppe. Aber nicht einmal dem Nebel konnte man trauen. Gelegentlich wischte ihn ein Windstoß weg. Und dann standen die beiden Männer da, klar sichtbar, wie nackt. Und warteten auf den Anruf, dem der Schuß folgen mußte …
    Sie warfen sich in den Schnee, bis die Körper steif wurden. Sie schoben sich zentimeterweise vorwärts. Sie machten Sprünge und ließen sich abrollen, wenn sie Stimmen hörten. Wie jetzt.
    Ein Hund schlug an. Ein schwarzer Punkt raste schnellstens auf sie zu. Georg sah lichternde Wolfsaugen. Sekunden noch. Er zog die Pistole.
    »Nicht schießen«, zischte Stahmer.
    Das Tier schlug vor dem Agenten einen Haken, stürzte sich auf Georg. Er schleuderte den Schäferhund mit einem Fußtritt beiseite. Das Tier setzte zum nächsten Sprung an, verbiß sich in sein Bein.
    Dann kamen Schritte. Pfiffe, Rufe. Drei, vier Grenzbeamte. Der Arm des Scheinwerfers kam näher. Zwei Meter noch, drei. Georg schlug den Hund mit Stiefel und Pistole zusammen. Das Tier

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