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Prinz der Düsternis

Prinz der Düsternis

Titel: Prinz der Düsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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von Staub. Keine golden schimmernden Kristalle hatten den Weg hierher gefunden, solange die Tür verschlossen gewesen war. Die Luft war schlecht, der Geruch von Fäulnis allgegenwärtig. Es gab keinen Stuhl, keinen Tisch, nichts. Dies war ein Ort, der der an prunkvolle Gemächer gewöhnten Tochter des mächtigen Shallad am allerwenigsten angemessen war.
    Dennoch schreckte sie die Umgebung weniger als der Umstand, dass sie nicht wusste, was nun außerhalb ihres Gefängnisses vorging. Ihre Gedanken, Ängste und Hoffnungen waren bei Hrobon und Mythor. Manchmal hörte sie die schlurfenden Schritte der beiden Krieger, die vor der schweren Tür Wache hielten. Doch das war alles, was ihr bezeugte, dass es außer ihr noch lebende Seelen in diesem schrecklichen Gemäuer gab. Das Alleinsein zehrte an ihren Nerven, ließ ihren Mut schwinden und sie ihren Entschluss, hierher zu reiten, bitter bereuen. Plötzlich war sie sich nicht mehr so sicher, dass Hrobon mit seinen nur noch wenigen Kriegern und Mythor mit seinen beiden Gefährten sie vor dem schützen konnten, was sie insgeheim erwartete. Sie hatte Gewissheit haben wollen, Gewissheit darüber, ob ihr Vater wahrhaftig so weit gehen würde, wie es den Anschein haben musste .
    Nun schalt sie sich eine Närrin. Rastlos ging sie auf und ab, lauschte an der Tür auf die Schritte der Wachen. Zu lange schon blieben die Krieger aus. Zu lange schon war es ruhig geworden. Hatten die Wachen sich entfernt? Warum hörte sie nichts mehr von ihnen? Von plötzlicher Angst gepackt, riss Shezad an der Tür, und zu ihrer großen Verwunderung ließ sich diese ohne weiteres nach innen öffnen. Aber sie war verriegelt worden! Auf ihren eigenen Wunsch!
    Die Prinzessin stieß einen spitzen Schrei aus und warf sich mit dem Rücken gegen das Eisen. Hart schlug es gegen den Stein. Mit wild klopfendem Herzen wartete Shezad auf die Schritte der Wachen, auf ihre Fragen, ob ihr etwas zugestoßen sei. Doch nichts außer dem Heulen des Windes und dem Schreien der Tiere durchbrach die Stille.
    Sie nahm all ihren Mut zusammen und drehte sich um, zog abermals die schwere Tür einen Spaltbreit auf und blickte nach draußen. Nichts war zu sehen von den beiden Kriegern. Im Gang herrschten völlige Dunkelheit und Totenstille. Shezad erzitterte. Ihre Tapferkeit schwand dahin. Leise rief sie nach den Männern. Sie erhielt keine Antwort und wusste, dass etwas Schreckliches geschehen war.
    Ihre Knie gaben nach, als sie den Raum durchschritt und die Fackel aus der Wandhalterung nahm. Sie blieb an die Mauer gelehnt stehen und atmete stoßweise. Die Fackel fest in ihrer Hand, schlich sie wieder zur Tür, zögerte einen Augenblick und holte ein letztes Mal tief Luft. Dann zog sie die Tür so weit auf, dass sie gerade durch den Spalt schlüpfen konnte, und trat auf den dunklen Gang hinaus.
    Er war verlassen. Die Prinzessin presste die Lippen aufeinander und machte zwei, drei Schritte in die tanzenden Schatten hinein. Goldener Staub war in der Luft und bildete eine strahlende Aura um die Fackel herum. Shezad zwang sich dazu weiterzugehen. Sie hatte sich den Weg hierher eingeprägt. Vielleicht hatten die Wachen den Turm auch nur verlassen, um nach ihren Kameraden bei den Vögeln zu sehen.
    Die Vögel…
    Sie schrien nicht mehr. Nur noch das Heulen des Windes war zu hören. Shezad rannte los. Sie konnte in diesem Gemäuer nicht mehr atmen. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Sie musste hinaus, ins Freie, nur hier heraus!
    Über die steinerne Treppe stürzte sie aus dem Turm. Es war Nacht geworden. Im Norden funkelten einige Sterne am Himmel, und noch spendete der im Abnehmen begriffene Mond sein fahles Licht, doch heller waren die Fackeln. Wie eine Lichterkette waren sie auf der Mauer aufgereiht, die den Schattenturm weitläufig umgab, und was sie beschienen, ließ Shezad gellend aufschreien. Sie ließ die Fackel fallen und riss sich die Hand vor den Mund. Aus schreckgeweiteten Augen sah sie Dutzende von dunklen Gestalten, deren Häupter versteinert waren und deren Fäuste Schwerter hielten, die ebenso aus Stein und Staub gewachsen schienen wie diese furchtbaren Helme. Aber das mussten Garrams Krieger sein!
    Von wilder Hoffnung erfüllt, lief Shezad ihnen entgegen, rief sie um Hilfe an und winkte mit beiden Armen. Ihr Fuß stieß gegen etwas Hartes, und sie fiel der Länge nach hin. Verzweifelt versuchte sie, sich aufzuraffen, als ihr Blick auf das Hindernis fiel. Der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken. Es war einer der

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