Prinz für die Köchin
mitten im Nirgendwo mit einem Typen zu treffen, den man gar nicht kennt«, bemerkte sie. »Liest du denn keine Zeitung?«
»Aber es ist doch unheimlich romantisch, sich in den Hügeln zu treffen«, wandte Bunny ein. »Genau wie in Sturmhöhe.«
»Romantique? Pfff!« Faustina verdrehte abfällig die Augen. »Wenn du so willst, ja. Ich sage ja nicht, dass das Ganze bis jetzt nicht lustig war«, fuhr sie an Imogen gewandt fort. »Es stimmt, seit diese Geschichte angefangen hat, siehst du aus wie ein vollkommen anderer Mensch, und ich freue mich für dich. Aber ich mache mir ein bisschen Sorgen, weil dieser Mann die Kontrolle über alles gehabt hat, was zwischen euch passiert ist. Das kannst du nicht leugnen.«
»So sollte es doch auch sein!«, protestierte Bunny. »Der Mann muss doch um die Frau werben!«
»Alles, was ich sage«, fuhr Faustina geduldig fort, »ist, dass du dich vorsehen musst. Wir reden hier schließlich von einem Fremden.«
»Das ist doch dummes Gerede.« Bunny zog finster die Brauen zusammen. »Er ist doch gar kein Fremder. Sie ist ihm doch schon begegnet.«
»Genau!«, bekräftigte Imogen.
»Wahrscheinlich kennt sie ihn sehr gut.«
»Wahrscheinlich!«, gab Imogen das Echo.
»Ich wette, wir kennen ihn alle«, beharrte Bunny störrisch.
»Möglich«, entgegnete Faustina. »Aber der Knackpunkt ist, wir wissen nicht genau, wer er ist. Und deshalb finde ich, solltest du nicht hingehen.«
»Was?«, stieß Bunny hervor.
»Arrangier etwas Neues. Tu so, als wäre es ein ganz normales Blind Date, und triff dich irgendwo mit ihm, wo viel los ist und wo jede Menge Leute sind. Im La Sirène, im Koud’Soleil, am Strand – such dir was aus. Oder ich kann mitkommen, wenn du magst. Ehrlich gesagt denke ich, das sollte ich auch tun.«
»Faustina, ich weiß, du meinst es gut«, erwiderte Imogen so gefasst sie konnte, »aber ich bin kein kleines Kind und ich brauche kein Kindermädchen.«
»Hört, hört«, ließ sich Bunny vernehmen.
»Ich vertraue ihm«, setzte Imogen energisch hinzu. »Und außerdem weiß ich ganz genau , was ich tue.«
Später jedoch, nur wenige Minuten von ihrem Rendezvous entfernt, als sie am Rand des Naturschutzgebietes in ihrem Auto saß, ging Imogen allmählich auf, dass sie ihren Freundinnen und auch sich selbst gegenüber nicht ganz ehrlich gewesen war. Sie hatte behauptet, sie wisse ganz genau, was sie tue, doch das war einfach nicht wahr.
Ja, sie fühlte wirklich, wie sie bei der Aussicht, ihn endlich zu Gesicht zu bekommen, wilde Erregung durchlief. Gleichzeitig jedoch, bemerkte sie, als sie auf die Uhr sah, saß sie jetzt schon seit zwanzig Minuten hier, ohne die geringsten Anstalten zu machen auszusteigen. Sie vernahm ein leises Winseln, drehte sich um und begegnete Montys flehendem Blick.
Sie ließ ihn hinaus und sah zu, wie er die Nase zum Boden senkte, gebannt von einer neuen Fülle exotischer Gerüche. Die Hügel erstreckten sich vor ihren Augen, von gelb blühendem Ginster bedeckt. Sie atmete tief durch, dann schaute sie zum Himmel hinauf. Er war von einem blassen Grau, das Regen zu verheißen schien. Nicht ganz das strahlende Sommerwetter, das sie sich für ihren großen Tag vorgestellt hatte. War das ein Omen, ein Zeichen, dass das mit dem Picknick doch keine so gute Idee war?
Sie holte die Karte aus dem Handschuhfach und zwang sich, sie mit so etwas Ähnlichem wie Konzentration zu studieren. Dann blickte sie auf das tiefe Tal, das sich vor ihr erstreckte. In der Ferne sahen die Berge aus wie eine gemalte Filmkulisse, so intensiv waren ihre vielfältigen Blau- und Violettschattierungen. Um einiges näher, gleich hinter dem nächsten Hügel, konnte sie den Anfang eines ausgedehnten Kiefernwäldchens ausmachen. Das war der verabredete Treffpunkt. Und je eher sie die Lichtung erreichte, desto eher würden sie zusammen sein. Als sie daran dachte, schlug ihr Herz so schnell, dass es sich anfühlte, als würde es ihr tatsächlich gleich aus der Brust springen.
Monty kläffte fröhlich und bedachte sie mit einem aufmunternden Blick. Seine Botschaft war eindeutig: Komm, geh mit mir auf diesem aufregenden neuen Planeten spazieren! »Ja, in Ordnung«, sagte Imogen und suchte Tasche, Regenmantel und Schirm zusammen. Dabei warf sie zufällig einen Blick in den Rückspiegel und hielt jäh inne. Sie wusste wirklich nicht recht, ob sie diese verträume, rotwangige junge Frau wiedererkannte, die ihr mit leuchtenden Augen entgegenblickte. Urplötzlich konnte sie die Stimme
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